Talanx knüpft Börsengang nicht mehr an Übernahme – Termin offen
«Der Börsengang wird kommen, aber einen Zeitpunkt dafür werde ich nicht nennen», sagte Vorstandschef Herbert Haas am Mittwochabend bei der Vorlage der voraussichtlichen Jahresergebnisse in Hannover. Der Börsengang könne im Jahr 2008, 2009, 2010 oder auch erst 2011 stattfinden. Derzeit seien die Versicherungswerte jedoch «gerade nicht der Liebling der Kapitalanleger», sagte Haas. «In einem solchen Börsenumfeld würde ich nicht an die Börse gehen.» Eine Gewinnprognose für das Jahr 2008 lehnte Haas ab, da eine solche Aussage im Falle eines Börsengangs «prospektrelevant» werden könnte.
Volumen von 1 Mrd Euro
Den früheren Gedanken, mit dem Börsengang und einer Kapitalerhöhung eine grosse Übernahme zu finanzieren, schob Haas beiseite. Bei einem solchen Vorgehen würde ein grösserer Abschlag auf den Unternehmenswert fällig, als wenn das Unternehmen ohne ein solches Projekt den Sprung aufs Parkett wage, lautete seine Begründung. Auf eine Zahl für den möglichen Börsenwert des Konzerns wollte sich der Vorstandschef nicht festlegen. Allerdings sagte er, der Börsengang könne durchaus ein Volumen von einer Milliarde Euro erreichen. Im laufenden Geschäftsjahr wird Talanx eigenen Angaben zufolge operativ und unter dem Strich deutlich mehr verdienen. Wegen veränderter Konsolidierungskreise und Sondereffekten wie dem Verkauf der Hannover-Rück-Tochter Praetorian (Ende Mai) lassen sich die Ergebnisse und Prämieneinnahmen jedoch nicht ohne weiteres mit den Vorjahreszahlen vergleichen. So wurden die Gesellschaften des übernommenen Versicherungskonzerns Gerling erstmalig für das ganze Jahr konsolidiert.
Steuern bringen Gewinnsprung
Das operative Ergebnis (EBIT) steigt voraussichtlich um 9,9 Prozent auf 1,413 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis nach Minderheitsanteilen Dritter dürfte den Angaben zufolge um 55,6 Prozent auf 613 Millionen Euro wachsen. Ursachen dafür sind unter anderem die Einnahmen in Höhe von 162 Millionen Euro aus dem Praetorian-Verkauf sowie ein Einmal-Effekt aus der Unternehmenssteuerreform, der 277 Millionen Euro in die Konzernkasse spülte. Die Summe der gebuchten Bruttoprämien bleibt mit 19,359 Milliarden Euro voraussichtlich fast exakt stabil. Die verdienten Nettoprämien steigen um 3,1 Prozent auf 15,488 Milliarden Euro. Beim Kapitalanlageergebnis erwartet Talanx eine Steigerung um 6,3 Prozent auf 2,676 Milliarden Euro. All diese Zahlen würden erreicht, wenn der Schadenverlauf in den restlichen Wochen des Jahres konstant bleibe und es keine grossen Naturkatastrophen oder Kapitalmarkt-Krisen mehr gebe, sagte Haas.
Kostenquote senken
In der Schaden- und Unfall-Erstversicherung, darunter HDI und Gerling, erwartet Talanx trotz gestiegener Prämieneinnahmen einen EBIT-Gewinnrückgang um fast ein Viertel auf 269 Millionen Euro. Das Ergebnis wurde durch Grossschäden wie den Wintersturm «Kyrill» belastet. Aber auch die Kosten machen dem Unternehmen zu schaffen. «Wir werden die Kostenquote dem HDI-Niveau annähern», sagte Haas. Vorstandsmitglied Christian Hinsch fasst dafür eine Senkung der Bruttokostenquote von derzeit 24 Prozent in Richtung 20 Prozent ins Auge.
Jährliche Synergieffekte in dreistelliger Millionenhöhe
Talanx hatte Gerling 2006 übernommen. Haas erwartet aus der Fusion jährliche Synergieffekte in dreistelliger Millionenhöhe. 2008 und 2009 will das Unternehmen noch insgesamt 90 Millionen Euro die Umstrukturierung investieren. Auch in der Lebens-Erstversicherung verzeichnet Talanx mit 75 Millionen Euro ein um ein Viertel niedrigeres EBIT als ein Jahr zuvor. Haas führte dies auf höhere Ausgaben für die Integration der Tochtergesellschaften und die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den positiven Effekten der Unternehmenssteuerreform zurück. Sonst sei statt dem Rückgang ein Zuwachs um knapp 15 Prozent zu verzeichnen. Im Segment Finanzdienstleistungen stieg der Gewinn um 11,2 Prozent auf 61,2 Millionen Euro.
Talanx hält 50,2 Prozent der Anteile an dem im MDAX notierten Rückversicherer Hannover Rück . Die von Talanx ausgewiesenen Zahlen der Schaden-Rückversicherung können nicht mit denen der Hannover Rück gleichgesetzt werden, allerdings rechnet Haas mit einer kombinierten Schaden-Kosten-Quote von unter 100 Prozent. In der Personen-Rückversicherung erwartet Talanx ein EBIT von 209 Millionen Euro. (awp/mc/gh)