Sven Bradke, ALDI SUISSE: «Günstige Preise weder auf Kosten der Lieferanten noch des Personals»
Moneycab: Kaum ein Tag ohne News zum Thema ALDI in der Schweiz: Standorte, Produkte, Preise, Arbeitsplätze, die Reaktion der Konkurrenz. Haben Sie die Intensität erwartet, mit der das Thema in der Schweiz behandelt wird?
Sven Bradke: Es war allen am Projekt beteiligten Personen von Anfang an klar, dass die Ankündigung des Markteintritts von ALDI für gewisse Schlagzeilen sorgen würde. Genau deshalb wurde bereits in einer frühen Phase der Planung über das nötige und mögliche kommunikative Verhalten der Unternehmung nachgedacht.
«Es besteht beispielsweise oftmals die irrige Meinung, gute Qualität zu günstigen Preisen sei nur zu Lasten des Personal oder der Lieferanten möglich. Beides stimmt nicht. Günstige Preise entstehen bei uns durch die Konzentration auf ein beschränktes, aber sehr gut ausgewähltes Sortiment mit 700 Produkten, durch eine effiziente Liefer-, Lager- und Ladenlogistik mit Kartons und Paletten sowie durch einen hohen Grad an Standardisierung bei allen Abläufen, insbesondere in den Filialen.» Sven Bradke, Sprecher ALDI SUISSE und Geschäftsführer St. Gallen
In den Medien ist die Resonanz auf den bevorstehenden Markteintritt von ALDI gewaltig ? Ihnen dürfte diese «Gratiswerbung» mehr als recht sein?
Die öffentliche Diskussion über den Aufbau unseres schweizweiten Filialnetzes hat den Bekanntheitsgrad unserer Unternehmung sicherlich positiv beeinflusst. Wir haben diese Publizität aber nie aktiv gesucht. Unser eigentliches Ziel war es immer, durch gute und vertrauenswürdige Arbeit am Markt aufzufallen. Dies werden wir mit der Eröffnung unserer ersten Filialen gegen Ende des Jahres umzusetzen versuchen.
ALDI ist ja nicht gerade für eine offene Kommunikation bekannt. Wieso ist das in der Schweiz anders?
Die Unternehmung ALDI kommuniziert über ihre Kanäle eigentlich recht intensiv. Zur öffentlichen Wahrnehmung einer Unternehmung gehört ja nicht nur ein Interview eines GL-Mitgliedes in einem bestimmten Medium, sondern auch die wöchentliche Werbung, ein informativer Internet-Auftritt, ein attraktives Angebot mit typischen ALDI-Preisen und ?Produkten sowie ein kundenfreundliches Verkaufspersonal. Da wir dies in der Schweiz bisher nur bedingt bieten konnten, schien es uns wichtig, zumindest eine entsprechende Auskunftsstelle für Fragen der Medienschaffenden vorzusehen.
Die Vorbereitungen der ALDI SUISSE AG laufen auf Hochtouren. Wie weit ist ALDI wirklich?
Wir sind soweit, dass wir gegen Ende des Jahres mit den ersten Filialen starten können. Bis dahin müssen wir aber noch einige Pendenzen erledigen. Hierzu gehören die Suche und Ausbildung unseres Verkaufspersonals, die Fertigstellung der ersten Filialen, die Zusammenstellung unseres schweizerischen Sortiments sowie der Aufbau einer effizienten Logistik.
Können Sie uns verraten, wann die erste ALDI-SUISSE-Filiale ihre Tore öffnet und an welchem Standort das sein wird?
Ganz einfach, wenn wir alle Pendenzen für einen erfolgreichen Start erledigt haben. Nach unserer aktuellen Planung dürfte dies gegen Ende des Jahres der Fall sein. Zu den ersten Standorten werden aller Voraussicht nach Weinfelden (TG), Amriswil (TG), Altenrhein (SG), Pfäffikon (ZH) und Gebenstorf (AG) gehören. Der bauliche Stand dieser Standorte lässt uns dies zumindest vermuten.
Im letzten Interview mit Moneycab vor 11 Monaten haben Sie gesagt, dass die Philosophie des ALDI-Discount-Konzepts noch nicht bekannt sei und vielerorts Vorurteile bestehen würden. Welchen Vorurteilen begegnen Sie in Ihren Gesprächen mit Gemeinden und Vermietern und wie räumen Sie die Vorurteile aus?
Je nach Standort tauchen unterschiedliche Vorurteile auf. So besteht beispielsweise oftmals die irrige Meinung, gute Qualität zu günstigen Preisen sei nur zu Lasten des Personal oder der Lieferanten möglich. Beides stimmt nicht. Günstige Preise entstehen bei uns durch die Konzentration auf ein beschränktes, aber sehr gut ausgewähltes Sortiment mit 700 Produkten, durch eine effiziente Liefer-, Lager- und Ladenlogistik mit Kartons und Paletten sowie durch einen hohen Grad an Standardisierung bei allen Abläufen, insbesondere in den Filialen.
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Wie haben sich die Verhandlungen mit den Gemeinden und Landverkäufern grundsätzlich entwickelt? Verläuft die Standortsuche nicht schwieriger als erwartet?
Überall auf der Welt ist nutzbarer Boden ein knappes und kostbares Gut. Dies gilt selbstverständlich auch für die Schweiz. Da wir als Detailhändler möglichst nahe beim Kunden sein möchten, ist das Bodenangebot zusätzlich eingeschränkt. Dennoch sind wir mit unserer bisherigen Filialentwicklung recht zufrieden. An zahlreichen Standorten haben wir bereits bebaubares Land gefunden oder Verträge für mögliche Einmietungen in bestehende Gebäude schliessen können.
