Der Verwaltungsrat der Swiss tagt heute Montag. Und wieder einmal drehen sich die Gespräche um die Zukunft der Schweizer Fluggesellschaft. Wohin der Weg führt, wird vorderhand aber in Amsterdam entschieden: am Hauptsitz der KLM.
Von Martin Vetterli
Swiss-Flug in ungewisse Zukunft: Neuerliches Grounding nicht ausgeschlossen. (pd)
Das Überleben der nationalen Fluggesellschaft hängt an einem seidenen Faden. Die Zeit läuft gegen Swiss. Und die Hektik in der Chefetage ist gross. Da meldete die Sonntagspresse übereinstimmend, Swiss-Chef André Dosé sei am Freitag mit einer mündlichen Einladung zu einem Oneworld-Beitritt aus London zurückgekehrt. Der Durchbruch schien geschafft.
British Airways: «Wir wissen von nichts»
Doch bereits heute Montag scheint es mit der Herrlichkeit vorbei. Eine Sprecherin von British Airways erklärte gegenüber dem Tages-Anzeiger lakonisch, man habe von einer Einladung keine Kenntnis: «Wir wissen nicht, woher diese Berichte kommen.» Man stehe zwar in Gesprächen mit der Swiss, grundsätzlich habe sich am Verhältnis aber nichts verändert.
Erst muss Swiss Vertrauen schaffen: Gelingt Turnaround?
Die Zukunft der Swiss bleibt damit in der Schwebe. Und je länger das so bleibt, desto schlechter sind die Karten beim den für das Überleben der Fluggesellschaft entscheidenden Verhandlungen. Denn der mit reichlich staatlichen Mitteln gestarteten Swiss droht, die Luft auszugehen. «Swiss muss jetzt beweisen können, dass der Kapazitätsabbau und die Sparmassnahmen ausreichen, um den Turnaround zu schaffen. Nur dann erhält sie von Kreditgebern die benötigten Betriebsmittel in Höhe von 500 Millionen Franken», erklärte ZKB-Analyst Patrik Schwendimann auf Anfrage. Und fügte an, dass «keineswegs ausgeschlossen werden» könne, dass der Turnaround gelinge.Schon wieder: Alles steht zur Disposition
Doch vorerst tagt der Swiss-Verwaltungsrat heute Montag ein weiteres Mal. Und wieder einmal stehen sämtliche Optionen zur Rettung der Fluggesellschaft auf dem Programm, wie Verwaltungsrat Walter Bosch bereits am Samstag bestätigte: ein abenteuerlicher Alleingang, die Flucht in die rettenden Arme der Lufthansa, die der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder gemäss Tages-Anzeiger «schön fände», der von Swiss favorisierte Beitritt zur Oneworld-Allianz von British Airways sowie die Variante Notbremse, die Nachlassstundung nach nur anderthalb Jahren Existenz.Wichtiger Pluspunkt: Einigung mit Piloten erzielt
Immerhin kann der Verwaltungsrat an seiner Sitzung einen wichtigen Pluspunkt verbuchen. Swiss Pilots haben dem Entlassungsplan am späten Freitag zugestimmt und damit die Entlassung von rund 74 Prozent der Piloten akzeptiert. Mit der Einigung sei eine weitere wichtige Voraussetzung geschaffen, um die Restrukturierung der Swiss erfolgreich fortzusetzen, teilte das Flugunternehmen mit. Der Deal kostet Swiss allerdings rund 60 Millionen Franken an Abfindungen.Allianz-Frage im Zentrum der Gespräche
Doch die Freude über diesen Erfolg dürfte nur kurz sein. Denn damit ist nur eine Turbulenz umschifft, die Zukunft aber keineswegs gerettet. Und die hängt vorderhand von der Allianz-Frage ab. Der Swiss stehen dabei zwei Optionen offen: eine Zusammenarbeit mit Oneworld (British Airways) oder mit der Star Alliance (Lufthansa). Doch mehr als Absichtserklärungen kann der Verwaltungsrat wohl kaum abgeben. Und es scheint wenig wahrscheinlich, dass ein Kurswechsel beschlossen wird: Seit ihrem Start vor anderthalb Jahren bevorzugt die Swiss-Leitung einen Beitritt zur Oneworld-Allianz. Doch der bleibt ihr verwehrt, solange sich British Airways gegen diese Lösung stemmt.Northwest-Chef: «Wir werden die Star Alliance herausfordern»
Die Briten haben sich in der Vergangenheit schon mehrfach gegen einen Beitritt der Swiss ausgesprochen und dabei immer wieder auf die Grösse der Swiss verwiesen. Doch auch an einer abgespeckten Swiss scheint das Interesse gering zu sein – solange das Gleichgewicht zwischen den beiden Allianzen gewahrt bleibt. Das könnte sich aber schon bald ändern, sofern die holländische KLM und ihr US-Partner Northwest Airlines dem Skyteam-Allianz von Air France beitritt. Das scheint wahrscheinlich. Jedenfalls liess sich Northwest-Airlines-Chef Douglas Steenland am Wochenende in deutschen, holländischen und britischen Medien mit dem Satz zitieren: «Wir werden die Lufthansa und die Star Alliance herausfordern. Denn eine globale Luftfahrtallianz, die aus Air France, KLM, Northwest Airlines, Continental Airlines und Delta Airlines besteht, die kann das.»Entscheidende Frage: Wohin geht die KLM-Reise?
Für Swiss bedeutet dies: Die neue Stärke von Skyteam könnte British Airways derart unter Druck gesetzt, dass sie bereit ist, einer Vergrösserung ihrer Oneworld-Allianz zuzustimmen und ihren Widerstand gegen einen Swiss-Beitritt aufzugeben. Der Entscheid über die Allianz-Partner von Swiss fällt vorderhand also weder in Basel noch in London, sondern am KLM-Hauptsitz in Amsterdam.Martin Vetterli (swisscontent)