Es gebe entsprechende Aussagen «eines Geschäftsführers einer GmbH», sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel am Freitag in Bonn. Er bestätigte damit in Teilen einen Bericht der «Süddeutschen Zeitung». Er habe aber noch keinerlei Unterlagen gesehen, die diese Aussage belegten, sagte Apostel weiter.
Obermann geht unterdessen in die Offensive
In der internen Aufarbeitung der Affäre geht Telekom-Chef René Obermann unterdessen in die Offensive: Er hat den Datenschutzexperten und früheren BGH-Richter Gerhard Schäfer als unabhängigen Berater angeheuert. Schäfer soll für die Telekom ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten. Ausserdem soll er zusammen mit dem Vorstandsbeauftragten der Konzernsicherheit, dem ehemaligen Vizechef des Bundeskriminalamtes, Reinhard Rupprecht, «die internen Untersuchungen zum missbräuchlichen Zugriff auf Telefon-Verbindungsdaten prüfen».
Aufnahme von staatsanwaltlichen Ermittlungen
Die Telekom hat nach Obermann keine Kenntnis von einer angeblichen Auswertung von Bankdaten oder der Erstellung von Bewegungsprofilen. «An dieser Stelle muss ich alle Spekulationen zurückweisen», sagte er einen Tag nach der Aufnahme von staatsanwaltlicher Ermittlungen in der Bespitzelungsaffäre in Bonn. Die Telekom habe die Staatsanwaltschaft bei ihren Untersuchungen unterstützt. «Alles wird sich im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Arbeit aufklären», sagte er.
Missbräuchliche Verwendung von Daten und der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses
Offiziell geht es um den Vorwurf der missbräuchlichen Verwendung von Daten und der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Das Fernmeldegeheimnis wird in Artikel 10 des Grundgesetzes als «unverletzliches» und unmittelbar geltendes Grundrecht geschützt. Verstösse werden mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bedroht.
Kai-Uwe Ricke und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel im Visier
Im Visier der Ermittler stehen derzeit Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel sowie sechs weitere Personen. Ricke war im November 2006 von Obermann, damals Chef der Telekom-Mobilfunksparte, abgelöst worden. Zumwinkel war Anfang 2008 wegen des Vorwurfs der Verwicklung in die Liechtenstein-Steueraffäre als Post-Vorstandschef zurückgetreten. Die «Süddeutsche Zeitung» berichtete am Freitag, dass die Bespitzelungen durch die Telekom «nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler» deutlich weiter gegangen sein sollen als bislang bekannt. «So sollen nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch Bankdaten von Journalisten und Aufsichtsräten ausgespäht worden sein», schrieb die Zeitung. «Zudem sollen mit einer speziellen Software Bewegungsprofile von einzelnen Personen erstellt worden sein.» Vor einer Woche hatte Obermann eingestanden, dass es 2005 und teilweise auch 2006 zu einem Datenmissbrauch bei der Telekom gekommen war. Ziel der Operation war es, undichte Stellen im Konzern aufzuspüren, über die interne Informationen an die Presse weitergegeben wurden.
Vorstandsvorsitzende nach Berlin einbestellt
Unterdessen ruft die Bespitzelungsaffäre bei der Telekom auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf den Plan. Für nächsten Montag hat der Minister die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Telekommunikationsanbieter nach Berlin einbestellt, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» in ihrer Freitagsausgabe berichtet. Dabei soll es vor allem um den Datenschutz in Unternehmen gehen.
Ron Sommer bestritt, über die Bespitzelung informiert gewesen zu sein
Der ehemalige Telekom-Chef Ron Sommer bestritt, über die Bespitzelung von Journalisten informiert gewesen zu sein. Das hätte er nicht geduldet, sagte er der «Financial Times Deutschland» (FTD/Freitagausgabe). «Das gilt auch für den gesamten Vorstand und Aufsichtsrat.» Sommer war zwischen 1995 und 2002 Vorstandschef der Telekom. Nach Informationen der Zeitung soll das Unternehmen bereits im Jahr 2000 den Auftrag gegeben haben, Journalisten zu bespitzeln. (awp/mc/gh)