Swissair-Prozess: Freisprüche für Spoerry und Stähelin gefordert

Gleichzeitig forderte er wie der Verteidiger von Gaudenz Stähelin einen Freispruch. Selbst wenn die SAirLines überschuldet gewesen wäre, wie es die Staatsanwaltschaft behaupte, hätte der Verwaltungsrat nicht anders entscheiden können. Laut Peter Bettoni bildeten die SAirGroup und die SAirLines eine eng verflochtene Schicksalsgemeinschaft.


Weder Ende 2000 noch im März 2001 überschuldet
Bei einem Konkurs von SAirLines wären SAirLogistics, SAirServices und Flightlease nicht überlebensfähig gewesen. Eine weitere Folge wäre das Ende der Qualiflyer-Allianz gewesen. Dazu wären Entschädigungsforderungen in Milliardenhöhe gekommen. Die SAirLines sei aber weder Ende 2000 noch im März 2001 überschuldet gewesen, betonte Spoerrys Verteidiger. Dasselbe gelte für die SAirGroup. Dabei verwies er auf die Berichte von grossen Wirtschaftsprüfungsunternehmen.


Gutachten der Staatsanwaltschaft «nicht brauchbar»
Das Gutachten der Staatsanwaltschaft bezeichnete Bettoni als nicht brauchbar. Laut Bettoni hätte die Staatsanwaltschaft einen unabhängigen Experten beiziehen müssen. Der Gutachter Aldo C. Schellenberg sei aber Ankläger und Sachverständiger in Personalunion gewesen.


Vorwürfe nicht nachzuvollziehen
Durch die Restrukturierung der SAirLines sei weder für die SAirGroup noch für deren Gläubiger ein Schaden entstanden, sagte der Verteidiger. Die Vorwürfe der Gläubigerschädigung sowie der ungetreuen Geschäftsbesorgung seien nicht nachzuvollziehen. Entscheidend sei zudem, was der Verwaltungsrat der SAirGroup anfangs 2001 gewusst habe, sagte Bettoni. Damals habe es keinen Grund gegeben, am Fortbestand der Swissair-Gruppe zu zweifeln. Ein Vorsatz, Konzern oder Gläubiger zu schädigen, sei nicht erkennbar. Darum könne das Urteil nur ein Freispruch sein.


Stähelin-Anwalt kritisiert Vorverurteilung
Der Verteidiger des ehemaligen Verwaltungsrats Gaudenz Stähelin forderte erwartungsgemäss ebenfalls einen Freispruch für seinen Mandanten. Die Plädoyers der Staatsanwaltschaft kritisierte er als öffentliche Diffamierung und Vorverurteilung. Wie die anderen Verteidiger ging Rolf Schuler hart ins Gericht mit der Anklage. Diese betreibe eine isolierte Betrachtung unter Ausblendung der Konzernverhältnisse sowie der wirtschaftlichen und politischen Umstände in den Jahren 2000 und 2001, erklärte er.


Weder Pflichtverletzung noch Schaden beweisbar
Der Verwaltungsrat sei berechtigt gewesen, anstelle der Bilanzdeponierung eine Sanierung einzuleiten, erwiderte Stähelins Verteidiger auf die Anklage. Selbst wenn die SAirLines im März 2001 überschuldet gewesen wäre, wäre die Restrukturierung rechtlich zulässig gewesen. Dabei verwies er auf Entscheide des Bundesgerichts. Auch im Falle einer hypothetischen Überschuldung könne die Anklage weder eine Pflichtverletzung noch einen Schaden beweisen, sagte Schuler weiter. Ein Vorsatz könne ebensowenig nachgewiesen werden. Sogar die Staatsanwaltschaft habe dem Verwaltungsrat zugestanden, die Rettung der Swissair gewollt zu haben.


Sabena-Zahlung: Keine ungetreue Geschäftsbesorgung
Stähelins Verteidiger widersprach auch dem Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Zusammenhang mit der Zahlung von 150 Mio EUR an die serbelnde Airline Sabena. Die Zahlung sei im Interesse des Gesamtkonzerns erfolgt, sagte Schuler. Eine Liquidation der Sabena hätte einen immensen Schaden angerichtet.


Freispruch in allen Anklagepunkten gefordert
Schuler beantragte einen Freispruch in allen Anklagepunkten. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft für Stähelin eine bedingte Gefängnisstrafe von zehn Monaten und eine Geldstrafe von 270 000 Franken sowie eine Busse von 10’000 CHF gefordert. (awp/mc/pg)

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