Studie: Differenzierte Regulierung für Glasfasernetz notwendig

Der Think Tank plädiert dabei für eine differenzierte Regulierung und eine Gesetzesänderung. Die Bilanz der bisherigen Bemühungen der Politik im Telekombereich fällt eher ernüchternd aus. «Erstens ging die Öffnung des Schweizer Telekommarktes nur sehr schleppend voran», sagt Urs Meister, einer der Autoren der Studie. Zweitens sei die zögerliche Liberalisierung wohl ein zentraler Grund dafür, dass die hiesige Fernmeldeindustrie schon früh den Anschluss an die Weltspitze verloren habe – im Gegensatz zu den Skandinaviern.


Rückläufige Dynamik
Die Experten von Avenir Suisse verweisen nicht nur auf den langsamen Gesetzgebungsprozess, sondern auch auf den schleppenden Vollzug. Auf dem Rechtsweg sei es der früheren Monopolistin Swisscom immer wieder gelungen, wichtige Marktöffnungsschritte zu verzögern. Die Dynamik im Sektor habe zuletzt abgenommen. «Swisscom eroberte sich Marktanteile zurück und die Preise waren im internationalen Vergleich eher hoch», so Meister. Erst mit der Entbündelung der letzten Meile beim Kupferkabel scheine ein etwas intensiverer Preiswettbewerb in Gang zu kommen.


Infrastruktur erst am Entstehen
Beim Glasfasernetz (Fibre to the Home, FTTH) präsentiert sich die Lage komplett anders – die neue Infrastruktur entsteht nämlich erst. Auch erwächst der Swisscom Konkurrenz durch die Elektrizitätswerke (EW), die ebenfalls bauen. Player am Markt sind ferner die Kabelnetzbetreiber sowie alternative Telekomanbieter. Noch offen ist laut Studie, wie dominant FTTH gegenüber der Kabel- oder Funktechnologie beim Internetzugang wird. Eines gilt jedoch als wahrscheinlich: «Ein weiterer Zuwachs an Bandbreitenbedarf über die 50 Mbit/s hinaus», sagt Meister. Derzeit umfassen gängige Angebote 5 bis 10 Mbit/s.


Elektrizitätswerke im Blick
Zwar wäre ein effektiver Wettbewerb beim Glasfasernetz laut Studie auch ohne Regulierung möglich. Doch dafür bräuchte es gleich mehrere Bedingungen, die wohl nicht überall erfüllt werden. Eine zentrale Rolle spielen die städtischen EW, die alternativen Anbietern einen Zugang geben können: Die EW dürften laut Avenir Suisse selbst keine Angebote für Endkunden machen, um nicht in Interessenskonflikte zu geraten. Sie dürften auch nicht gewinnorientiert handeln und sie müssten die gemeinsamen Investitionen mit der Swisscom gemäss der jeweiligen Marktanteile schultern. Hintergrund sind die unterschiedlichen Stückkosten je Kunde.


Regulieren wo kein Wettbewerb herrscht
Avenir Suisse schlägt daher eine Regulierung dort vor, wo der Wettbewerb nicht funktioniert – und zwar über eine Kombination aus dem allgemeinen Wettbewerbs- und Kartellrecht sowie einer spezifischen Gesetzgebung für den Telekomsektor. «Die Marktsituation in einer Region liesse sich ganz pragmatisch feststellen», erläutert Meister. Der Bitstromzugang für alternative Anbieter – zwischen dem blossen Wiederverkauf und der vollständigen Entbündelung angesiedelt – wie auch die Entbündelung der Anschlusszentralen seien dort nötig, wo kein lokales EW ein eigenes Netz betreibe.


Zeitlich müsste die Regulierung zudem immer wieder angepasst werden, weil sich etwa die Besitzverhältnisse ändern und die EW in private Hände kommen könnten. Übergangslösungen wären nötig, damit vor allem die alternativen Anbieter nicht auf ihren Investitionen sitzen blieben, schreibt Avenir Suisse.


Gesetzesrevision
Für eine Revision des Fernmeldegesetzes (FMG) bedeutet dies laut Studie erstens, dass der Regulator künftig die Investitions- und Kooperationsverträge der Gesellschaften prüfen und gegebenenfalls Änderungen verlangen könnte. Derzeit sind die genauen Vereinbarungen zwischen der Swisscom und den EW nicht bekannt. Zweitens müsste die Regulierung für den Sektor auch die Glasfaser umfassen – vorerst gilt sie nur für das Kupferkabel. Drittens sollte klar formuliert sein, wann die Regulierung im wettbewerbsintensiven Umfeld ausgesetzt wird.


Absage an praktizierte Ex-post-Regulierung
Ergänzend spricht sich der Think Tank gegen die momentan praktizierte Ex-post-Regulierung aus, wenn der Markt nicht von alleine spielt. Eine Aufsichtsbehörde könnte dann schneller und auf eigene Initiative handeln oder zumindest hätten Gerichtsstreitigkeiten keine aufschiebende Wirkung. Damit es bei den EW weder Preisdumping noch Quersubventionen zwischen den Bereichen Strom und Telekom gibt, führt Avenir Suisse eine rechtliche und buchhalterische Trennung über eine Netzgesellschaft als mögliche Lösung an. Schliesslich müssten alle über die neuen Netze transportierten Inhalte – unabhängig vom Anbieter – gleich behandelt werden. Keine abschliessende Beurteilung gibt es bezüglich der Frage, wieviele Fasern je Haushalt verlegt werden sollen.


Die Politiker sollten nicht zu lange warten, betont Studienautor Meister. «Es ist wichtig, das bestehende Zeitfenster zu nutzen, damit noch im Vorfeld der Glasfaserinvestitionen ein sicherer und verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen wird.» (awp/mc/ps/18) 

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