Steve Ingham, CEO Michael Page International: «Dieses Jahr hatten wir ein Gewinn-Wachstum von annähernd 50%, wie übrigens das Jahr zuvor. Wenn das nicht genügend Wachstum ist, was reicht dann?»

Steve Ingham, CEO Michael Page International: «Dieses Jahr hatten wir ein Gewinn-Wachstum von annähernd 50%, wie übrigens das Jahr zuvor. Wenn das nicht genügend Wachstum ist, was reicht dann?»

Von Helmuh Fuchs

Moneycab: Mr. Ingham, nach einer 20-jährigen Karriere bei Michael Page wurden Sie im April 2006 zum CEO gewählt. Welches waren wichtigsten Änderungen, die Sie einführen mussten?


Das waren zwei Dinge. Erstens: Unsere Strategie beizubehalten, aber die Umsetzung zu beschleunigen. Wir haben eine Menge sehr erfahrener Mitarbeiter, die ambitioniert und bereit sind, neue Bereiche, Länder und Geschäftsstellen aufzubauen. Zum zweiten hatte ich ein Problem in Australien zu lösen. Unsere Leistung war dort ungenügend und wir sind ein Unternehmen, das auf Leistung aufgebaut ist. Die Spitze der Führungsmannschaft musste ausgewechselt und die Struktur und der Fokus der nächsten Führungsebene geändert werden.



«Wir wollen die Dividende nicht schmälern, wenn die Gewinne zurückgehen (falls das je geschehen sollte!).» Steve Ingham, CEO Michael Page


Sie betonen jeweils, dass Michael Page bis anhin ohne Übernahmen oder Beteiligungen, also rein organisch gewachsen ist. Wie wollen Sie diese Wachstumsrate aufrechterhalten und wieso halten Sie Übernahmen für so unattraktiv?


Dieses Jahr hatten wir ein Gewinn-Wachstum von annähernd 50%, wie übrigens das Jahr zuvor. Wenn das nicht genügend Wachstum ist, was reicht dann?


Wir sind vor 30 Jahren gestartet. Für ein kontinuierliches organisches Wachstum benötigt man erfahrene Leute. Heute haben wir sehr viel mehr erfahrene Leute als jemals zuvor. Wir finden Übernahmen unattraktiv, weil wenn man eine Firma übernimmt, heisst das, dass man sich vorwiegend Menschen einkauft. Selbstverständlich möchte man nach der Übernahme einige Änderungen vornehmen, so zum Beispiel die Kultur des Unternehmens, seine Standorte oder bestimmte überlieferte Werte ändern. Sobald man aber an der Organisation etwas verändert, wird es notgedrungen Abgänge geben und man verliert Personen an Schlüsselstellen. Diese Abgänge führen zu Performance- und Ergebnisverlusten. Dasselbe bei einer Übernahme von Privatfirmen. Diese sind oft im Besitz einiger Schlüsselpersonen, welche bei der Übernahme auch den grössten Anteil des Geldes erhalten. Sobald diese Personen realisieren, dass sie das Leben nun auch an einem Strand geniessen könnten, sind die Stützen der Unternehmung weg.


In den Schweizer Markt sind Sie im Jahre 2000 eingetreten. Was sind aus Ihrer Sicht die Eigenheiten des Schweizer Marktes und wieso sind Sie erst so spät im Zuge der weltweiten Expansion hier gestartet?


Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dazu entschlossen, in der Schweiz zu arbeiten. Viele Firmen haben ihren Europäischen Hauptsitz in der Schweiz, und die Schweiz hat einen starken Bankensektor, genau wie wir. Die Schweiz ist sehr international mit vielen internationalen Firmen, was uns sehr entgegen kommt.


