Strom: Gesetzesrevision vor weiterer Liberalisierung
Dies erklärte Kurt Rohrbach, Präsident des Verbands Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE) anlässlich des Stromkongresses in Bern. Dies vor allem mit Blick auf die geplante Öffnung für Privatkunden, die ihren Anbieter künftig frei wählen sollen. Seit Jahresbeginn ist das für rund 5’500 Grosskunden mit einem Verbrauch über 100 MWh bereits möglich.
Marktverzerrende Regel
Erste Erfahrungen hätten gezeigt, dass die beginnende Marktöffnung in einer Phase steigender Energiepreise nicht mit offenen Armen aufgenommen worden sei, so Rohrbach weiter. Der eigentliche «Sündenfall» im StromVV erlaube einem im Markt stehenden Stromkonsumenten, zwischen Marktpreis und Gestehungskosten zu wählen. «Die Regel ist derart marktverzerrend, dass sie höchstens als Übergangsregelung akzeptiert werden kann», hiess es.
Komplexität unterschätzt
Auch sei die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) – eigentlich eine Abgabe – noch als weitere Gebühr zugunsten der Branche verstanden worden. Zudem hätten Gesetzgeber, Verwaltung, Regulator wie auch die Branche selbst die Komplexität bei gewissen Themen unterschätzt. Dazu zählte der VSE-Präsident Durchleitungsentschädigungen und Systemdienstleistungen, wie die Bewirtschaftung und Bereitstellung von Reserveenergie.
Berücksichtigung des Liberalisierungspakets der EU
Bei einer Gesetzesrevision müsse auch das neue Liberalisierungspaket der EU berücksichtigt werden, forderte Rohrbach. Es zeichne sich ab, dass die EU ein bilaterales Stromabkommen mit der Schweiz nur dann unterzeichnen werde, wenn ihre Regeln zumindest weitgehend übernommen würden. Dies wiederum würde den Handlungsspielraum für die Schweiz ziemlich einschränken, mahnte er.
Leuenberger: StromVG mit Lücken und Schwächen
Auch Bundesrat Moritz Leuenberger erklärte, das heutige StromVG weise noch gewisse Lücken und Schwächen auf. Deshalb soll es bis Anfang 2011 eine Vernehmlassungsvorlage zur Revision des StromVG geben, unter Einbezug der Stromunternehmen. Mit Blick auf die Verhandlungen mit der EU erklärte Leuenberger, die Schweiz wolle auch in Zukunft Stromdrehscheibe in Europa bleiben. Dies soll ein Stromabkommen im weitgehend liberalisierten europäischen Strommarkt absichern.
KKW: Entscheid über Rahmenbewilligungen Mitte 2012
Über die Rahmenbewilligungsgesuche der Stromkonzerne für neue Kernkraftwerke will der Bundesrat voraussichtlich Mitte 2012 entscheiden. Dies sei rund fünf Monate später als geplant, räumte Leuenberger ein. Ein allfälliges Referendum finde daher gegen Ende 2013 statt. Das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) sei für die Verzögerung jedoch nicht verantwortlich, hiess es. Vielmehr hätten die Gesuchsteller ihre revidierten Anträge erst Ende Oktober 2009 eingereicht.
Mit Blick auf die drei konkurrenzierenden Gesuche für lediglich zwei Kernkraftwerke erklärte Leuenberger, es sei nicht Aufgabe des UVEK, Moderator zu spielen und eine Seite zum Rückzug zu bewegen. (awp/mc/pg/20)