von Radovan Milanovic
Im Handelsregister ist SWITCH als Stiftung mit folgendem Stiftungszweck eingetragen: Die Stiftung bezweckt, die nötigen Grundlagen für den wirksamen Gebrauch moderner Methoden der Teleinformatik im Dienste der Lehre und Forschung in der Schweiz zu schaffen, zu fördern, anzubieten, sich an solchen zu beteiligen und sie zu erhalten. ? Für eine nationale Domain-Registrierungsstelle ist diese Gesellschaftsart einmalig, denn die ausländischen Registrierungsstellen sind alle gewinnorientiert. Wieso wurde diese Rechtsform gewählt?
Die Stiftung SWITCH wurde im Jahr 1987 als Schweizerisches Wissenschaftsnetzwerk – The Swiss Research & Education Network – gegründet. Das Internet und die Domain-Namen haben ihren Ursprung an den Hochschulen. Die ersten Domain-Namen in der Schweiz waren denn auch eth.ch, cern.ch und switch.ch. Nationale Registrierungsstellen sind typischerweise nicht gewinnorientiert, das ist auch im benachbarten Ausland so. Die deutsche Registrierungsstelle zum Beispiel ist eine nicht gewinnorientierte Genossenschaft.
Müssen die Universitäten für die Leistungen von SWITCH bezahlen oder müssen Sie diese als Kompensation für die Monopolstellung leisten?
Die Hochschulen bezahlen die Betriebskosten für die Dienstleistungen, die SWITCH für sie erbringt. Die Entwicklung neuer innovativer Dienstleistungen für Lehre und Forschung in der Schweiz wird über Subventionen vom Bund oder von der EU finanziert. Die Registrierung von Domain-Namen ist eine staatlich hoheitliche Aufgabe, die das BAKOM an SWITCH delegiert. 34 Stiftungsräte tragen die Verantwortung über die Stiftung. Im Stiftungsrat vertreten sind die Stakeholder von SWITCH, darunter sind die Schweizerischen Hochschulen, Kantone und der Bund.
Trotz steigender Anzahl Registrierungen und ebenfalls steigender passiver Einnahmen als Folge der Erneuerung von Domainnamen weisen Sie einen Gesamtverlust von 3,6 Mio. CHF aus. Darin ist ein Finanzverlust von 2,8 Mio. CHF aufgrund der schwachen Finanzmärkte enthalten. Von welchen Erfolgszahlen gehen Sie in diesem Jahr aus?
Die Erträge aus der Registrierungstätigkeit machen einen signifikanten Anteil der Einnahmen aus. Der SWITCH zustehende Gewinn aus diesen Erträgen ist vertraglich mit dem Bakom geregelt. Die Preise für die Domain-Namen sind vom Bakom verfügt. Dabei wird dem erwarteten Wachstum so Rechnung getragen, dass Aufwand und vertraglicher Gewinn mit den Einnahmen gedeckt sind.
Die finanzielle Strategie von SWITCH zielt auf eine hohe Eigenkapitalbasis ab, die es ermöglicht, kurzfristig und schnell auf neue Bedürfnisse der Schweizer Hochschulen zu reagieren und diese zu befriedigen. Die nachhaltige Kapitalstruktur ist deshalb eine solide Grundlage für die langfristige Sicherstellung der angebotenen Dienstleistungen und die anhaltende Werterbringung gegenüber den Hochschulen. Aufgrund der unerfreulichen Finanzmarktentwicklungen musste SWITCH letztes Jahr einen Nettobuchverlust von 2.8 Mio. hinnehmen. Langfristig erwartet SWITCH hingegen eine positive Entwicklung.
Per 15. Juli hat SWITCH das vom Bakom konzessionierte Geschäft klarer von den Dienstleistungen für Hochschulen getrennt. Für den Aussenstehenden ändert sich nur die URL von www.switch.ch auf www.nic.ch . Wie zeigt sich die Abgrenzung in der Realität?
NIC steht für «Network Information Centre». Diese Bezeichnung hat sich weltweit für Registrierungsstellen durchgesetzt. www.nic.ch war und ist eine Dienstleistung von SWITCH. Am 17. August 2009 haben wir zudem unsere von Grund auf überarbeiteten Websites im neuen Corporate Design aufgeschalten.
«SWITCH hatte schon immer eine liberale Policy für die Vergabe von Domain-Namen. Die Schweiz hat, wie Sie korrekt feststellen, eine der höchsten Domain-Namen-Dichten der Welt.»
Zwischen Ende 2000 und Mitte 2009 haben sich die registrierten CH- und Li-Domains um 282% auf über 1,3 Mio erhöht. Das Verhältnis Einwohner der Schweiz zur registrierten Domain beträgt 5.85. Somit besitzt rund jeder sechste Einwohner der Schweiz eine Domain. Trotzdem dürfte es kaum mehr als 500.000 CH- und Li-Websites geben. Anderseits ist die Anzahl der geparkten CH- und Li-Domains im Vergleich zu anderen Top Level Domains sehr bescheiden. Wie erklären Sie diese Situation?
