«Die Resultate mahnen zur Vorsicht», sagt Carlos Ammann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Booz & Company in der Schweiz. «Zwar stimmen die befragten Top-Private Banker bezüglich des Ausmasses der Krise überein, gleichzeitig zeigen sie sich sicher, dass gerade ihr eigenes Geschäftsmodell nicht gefährdet ist. Darüber hinaus schätzt die Mehrheit der Befragten, dass mit der bisherigen Strategie auch 2009 Marktanteile zu gewinnen sind.»
Weitere Ertragseinbussen von bis zu 30% erwartet
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Schweizer Privatbanken haben sich erst teilweise in den Jahresberichten niedergeschlagen und verschiedene Privatbanken konnten sogar von signifikanten Kapitalzuflüssen profitieren. Aufgrund der massiven Wertverluste bei den verwalteten Vermögen sowie der signifikanten Margenerosion stehen die grössten Anstrengungen aber erst noch bevor. Im Geschäftsjahr 2008 mussten die Privatbanken Ertragseinbussen von rund 20% hinnehmen. Gemäss Berechnungen der Experten von Booz & Company ist ohne eine signifikante Erholung der Finanzmärkte im Geschäftjahr 2009 mit einem Ertragsschwund von weiteren 30% zu rechnen.
Neuausrichtung im Offshore Private Banking notwendig
Mit einer Finanzmarktkrise in diesem Ausmass hatte niemand gerechnet. Ebenso überrascht sind die Befragten von der Härte und Geschwindigkeit, mit der ausländische Regierungen das Schweizer Bankgeheimnis angreifen. Die Reaktionen der Marktteilnehmer sind sehr unterschiedlich: für die weltweit tätigen Megabanken steht das Geschäft mit undeklarierten Vermögenswerten schon längst zur Disposition – hier überwiegen die operativen Risiken und die Sorge vor einem Reputationsverlust. Für die mittelgrossen und kleinen Privatbanken ist der Schutz der Privatsphäre traditionell ein wichtiger Teil der Geschäftsphilosophie – entsprechend gefordert sind diese Marktteilnehmer von den aktuellen Herausforderungen, da Ihnen oft auch die «Multi-Shoring-Fähigkeiten» der Megabanken fehlen. Am Beispiel von anderen Offshore-Zentren lässt sich aber erkennen, dass die Kunden sehr nervös auf Veränderungen der Rahmenbedingungen reagieren.
Grundlegenden Fragestellungen
Die Booz & Company Analyse unterscheidet zwischen drei grundlegenden Fragestellungen, die Privatbanken für ihre zunkünftige Strategie sehr genau überlegen müssen: Welche Märkte und Kundensegmente sollen Offshore bedient werden? Wo soll eine umfangreiche grenzüberschreitende Dienstleistungspalette angeboten werden? In welchen Märkten ist eine Onshore-Martkbearbeitung sinnvoll und welcher Markt bietet sich sogar an, als zweiter «Heimmarkt» aufgebaut zu werden? Die grossen Privatbanken haben hier bereits signifikante Investitionen getätigt. Einzelne Standorte sind jedoch unter dem Gesichtspunkt der veränderten Marktbedingungen neu zu beurteilen.
Kostendruck verschärft sich, weitere Konsolidierung steht bevor
Aufgrund der veränderten Ertragssituation stehen die Privatbanken vor der Herausforderung, die Kostenbasis weiter zu reduzieren. «Die variablen Lohnbestandteile erweisen sich im Abschwung als sehr hilfreich, kann doch so die Kostenbasis kurzfristig reduziert werden. Weitere und auch tiefgreifendere Einschnitte sind jedoch notwendig, um die Profitabilität nachhaltig sicherzustellen.», erläutert Andreas Lenzhofer, Mitglied der Geschäftsleitung bei Booz & Company und verantwortlicher Leiter dieser Umfrage. Alle Befragten glauben, dass sich Privatbanken ohne klar definiertes Profil oder mit unklarer Eignerstruktur nicht halten können und skalengetriebene Zusammenschlüsse zum Erhalt der Profitabiltiät unabdingbar sind.
Reale und «gefühlte» Staatsgarantien
«Allerdings darf auch angesichts der grossen Herausforderungen nicht vergessen werden, dass der Wirtschafts- und Finanzplatz Schweiz im allgemeinen und die Schweizer Privatbanken (abgesehen von den bekannten Ausnahmen) im besonderen die aktuelle Finanzkrise bisher relativ gut überstanden haben», so Lenzhofer. «Zwar haben die Institute mit realer oder «gefühlter» Staatsgarantie von massiven Geldzuflüssen profitieren können, doch vielfach sind diese Gelder nur zwischenparkiert und können mit einer ganzheitlichen Private Banking-Dienstleistungspalette auch wieder zurückgewonnen werden.»
Bisherige Frühwarnsysteme wenig hilfreich
Die Befragten stimmen überein, dass die Frühwarnsysteme der meisten Privatbanken sich bisher als wenig hilfreich erwiesen haben, die Entstehung sowie die Auswirkungen dieser Krise zu verstehen. Die Experten von Booz & Company weisen deshalb daraufhin, wie wichtig es ist, gerade in volatilen Zeiten, in Szenarien zu denken und mögliche Konsequenzen zu antizipieren.
Strategien für den Extremfall entwickeln
So müssen die Banken laut Untersuchung Strategien für den Extremfall, zum Beispiel dem kompletten, unkontrollierten Abschmelzen des Bankgeheimnisses, entwickeln. «Die Besinnung auf die eigenen Fähigkeiten kann auch neue Chancen eröffnen» erklärt Carlos Ammann. «Die Kenntnisse und Erfahrungen der Schweizer Privatbanken im grenzüberschreitenden Private Banking sind einzigartig. Mit geeigneten Akquisition und strategischen Allianzen lassen sich diese Stärken noch weiter ausbauen». (booz & company/mc/pg)
Über die Studie
Die Studie mit dem Titel: «Private Banking Beyond The ‹Perfect Storm›- Perspectives on the future of Swiss Private Banking after the Financial Crisis», umfasst die Antworten von über 20 Meinungsführern des schweizerischen Private Bankings. Die Interviews wurden in der Zeit zwischen Januar und Februar 2009 geführt.
Über Booz & Company
Booz & Company ist mit mehr als 3’300 Mitarbeitenden in 58 Büros auf allen Kontinenten eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Zu den Klienten gehören erfolgreiche Unternehmen sowie Regierungen und Organisationen. Unser Gründer Edwin Booz formulierte bereits 1914 die Grundlagen der Unternehmensberatung. Heute arbeiten wir weltweit eng mit unseren Klienten zusammen, um die Herausforderungen globaler Märkte zu meistern und nachhaltiges Wachstum zu schaffen. Dazu kombinieren wir einzigartiges Marktwissen sowie tiefe funktionale Expertise mit einem praxisnahen Ansatz. Unser einziges Ziel: unseren Klienten jederzeit den entscheidenden Vorteil zu schaffen. Essential Advantage.