Wie schon erklärt, setzen wir auf organisches Wachstum. Wenn man also die beste Wachstumsmöglichkeit identifiziert hat, benötigt man eine erfahrene Person, um das Geschäft zu beginnen. Man benötigt die richtige Person (die auch noch willens ist, mit der Familie in ein neues Land zu ziehen und dort zu leben) zum richtigen Zeitpunkt (gute wirtschaftliche Voraussetzungen). Diese Konstellation hatten wir bis vor fünf Jahren in der Schweiz nicht. Wenn wir die richtige Person nicht haben, um das Geschäft in einem bestimmten Land zu starten, warten wir lieber ab.


Was sind die wichtigsten Geschäftsaspekte für Sie, um eine neue Niederlassung in einem Land zu eröffnen? Welche Charakteristika und wirtschaftlichen Attribute muss einMarkt aufweisen, damit er Sie interessiert?


Haben wie die richtige Michael Page Person? Sind die Saläre der Kandidaten genügend attraktiv (da wir einen Prozentsatz des ersten Jahressalärs in Rechnung stellen)? Der Markt muss gros genug sein. Die Gesetzgebung muss günstig für uns sein. Wenn es schon einen etablierten Marktteilnehmer gibt und die Kommissionen zu niedrig sind, wäre das für uns kein Anreiz. Wir schauen auch, wer die Konkurrenten sind, das hat uns aber bis anhin noch nie von einem Markteintritt abgehalten.


In diesem Jahr haben Sie schon 19.35 Millionen Aktien zu einem Preis von über 70 Millionen Pfund zurückgekauft. Was machen Sie mit den zurückgekauften Aktien und wie wird der Rückkauf die Dividendenzahlung an die Aktionäre beeinflussen?


Wir lassen die Aktien löschen. Dies ist ein Weg, um den Aktionären Profite zurückzugeben. Bezüglich der Dividenden erhöhen wir diese, wenn sich die Gewinne erhöhen, jedoch nicht im selben Umfang. Dies, weil wir die Höhe der Dividendenzahlung auch dann beibehalten wollen, wenn die Gewinne zurückgehen würden. Wir wollen die Dividende nicht schmälern, wenn die Gewinne zurückgehen (falls das je geschehen sollte!).


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Während der grösste Teil Ihres Geschäftes aus Grossbritannien und EMEA (Europa, Mittlerer Osten, Afrika) stammt, scheint sich das Amerika-Geschäft erst langsam zu entwickeln (gutes Wachstum, aber von einer sehr tiefen Basis). Was sind die spezifischen Probleme dieses Marktes und wie gedenken Sie die Position in den USA zu verbessern?


Aktuell wachsen wir mit 70 Prozent in den USA! Unsere Herausforderung ist hier, einen national bekannten Brand zu schaffen, was aber schon wegen der geografischen Grösse schwierig sein wird. Um organisch zu wachsen, das heisst, neue Standorte und Geschäftsbereiche mit lokalen amerikanischen Ressourcen zu eröffnen, benötigen wir die richtige Management-Struktur. Es braucht Zeit, um diese Personen zu finden, anzustellen, auszubilden und zu fördern. Bis dahin müssen wir Michael Page Manager von anderen Niederlassungen nach Amerika bringen. Aktuell haben wir sieben Niederlassungen, die sich auf drei Spezialgebiete (Disziplinen) fokussieren. Ich sehe, dass die Entwicklung hier rapide weiter geht.



«Um zu wachsen, müssen sie in der Lage sein, Schlüsselpersonen an das Unternehmen zu binden.»


Auch wenn Sie selbst keine Akquisitionen planen, könnte Michael Page selbst dank seines gesunden Geschäftganges und der weitläufigen Aktionärsstruktur das Übernahmeziel eines anderen Anbieters werden. Wie schützen Sie die Firma gegen eine unfreundliche Übernahme und wer käme für eine solche in Frage?