SWITCH hatte schon immer eine liberale Policy für die Vergabe von Domain-Namen. Die Schweiz hat, wie Sie korrekt feststellen, eine der höchsten Domain-Namen-Dichten der Welt. Im Gegensatz zu anderen Ländern können Sie bei uns auch einen Domain-Namen registrieren, wenn Sie noch keine Website haben. Oder wenn Sie nicht in der Schweiz ansässig sind. Weitere Faktoren sind a) der günstigere Preis. Im Vergleich mit europäischen Registrierungsstellen sind wir bei den günstigeren und b) die Mehrsprachigkeit, denn die Domain-Namen werden auch in Französisch, Italienisch oder Englisch registriert. Auf unserer Website www.domain-statistik.ch finden sich nebst dem Bestand auch die Domain-Namen-Dichte pro Gemeinde in absoluten Zahlen.
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Seit 2006 liegt wächst die Anzahl der neu registrierten Domains zwischen 17% und 19%. Dieser Umstand ist um so erstaunlicher, da kaum mehr vernünftige, sprich kurze, einfache und sinnvolle Domains mehr frei sind. Gibt es einen Trend der Namensfindung unter den gegebenen Voraussetzungen?
Ein klarer Trend sind Domain-Namen, die aus mehr als einem Wort zusammengesetzt sind und einen Bindestrich enthalten. Bereits 37% der Domain-Namen sind so aufgebaut. Zusätzlich zu den normalen Buchstaben können auch Zahlen, Umlaute und Akzente verwendet werden.
Mit der neu gegründeten switchplus ag will SWITCH unter anderem in den Hosting-Markt einsteigen. Gemäss Handelsregisterauszug bezwecken Sie den Verkauf und das Anbieten von Internetlösungen, insbesondere die Registrierung von Domainnamen, Betrieb von E-Mail, Hosting von Webseiten und den Softwarevertrieb. Ist Ihr Ziel die Aufweichung der Hosting Gebühren?
Nein, natürlich nicht. Unser Ziel ist, gute Dienstleistungen in der gewohnten SWITCH-Qualität zu fairen Preisen anzubieten.
Das Eintreten von switchplus ag im Hostingmarkt dürfte zu einem Preiskrieg, ähnlich bei der Liberalsierung des Telefonmarktes, in der Schweiz führen. Ergeben sich bei dieser Dienstleistung für SWITCH nicht Interessenkonflikte?
Im Gegenteil. Wir nutzen unser langjähriges Know-how, um den Kunden genau die Dienstleistungen anzubieten, die sie wünschen. Der Differenzierungsfaktor kann dabei nicht der Preis sein.
Die Konzession von SWITCH wird in 2015 auslaufen. Gehen Sie von einer Erneuerung der Konzession für SWITCH aus oder wäre allenfalls eine Aufteilung des Marktes in mehrere Nationale Registrierungsstellen möglich?
Eine Aufteilung der nationalen Registrierungsstelle ist technisch nicht möglich. SWITCH hat gezeigt, dass sie diese anspruchsvolle Aufgabe in hoher Qualität und auf neustem, technologischen Stand erbringen kann. Falls gewünscht und falls die Rahmenbedingungen für SWITCH stimmen, werden wir diese Aufgabe selbstverständlich auch nach 2015 wahrnehmen.
Wird es eine Neuausschreibung für die neue Konzessionsvergabe geben?
Es handelt sich hier um eine Delegation für den Betrieb der Registrierungsstelle. Also keine Konzession wie zum Beispiel bei Radio-Frequenzen. Das BAKOM wird darüber entscheiden, wie es mit dieser Delegation weitergeht.
Welche Projekte sind in nächster Zeit von SWITCH zu erwarten?
Wir planen noch schnellere Internetverbindungen zwischen den Hochschulen in der Schweiz – mit bis zu 100 Gigabit pro Sekunde.
Im September findet in Davos und Nagoya gleichzeitig das World Resources Forum statt. Um CO2 Emissionen zu minimieren, fliegen die Teilnehmer nicht um die Welt, sondern nehmen an einer Telekonferenz teil. SWITCH liefert die dafür notwendige leistungsstarke Internetverbindung. Ausserdem wird SWITCH die Sicherheit im Internet mit Schulungen, Projekten und Dienstleistungen fördern.
Der Gesprächspartner
Seit 1994 ist Thomas Brunner Managing Director von SWITCH und für den Technologie-Einsatz sowie den Betrieb der SWITCH-Dienste zuständig. Bereits in den Anfängen von SWITCH war Thomas Brunner in die Planung, Weiterentwicklung und den Betrieb des Wissenschaftsnetzes involviert. 1988 trat er als Stv. Geschäftsführer in die neu gegründete Stiftung SWITCH ein. Er setzte sich vor allem mit Netzwerk-Protokollen auseinander und gehörte unter anderem zu den Pionieren in der Nutzung von Multiprotokoll-Routern. Thomas H. Brunner studierte an der ETH Zürich Mathematik und begann 1972 seine berufliche Karriere als Systemprogrammierer im Computerzentrum der ETH Zürich. Später war er – bis zu seinem Übertritt zu SWITCH – verantwortlich für die gesamte Datenkommunikation der ETH.
Das Unternehmen
Die Stiftung SWITCH betreibt seit 1987 das Schweizer Wissenschaftsnetz, das den Hochschulen den Zugang zur Informationsgesellschaft garantiert. Das Hochleistungs-Netzwerk verbindet Benutzer in der Schweiz und weltweit. Der Betrieb dieses Netzwerkes liefert SWITCH das notwendige Know-how und bildet die technologische Basis für den Betrieb der Registrierungsstelle für Domain-Namen unter .ch und .li.