Swisscom: Polizei sucht Gründer von Tochter Fastweb

Swisscom hält jetzt über 80% am Mailänder Breitbandanbieter. Damit hatte der 52-jährige Manager Platz 13 im Ranking der reichsten italienischen Unternehmer erobert. Sein Rechtsanwalt teilte nun am Dienstag mit, der Manager befinde sich im Ausland und sei bereit, sich der Polizei zu stellen. Scaglia erklärte sich über seinen Rechtsanwalt für unschuldig.


Fiktive Verkäufe in Milliardenhöhe
Scaglia und den anderen 56 Personen, die in den Sog der Ermittlungen geraten sind, wird vorgeworfen, vor dem Fastweb-Verkauf an die Swisscom riesige Summen gewaschen zu haben, die aus Steuerbetrug stammten. Die Verdächtigen werden beschuldigt, zwischen 2003 und 2006 mit fiktiven Käufen und Verkäufen von internationalen Telekom-Dienstleistungen 2 Mrd EUR in Rechnung gestellt zu haben. Damit hätten sie den Fiskus um 365 Mio EUR betrogen. Bei ihren Geschäften hätten die Betrüger das Netz von Fastweb und anderen italienischen Telekombetreibern benutzt, teilte Fastweb in einer Stellungnahme mit.


Verhaftungen in mehreren Ländern
Die Fahnder rückten am Dienstag zeitgleich an verschiedenen Orten an. Verhaftet wurden Kriminelle in Italien, den USA, Grossbritannien und Luxemburg. Wie viele Festnahmen es gab, war am Dienstagabend nicht bekannt. Ausser Scaglia sind auch der derzeitige Fastweb-Geschäftsführer Stefano Parisi sowie zwei weitere Spitzenmanager des Mailänder Unternehmens von den Geldwäsche-Ermittlungen betroffen. Gegen den damaligen Fastweb-Verwaltungsrat Mario Rossetti wurde ebenfalls Haftbefehl erlassen. Neben Fastweb betreffen die Ermittlungen auch hohe Manager der Telecom Italia-Tochter Sparkle.


Fastweb siehst sich selber als Geschädigte  
Fastweb gab bekannt, es sei bei der Justiz ein Gesuch für ein Verbot der Geschäftstätigkeit des Unternehmens eingereicht worden. Ein Richter werde darüber am 2. März entscheiden. Fastweb wies jegliches Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Geldwäsche-Untersuchung zurück. Fastweb sei selber Geschädigte in dem Fall, teilte die Firma mit. Man garantiere aber die Weiterführung des Betriebs für die Kunden und die 3500 Angestellten. Gegenstand des Rechtsstreits sei eine Mehrwertsteuerforderung gegen Fastweb von maximal 38 Mio EUR. Die Behörden hätten eine Beschlagnahmung dieser Summe angeordnet.


Swsscom: «Das ist nichts Neues»
Die Angelegenheit ist bereits seit Jahren bekannt. Schon 2007 ermittelte ein Römer Untersuchungsgericht wegen angeblich falscher Rechnungen zur Erschleichung von Steuerkrediten. Fastweb hatte damals die Vorwürfe als völlig haltlos zurückgewiesen. Die Swisscom habe die Vorwürfe gekannt, sagte Swisscom-Sprecher Sepp Huber auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA: «Das ist nichts Neues.» Vor der Übernahme von Fastweb habe die Swisscom die Angelegenheit auch von externen Spezialisten überprüfen lassen. Die möglichen Risiken, wie man sie damals eingeschätzt habe, seien bereits im Kaufpreis für Fastweb von rund 6 Mrd CHF enthalten.


Berlusconi-Minister im Visier der Polizei
Am Rande der «Broker» genannten Operation hatten die Fahnder auch den römischen Senator Nicola Di Girolamo von Ministerpräsident Silvio Berlusconis Regierungspartei PdL («Volk der Freiheit») im Visier. Dabei geht es um Wahlbetrug unter Auslandsitalienern in Deutschland, vor allem in Stuttgart, berichteten italienische Medien. Die kalabrische Mafia «Ndrangheta» soll sich dort illegal Blanko-Stimmzettel für Wahlen in Italien besorgt und dann den Namen des Senators eingetragen haben. Als «Sponsor» des Betrugs gilt ein römischer Unternehmer, der ebenfalls zu den mit Haftbefehl Gesuchten gehört. (awp/mc/pg/34)

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