Swissair-Prozess: Verteidiger von Chefjuristin: Freispruch und Entschädigung
Die Staatsanwaltschaft wirft Anderegg Gläubigerbevorzugung (zum Nachteil anderer Gläubiger) vor. Sie fordert für sie eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse von 10’000 CHF.
Überweisung zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit
Die Juristin hatte Anfang Oktober 2001 der Anwaltskanzlei Bär Karrer eine Summe von 200’000 CHF überweisen lassen, zu einem Zeitpunkt also, in dem ihr die Zahlungsunfähigkeit der Fluggesellschaft schon bekannt war. Laut Anklage handelte es sich um eine Sicherstellung von ausstehenden Honoraren, laut Anderegg um einen Vorschuss auf künftige Leistungen der Rechtsberater.
Anklageschrift akribisch zerpflückt
Verteidiger Paul Baumgartner zerpflückte am Donnerstag die Anklageschrift akribisch. Sie weise zahlreiche Mängel auf, machte er geltend. So handle es sich bei Gläubigerbevorzugung um ein so genanntes Sonderdelikt mit entsprechenden Merkmalen. Davon sei in der Anklageschrift nichts zu lesen.
Kern des Problems nicht erkannt
Offensichtlich habe die Anklagebehörde überhaupt den «Kern des Problems nicht erkannt»: Es werde nirgends erwähnt, dass es sich um das Vermögen der SAir Lines und nicht der SAir Group gehandelt habe. Damit könne keine Rede davon sein, dass die Gläubiger der SAir Group benachteiligt worden wären.
Staatsanwaltschaft des gesetzeswidrigen Vorgehens bezichtigt
Baumgartner kritisierte indes nicht nur Mängel der Anklageschrift. Er bezichtigte die Staatsanwaltschaft gar des gesetzeswidrigen Vorgehens. Bei einer Einvernahme sei nämlich versucht worden, Anderegg zu täuschen, und zwar in einem wichtigen Punkt. Dies verbiete die kantonale Strafprozessordnung ausdrücklich. (awp/mc/ab)