Steuerstreit: Empörung bei Bankiervereinigung und Parteien
Für SP-Präsident Christian Levrat grenzt die Haltung der USA an Erpressung. Es sei «rechtsstaatlich höchst bedenklich», mit Druck die ordentlichen Verfahren auszuhebeln. Und die Schweiz habe sich dabei als erpressbar erwiesen: «Sie ist offenbar bereit, unter Druck ihre Prinzipien aufzugeben.» Wenig glaubwürdig sei jedoch auch die Aussage der UBS-Spitze, von den betrügerischen Machenschaften nichts gewusst zu haben, sagte Levrat. Eines sei jedenfalls nun klar: Das Bankgeheimnis dürfe nicht länger ausländische Steuerflüchtlinge schützen.
CVP: Kritik an Bundesrat Merz
CVP-Präsident Christophe Darbellay äusserte sich «schockiert» über die Eile, mit der die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) und Finanzminister Hans-Rudolf Merz sich dem Druck der USA gebeugt hätten. » Welche Glaubwürdigkeit kann man Herrn Merz, der letzte Woche noch erklärt hatte, er werde nicht von Notrecht Gebrauch machen, noch zukommen lassen?», fragte Darbellay. «Einmal mehr ist man vor vollendete Tatsachen gestellt.» Indem die UBS den US-Behörden Kundendaten aushändige, werde das Bankgeheimnis aufgeweicht. Dies habe eine starke symbolische Bedeutung, sagte der CVP-Präsident. Seine Partei werde das Bankgeheimnis vehement verteidigen.
FDP: Inakzeptabler Druck der USA
Für die FDP ist der Druck, den die USA im Steuerstreit mit der UBS aufgesetzt haben, schlicht inakzeptabel, «Das ist Macht vor Recht», sagte FDP-Sprecher Damien Cottier. Eine Anfrage der USA für Rechtshilfe bei Steuerbetrug wäre von der Schweiz wohl anerkannt worden, äusserte sich Cottier überzeugt. Das Bankgeheimnis schütze Rechtssicherheit und Privatsphäre, nicht aber Steuerbetrug. Stattdessen hätten die USA «Druck gemacht, um Daten von der UBS zu erhalten».
SVP: Verteidigung des Bankgeheimnisses – Grüne: Kritik an USA nicht angebracht
Für die SVP bleibt das Bankgeheimnis ein zentraler Aspekt des Finanzplatzes Schweiz. «Es geht nicht an, dass es jetzt auf internationalen Druck hin aufgeweicht wird», sagte SVP-Sprecher Alain Hauert. Nach Ansicht der Grünen ist die Kritik an den USA nicht angebracht. Es sei die UBS, die sich «schurkenhaft» verhalten habe, sie habe Betrug und Steuerflucht begünstigt, sagte Parteipräsident Ueli Leuenberger. Die USA seien darüber zu Recht erbost.
Bedauern bei Bankiervereinigung
Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) bedauert, dass beim Vergleich mit der UBS AG das US-Justizdepartement das Ergebnis des im letzten Jahr eingeleiteten Amtshilfeverfahrens nicht abgewartet hat. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich bei den beanstandeten Fällen gemäss UBS um Steuerbetrug handle, teilte die Vereinigung mit. Die beanstandeten Fälle seien selbstverständlich nicht durch das Bankkundengeheimnis geschützt.Die SBVg erkenne aber an, das die Schweizer Behörden aus Systemschutzgründen keine andere Wahl hatten, als diesen Vergleich durch eine Abkürzung des laufenden Amtshilfeverfahrens zu ermöglichen. Im übrigen teile die SBVg die Kritik der Finma an der UBS, die schwere Verletzungen von Bestimmungen des Schweizer Bankengesetzes durch einzelne Mitarbeitende und gravierende Mängel im Umgang mir den Rechtsrisiken ihres Geschäftes mit US-Kunden feststelle.
Bundesrat sieht Bankgeheimnis nicht angetastet
Das Bankgeheimnis bleibt nach Ansicht des Bundesrates unangetastet. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) habe korrekt entschieden, teilte die Bundeskanzlei mit. Der Bundesrat habe zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die FINMA «im Interesse der Stabilität des schweizerischen wie auch des globalen Finanzzsystems» Schutzmassnahmen gegenüber der UBS verfügt habe. Der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Finanzsystems zu Gunsten der schweizerischen Volkswirtschaft sei ein wichtiges Ziel des Bundesrates, schreibt die Bundeskanzlei. Das Bankgeheimnis, das die Privatsphäre schütze, werde nicht angetastet. Doch schütze das Bankgeheimnis keinen Steuerbetrug. Der Bundesrat erwartet von der ganzen Finanzbranche, dass sie die Gesetze einhält. Er stellt fest, dass die FINMA ihre Verantwortung wahrnimmt und dass die Aufsicht über den Finanzsektor funktioniert. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt zu prüfen, wie im Amtshilfeverfahren, das die Eidgenössische Steuerverwaltung in Sachen UBS führt, weiter zu verfahren ist.
Economiesuisse sieht Rechtsschutz in Gefahr
Mit der Einigung im Steuerstreit zwischen den USA und der UBS wird nach Ansicht des Wirtschaftsdachverbands economiesuisse der Rechsstaat ausgehebelt. Der Rechtsschutz und damit die Grundrechte würden ausgehöhlt. Die Einigung zwischen dem US-Justizministerium und der UBS werfe ernsthafte rechtsstaatliche Fragen auf, heisst es in einer Mitteilung. Bei den fraglichen Fällen lägen Hinweise auf Steuerbetrug vor. Dazu biete auch das Bankgeheimnis keinen Schutz. Deshalb erscheine auch die Übermittlung von Kundeninformationen an die US-Behörden als berechtigt.
«Befremdliches Vorgehen
Dabei müssten aber rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden. Es sei befremdend, dass zwischen befreundeten Staaten der rechtsstaatliche Weg ausgehebelt werde. Die Rekursentscheide des Bundesverwaltungsgerichts hätten abgewartet werden müssen. Es sei problematisch, dass mit dem Nachgeben der Finanzmarktaufsicht (Finma) auf den Druck der USA die Möglichkeit einer Beschwerde gegen Verfügungen der Eidg. Steuerverwaltung ausser Kraft gesetzt werde, kritisiert economiesuisse. (awp/mc/pg/18)