Stephan Rietiker: «Optionen sind für die Motivation des Managements wichtig»


Die GV der Sulzer Medica, die ab Juni Centerpulse heisst, ist über die Bühne. Im Moneycab-Interview spricht CEO Stephan Rietiker über die Kritik von Aktionären, ausscherende Kläger und die Zukunft des Konzerns.

Von Connie Voigt


(Foto: Keystone)
Moneycab: Ihr Stock-Options-Programm wurde von den Aktionären unter Beschuss genommen, der Kapitalerhöhung wurde aber widerstandslos zugestimmt. Wie erklären Sie sich das?
Stephan Rietiker: Das Kapitalerhöhungsprogramm hatte einen direkten Zusammenhang mit dem Ausgang unseres rechtlichen Problems in den USA. Die Kapitalerhöhung hilft uns letztendlich, diesen Fall zu lösen. Die Aktionäre haben verstanden, dass die Zustimmung ein wichtiger Meilenstein ist. Das Stock-Options-Programm hingegen wird im Moment in der Schweizer Öffentlichkeit stark kritisiert, so dass wir mit einem gewissen Widerstand gerechnet haben. Ich bin froh, dass trotzdem die Einsicht überwiegt. Diese Programme sind moderne Instrumente und sind für die Motivation des Managements wichtig.

Mit der Kapitalerhöhung ist die Finanzierung des Vergleichs nun gesichert. Jetzt haben Sie aber noch 132 Einzelklagen zu bewältigen. Überrascht Sie diese Anzahl?
Gemessen an den insgesamt 30’000 Klagen sind 132 eine kleine Zahl. Aber wir müssen natürlich sehen, wie sich diese 132 Fälle zusammensetzen: Handelt es sich um Einzelfälle, sind das Revisions- oder Nicht-Revisionspatienten? Deshalb verdient diese Zahl eine gewisse Beachtung. Wir haben hier immer noch eine Hürde, die bewältigt werden muss.

Wie hoch setzen Sie die Summe für diese 132 zusätzlichen Fälle an?
Es wird keine zusätzliche Summe aufgetrieben. Sie ist bereits Teil des Vergleichs, wie wir ihn ausgehandelt haben, und es besteht keine Veranlassung, dass wir darüber hinaus gehen.


«Die Anzahl der Opt-Outs wird signifikant sinken.» Centerpulse-CEO Stephan Rietiker



Aber diese 132 Kläger werden doch mehr als die 200’000 Dollar pro Person fordern, welche die Sammelkläger erhalten.
Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Opt-Outs signifikant sinken wird, und bei den anderen wird es dann halt zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen.

Wie wollen Sie diese Leute in nur fünf Tagen überreden?
Wir haben in den USA gute Klägeranwälte. Ich glaube, die haben ein gutes Netzwerk. Die waren ja auch gut darauf vorbereitet, dass sie nur fünf Tage Zeit haben, und ich gehe davon aus, dass sie das fokussiert und nach ihrer genauen Analyse hinkriegen.


«Eine Übernahme kann man nicht ausschliessen.» Stephan Rietiker zur Zukunft von Centerpulse



Wenn Sie nun doch einen Betrag aufwenden müssten, wie hoch dürfte der sein, ohne Ihr Unternehmen in den Ruin zu treiben?
Unsere Rückstellungen genügen zusammen mit den Berechnungen, wie wir sie für den Vergleichsvorschlag berücksichtigt haben. Das muss genügen. Mehr Geld gibt es nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Tochter Sulzer Orthopedics den Gläubigerschutz beantragen muss, wird also immer geringer?
Das würde ich nicht sagen. Das ist immer noch eine offene und mögliche Alternative, und wir stehen auch dazu. Wir sind vorbereitet, Chapter 11 anzumelden, gehen aber davon aus, dass wir die Hürde trotzdem nehmen.

Der Ursprung dieses gigantischen Klagefalls liegt in der mangelhaften Qualitätskontrolle. Wie viel investiert die neu geborene Centerpulse in verbesserte Kontrollen?
Es geht bei der Qualitätskontrolle nicht nur um Investitionen, sondern auch um richtige Prozesse und den Einsatz der richtigen Leute. Da haben wir sehr viel getan, auch mit Hilfe von aussen. Wir sind auf gutem Weg, auch die Kontrollen und das Beobachten der Prozesse wirklich in den Griff zubekommen.

Wie ist der Stand der Dinge rund um die Qualität des Herzklappentestgeräts, das neulich nach dem Todesfall eines englischen Patienten vom Markt gezogen wurde?
Die Untersuchungen, ob das Testinstrument überhaupt in einem kausalen Zusammenhang mit dem Todesfall steht, laufen noch. Eine Produkthaftpflicht käme für uns sowieso nicht in Frage, weil wir das Produkt gar nicht hergestellt haben. Aber wir sind für die regulatorischen Auflagen und deren Einhaltung zuständig und verantwortlich. Im Moment haben wir noch keine Resultate.

Hat die Wahl von René Braginsky in den Verwaltungsrat etwas mit Ihrer neuen Strategie-Ausrichtung zu tun?
Über unsere Strategien möchte ich im Moment noch nicht reden, aber sie liegen in der Schublade bereit.

Sollte alles positiv verlaufen, wäre doch Centerpulse eine hübsche Braut für eine Übernahme. Ihr VR-Präsident Max Link hat das auf der Generalversammlung nicht abgestritten.
Never say never. Man kann es nicht ausschliessen. Gewisse Dinge laufen eben ab, ohne dass man selbst viel dazutun kann. Letztendlich wollen wir eigenständig bleiben. Wir wollen wachsen, wir setzen uns aggressive Ziele und darum geht es in erster Linie.

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