Auch der Wirtschaftsdachverband economiesuisse ist zwar zur Aussprache nicht eingeladen. Unter seiner Führung haben sich Industrie und Stromwirtschaft am vergangenen Montag aber bereits auf einen gemeinsamen Standpunkt geeinigt. Zu den beschlossenen Massnahmen gehören tiefere Durchleitungsgebühren, weniger Zuschläge für Ökostrom oder eine Klärung der umstrittenen Abschreibungsfrage.
Wirtschafts-Interessen zumindest indirekt vertreten
Dieser Kompromiss werde bei der Aussprache «einfliessen», sagte economiesuisse-Präsident Gerold Bührer auf Anfrage. Er selber habe die Ergebnisse der Verhandlungen am Mittwochmorgen Vertretern des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) unterbreitet. Während die Interessen von Wirtschaft und Industrie so zumindest indirekt am Tisch vertreten sind, bleiben Konsumenten und Umwelt vor der Tür. Es seien nur jene Partner eingeladen worden, die direkt oder indirekt einen Einfluss auf den Strompreis hätten, sagte UVEK-Sprecher Daniel Bach auf Anfrage.
Zweifel der SKS
Die Konsumenten- und Umweltorganisationen seien auch an den «Runden Tisch» von economiesuisse nicht eingeladen worden, sagte Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) am Mittwoch am Rande einer Medienkonferenz in Bern. Sie bezweifelt denn auch, dass bei der Aussprache vom Freitag günstigere Tarife für die Haushalte im Vordergrund stehen. Nach Angaben von Stalder unterstützt der SKS aber die Forderungen der Industrie, dass die Stromnetze nicht ein zweites Mal abgeschrieben werden dürfen und zu hohe Tarife zurückerstattet werden müssen.
SKS nimmt Grundgebühren ins Visier
Die hohen Strompreise sind derzeit allerdings nicht das wichtigste Anliegen der Organisation: Am Mittwoch hat der SKS zusammen mit den Konsumentenorganisationen der Romandie und des Tessin, der Schweizerischen Energie-Stiftung, Greenpeace und WWF die Grundgebühren ins Visier genommen. Diese kassieren die meisten Elektrizitätsgesellschaften von ihren Kunden zusätzlich zum Tarif für den verbrauchten Strom. Sie bestrafen damit die sparsamen Konsumenten, weil mit dem System der Preis pro Kilowattstunde steigt, je weniger Strom verbraucht wird.
Elektrizitätsgesellschaften sollen auf Grundgebühr verzichten
Einzelne Elektrizitätsgesellschaften verzichten schon heute auf die Grundgebühr, etwa jene in Basel, Zürich und Lausanne. Die Umwelt- und Konsumentenorganisationen rufen die übrigen rund 900 Energieunternehmen dazu auf, deren Beispiel zu folgen und die in der Grundgebühr enthaltenen Kosten direkt auf die Kilowattstunde zu schlagen.
Progressive Stromtarife gefordert
In einem zweiten Schritt fordern die Organisationen progressive Stromtarife; wer mehr verbraucht, soll mehr pro Kilowattstunde bezahlen. Sie hoffen, damit finanzielle Anreize zum Stromsparen zu schaffen und energieffizienten Produkten am Markt zum Durchbruch zu verhelfen. Vorerst setzen die Organisationen auf die Freiwilligkeit der Energieunternehmen. Sollten diese kein Einsehen zeigen, wollen die Organisationen ihren Forderungen auf politischer Ebene zum Durchbruch verhelfen. (awp/mc/pg/29)