Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte am Freitagabend eine superprovisorische Verfügung erlassen, worin es der Finma und der UBS unter Strafandrohung verbot, die Daten von acht UBS-Kunden «an dritte, insbesondere an die amerikanischen Behörden», zu leiten. Das Verdikt kam jedoch zu einem Zeitpunkt, als es gar nichts mehr zu Unterlassen gab. Denn die Daten waren bereits am Mittwoch der IRS übergeben worden, was sowohl die Finma als auch UBS bestätigten.
Nur kurze Atempause
Für die Herausgabe von rund 300 UBS-Kundendaten sowie der Bezahlung von 780 Mio USD erkaufte sich die UBS im Rahmen eines Vergleichs mit den US-Steuerbehörden im monatelangen Steuerstreit mit den USA vergangene Woche eine Atempause. Die Finma begründete die Vereinbarung damit, dass die US-Behörden ein Strafverfahren gegen die UBS angedroht und damit deren Existenz gefährdet hätten.
«Die Wahrheit ist: Die USA haben die UBS erpresst»
Der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), Pierre Mirabaud, ist bestürzt über das Vorgehen der USA gegenüber der Schweiz und der UBS. «Ich bin empört, dass ein befreundeter Staat, die USA, das rechtliche Verfahren nicht respektiert, das Teil des Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz ist», sagte Mirabaud dem «SonntagsBlick». «Die Wahrheit ist: Das Justizdepartment der USA hat die UBS erpresst.» Das könne er nicht akzeptieren. Der Entscheid der Finma sei «das Resultat eines rechtswidrigen Verhaltens», sagte Mirabaud.
«Arroganz sondergleichen»
Andreas Rüd, Verteidiger jener acht UBS-Kunden, die beim BVGer gegen die Finma rekurrierten, kritisiert die Aufsichtsbehörde hingegen scharf: «Wir haben bis heute keine Ahnung, was und von wem bereits übergeben wurde.» Dies, obschon Rüd am Donnerstag bei der Finma Parteistellung sowie Einsicht in die Verfügung gefordert habe. Eine Antwort darauf habe er nicht erhalten. «Dies ist eine Arroganz sondergleichen», sagte Rüd. Die Finma ist hingegen überzeugt, rechtsstaatlich korrekt gehandelt zu haben. Die Übergabe der Daten durch die Finma trotz hängigem Verfahren höhle den Rechtsstaat nicht aus.
Finma: «Verfügung zur Kenntnis genommen»
«Unsere Aufgabe ist es, die Gläubiger und die Systemstabilität zu schützen», sagte Finma-Sprecher Alain Bichsel am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Die superprovisorische Verfügung des Gerichts, die man zur Kenntnis genommen habe, ändere daran nichts. Die UBS selbst lässt das Datenübermittlungs-Verbot kalt. Die UBS habe die verlangten Kundendaten am Mittwoch der Finma übergeben, lautet der einzige Kommentar der Bank. Zur Verfügung des BVGer nahm sie keine Stellung.
BVGer: Schuld nicht uns in die Schuhe schieben
BVGer-Präsident Christoph Bandli wehrte sich gegen den Vorwurf, das Gericht sei im hängigen Amtshilfeverfahren zu langsam gewesen. «Es wäre billig und gar nicht fair, uns die Schuld in die Schuhe zu schieben», sagte Bandli im Interview mit der Zeitung «Sonntag». Die ersten Entscheide wären «in sehr naher Zukunft publiziert worden». Die Finma und die UBS können bis am 24. Februar zur Verfügung Stellung nehmen. Finma-Sprecher Bichsel geht davon aus, dass die Behörde das tun wird. Verteidiger Rüd hofft, bis dann «endlich mal» zu erfahren, welche 300 Kunden von der Finma-Verfügung betroffen sind.
EU wird laut Professor Bernet gleiches Recht verlangen
Die Schweiz sei erpressbar geworden, sagt Bankwirtschaftsprofessor Beat Bernet in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» (Ausgabe 22.02.). Die EU werde gleiches Recht verlangen wie die Amerikaner. Und die Schweiz könne dem kaum entgegenhalten. Die Schweiz habe es versäumt, rechtzeitig eine Strategie zur Positionierung des Finanzplatzes in einem «fundamental veränderten politischen Umfeld anzupassen. «Einmal mehr werden wir überrascht und sind am Reagieren».
«Fishing Expeditions» verbieten
Die Forderungen der EU liegen laut Bernet zwar auf dem Tisch. Unter allen Umständen zu verhindern sei jedoch die Ausforschung von Kunden ohne begründeten Tatverdacht, so genannte «Fishing Expeditions». Die jüngsten Angriffe der USA auf die UBS zielten aber genau in diese Richtung. «Da brauchen wir rasch eine glaubhafte Gegenstrategie», sagt Bernet. Das Bankgeheimnis werde zwar neu definiert und interpretiert werden müssen. Doch der Schutz der finanziellen Privatsphäre sei ein wichtiges Element der Schweizer Finanzkultur und ein Grundrecht jedes Bürgers, welches erhalten werden müsse.
Globale Reputation immer noch intakt?
«Der Finanzplatz Schweiz beruht auf viel mehr als einfach einem Bankgeheimnis», sagt Bernet weiter. Das Land habe auch Stärken zu bieten, welche kein anderer Finanzplatz habe: Stabilität, eine starke Währung, Professionalität und eine «global immer noch sehr gute Reputation bei Kunden».&(awp/mc/ps/33)