Der Schutz ist einfach, so teuer wie nur irgendwie möglich zu sein! In Wahrheit sind wir in einem Geschäft mit Menschen. Um zu wachsen, müssen sie in der Lage sein, Schlüsselpersonen an das Unternehmen zu binden. Mit Schlüsselpersonen meine ich 120 – 150 Führungskräfte und Direktoren. Ohne diese Personen würde sich die Umsetzung der Strategie dramatisch ändern. Unsere Strategie funktioniert, eine unfreundliche Übernahme wäre eine Dummheit, da wahrscheinlich die Schlüsselpersonen nicht an Bord bleiben würden.


In der Schweiz befindet sich auch der Hauptsitz von Adecco, einem der Stellenvermittler. Wo sehen Sie dessen Stärken und Schwächen und wo sehen Sie den Vorteil von Michael Page im Vergleich zu Adecco?


Ich sehe Adecco nicht als Konkurrenz. Wir sind in völlig unterschiedlichen Märkten tätig. Adecco hat seine Stärken, wir haben unsere.


Mit Ihrem Fokus auf hochqualifizierte Arbeitskräfte sind Sie sehr abhängig von einer guten Wirtschaftssituation in den Regionen in denen Sie tätig sind. Haben Sie Pläne zur Diversifikation in weitere Marktsegmente um das Risiko Ihres Geschäftsmodells breiter zu streuen?


Falls Sie damit meinen, ausserhalb der Stellenvermittlung zu diversifizieren, ist die Antwort Nein. Wir diversifizieren immer bezüglich der vermittelten Arbeitsbereiche. Einige Bereiche sind weniger anfällig als andere. Wir werden ebenso geografisch diversifizieren. Je globaler wir tätig sind, desto weniger anfällig werden wir sein. 1991 zum Beispiel waren wir erst in vier Ländern tätig, im Jahr 2000 in 16 Ländern, heute in 24 und ich bin sicher, dass wir bei der nächsten wirtschaftlichen Abkühlung in viel mehr Ländern tätig sein werden.


In unserem Markt benötigen wir eine vorteilhafte Wirtschaftslage. Solange Fachkräfte in ihrem wirtschaftlichen Umfeld sich trauen, den Job zu wechseln und die Kunden darauf vertrauen, dass sie diese Abgänge ersetzen können, geht es uns gut. Es gibt aber auch Länder, in denen das BIP-Wachstum null ist und wir trotzdem 20 Prozent Wachstum aufweisen.


Die Vermittlung von Festangestellten generiert 75 Prozent Ihres Umsatzes. Könnten Sie sich vorstellen, den Bereich der Temporärvermittlung abzustossen, um die Gewinnmarge noch zu erhöhen?


Nein, Temporär- und Feststellen-Vermittlung gehen Hand in Hand und ergänzen sich.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?


Meine Familie soll immer gesund bleiben und der Markt soll sich weiter positiv bleiben, damit wir Michael Page weiter auf Erfolgskurs halten können.





Steve Ingham (44)
CEO, Michael Page
Steve Ingham kam 1987 zu Michael Page als Consultant im Bereich Marketing und Sales. Er war verantwortlich für den Start des Londoner Marketing und Sales Geschäftes und wurde 1990 zum Operating Director befördert. 1994 wurde er Managing Director und im Jahre 2001 wurde er in die Geschäftsleitung als Executive Director der UK Operations berufen. 2005 wurde er CEO.

Michael Page
Michael Page gehört zu den weltweit grössten und renommiertesten Personalberatungsgruppen und wächst dynamisch in den Bereichen Personalvermittlung, Zeitarbeit und Project Management. Die global tätigen Kunden werden durch Niederlassungen in Grossbritannien, Europa, im asiatisch-pazifischen Raum sowie Amerika betreut. International ist Michael Page auf die Bereiche Accounting & Finance, Banking and Financial Markets, Marketing, Retail, Sales, Legal, Technology, Human Resources, Engineering, Taxation, Corporate Treasury sowie Consultancy spezialisiert. Weltweit ist die Michael Page Gruppe mit 2.963 Mitarbeitern in 122 Büros in 19 Ländern vertreten – Stand 01. August  2006.

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