Wo wird bereits gebaut und für welche zusätzlichen Standorte haben Sie derzeit konkrete Vereinbarungen?
Wir bauen bereits an verschiedenen Orten. Am weitesten fortgeschritten sind dabei die Filialbauten in der Ostschweiz. So beispielsweise in Weinfelden (TG), in Amriswil (TG) und in Altenrhein (SG). In einem fortgeschrittenen Stadium stehen auch die Filialbauten in Pfäffikon (ZH) und Gebenstorf (AG). Diese Filialen sollten allesamt noch in diesem Jahr eröffnet werden können. Weitere Filialen dürften im nächsten Jahr noch folgen. So beispielsweise in Zollikofen (BE), in Herisau (AR) oder in Küssnacht am Rigi (SZ).
Marktexperten gehen davon aus, dass ALDI SUISSE in den kommenden Jahren rund 150 Filialen eröffnen wird. Können Sie diese Zahl bestätigen?
Wir wollen aus eigener Kraft wachsen und gehen dabei Schritt für Schritt vor. Vorerst konzentrieren wir uns auf die schweizweite Suche nach geeigneten Grundstücken und Mietobjekten sowie auf die Erschliessung und den Bau dieser Standorte. Wie viele Filialen wir einmal haben werden, steht derzeit noch in den Sternen.
Wie sieht es mit den Lieferanten aus? Wegen der hohen Einfuhrzölle ist ALDI in der Schweiz zum Beispiel bei den Landwirtschaftsprodukten auf Schweizer Lieferanten angewiesen. Konnten da bereits Vereinbarungen getroffen werden, mit dem Freiburger Milchverarbeiter Cremo zum Beispiel?
Seit Monaten arbeiten wir ganz intensiv daran, ein aus 700 Produkten bestehendes, schweizerisches Sortiment zusammenzustellen. Dieses umfasst selbstverständlich auch eine ganze Anzahl Produkte, die von Schweizer Lieferanten stammen.
ALDI SUISSE hat auch Gespräche mit der Dienstleistungsgewerkschaft Unia geführt. Wie haben sich diese Gespräche bisher gestaltet?
Es war uns wichtig, die entsprechenden Vertreter der Syna und der Unia einmal persönlich kennen zu lernen und sie über den Stand unserer Aufbauarbeit in Kenntnis zu setzen.
ALDI SUISSE will etwa zwölf Personen pro Filiale beschäftigen. Inklusive Management wird ALDI SUISSE in den kommenden Jahren also viele Stellen schaffen. Wie sieht die Resonanz auf die von ALDI ausgeschriebenen Stellen aus?
Auf unsere Inserate als Filialleiter/-in, als Verkäufer/-innen, als Regionalverkaufsleiter/-in sowie als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und der Logistik haben wir jeweils sehr viele Bewerbungen erhalten. Es freut uns, dass unsere ausgeschriebenen Stellen eine derart hohe Beachtung finden und wir bereits eine bedeutende Anzahl neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen durften. Wir werden in den nächsten Jahren sicher noch weiteres Personal suchen. Wer Lust hat, für ALDI SUISSE zu arbeiten, der soll sich doch einfach bei uns melden.
Letzte Frage: Das Preisgefälle im Schweizer Detailhandel ist nicht zuletzt durch die blosse Ankündigung von ALDI , in der Schweiz Filialen eröffnen zu wollen, in Bewegung geraten. Wie nimmt man bei ALDI SUISSE das Verhalten der Konkurrenz zur Kenntnis?
Als Discounter sind wir verpflichtet, ein möglichst gutes und dauerhaftes Preis-Leistungsverhältnis anzubieten. Insofern beobachten und analysieren wir die derzeitige Entwicklung auf dem Markt sehr genau.
Lesen Sie auch das Interview mit Sven Bradke vom 10. August 2004. «Wir werden in der Schweiz begeisterte Kunden finden». Der deutsche Discounter ALDI Süd tritt an, die schweizerische Hochpreisinsel zu erobern. Sven Bradke, Sprecher von ALDI Süd in der Schweiz, äussert sich im Moneycab-Interview über schweizerisches Einkaufsverhalten und die Aldi-Philosophie. Weiter… |
Sven Bradke
Sprecher ALDI SUISSE und Geschäftsführer St. Gallen sowie Verwaltungsrat der «Mediapolis – AG für Kommunikations-Management»
Zuvor:
seit 1998 Berater und Partner der Mediapolis
1997-1998 Berater, Partner und Verwaltungsrat der Weigelt & Partner AG
1994-1996 Leiter Wirtschaft und Öffentlichkeit (Vizedirektor) der Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell
ALDI
ist ein führendes internationales Einzelhandelsunternehmen. Die Unternehmensgruppe in West- und Süddeutschland besteht aus mehr als 27 Gesellschaften mit eigener Geschäftsleitung. Das Unternehmen zählt derzeit mehr als 1200 Filialen in West- und Süddeutschland sowie in den USA, Grossbritannien, Österreich (Hofer), Irland und Australien. ALDI steht für «Albrecht-Discount». ALDI SÜD steht unter der Leitung von Karl Albrecht. ALDI NORD unter Leitung von Theo Albrecht und ALDI SÜD setzen jährlich nach Schätzungen rund 35 Milliarden Euro um.