Thomas Eichler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth: «Wir wollen die bisherigen Randgebiete – vor allem in Richtung Zürich – intensiver bearbeiten»

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Eichler, das beste Jahresergebnis in der 157-jährigen Geschichte, eine Steigerung des Jahresgewinnes um 25 Prozent auf 18,1 Millionen Franken. Während international tätige Banken von globalen Wachstumsentwicklungen, zum Beispiel in Asien, profitieren, müssen Sie Ihr Geschäft in engen regionalen Grenzen entwickeln. Wie kommt es dennoch zu einem solchen Wachstumsschub?


Thomas Eichler: Dazu trug im intensiven Wettbewerbsumfeld insbesondere die konsequente Weiterführung der seit 2002 verfolgten Strategie bei. Die grösste Regionalbank der Ostschweiz fokussiert sich auf den Vertrieb und die Betreuung ihrer Kunden; wo sinnvoll, arbeitet sie mit geeigneten Partnern zusammen. Beispielsweise kooperiert die Bank Linth im Anlagegeschäft eng mit Wegelin & Co. Privatbankiers. Ein wichtiger Faktor für das sehr erfreuliche Resultat ist auch das Outsourcing der gesamten IT an sehr professionelle Partner. Mit diesen Kooperationen legte die Bank die Basis für den Erfolg. Erreicht wurde das Spitzenergebnis durch die engagierte Arbeit der Mitarbeitenden.



«Die Nähe ist äusserst wertvoll für das Verständnis der individuellen Kundensituation. Sie darf aber nicht dazu führen, dass ein Geschäft «blindlings», aus Mitleid oder aus Gefälligkeit abgeschlossen wird.» Thomas Eichler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth


Sie sind in den Regionen des oberen Zürichsees, dem Linthgebiet, der Ausserschwyz und dem Sarganserlands präsent. Während die Region des oberen Zürichsees wirtschaftlich von der Entwicklung des Grossraumes Zürich profitiert, bewegen sich die anderen Regionen, wie der Kanton Glarus, wirtschaftlich in eher schwierigen Gefilden. Wo werden Sie im kommenden Jahr Ihren Entwicklungsschwerpunkt setzen und wo erwarten Sie das grösste Umsatzwachstum?


Es ist sicher richtig, dass in jeder Region eine unterschiedliche Wachstumsdynamik festgestellt werden kann. Aber alle Regionen bieten Potenzial. Es gilt einfach, die Marktbewegungen frühzeitig zu erkennen und in Chancen umzumünzen. Hier sind wir als in der Region verankerte Universalbank, welche den Kunden nah ist, sehr gut positioniert. Entsprechend setzen wir den Entwicklungsschwerpunkt nicht geografisch, sondern in der besseren «Chancenauswertung».


Mit ungefähr 11’500 Aktionären sind Sie in Ihrer Region stark verankert. Auch der Verwaltungsrat und die Mitarbeiter kommen vorwiegend aus der Region, wo Sie Ihre Geschäftstätigkeit haben. Eine zu grosse Nähe zu den Kunden kann auch eine hohe Risikobereitschaft mit sich bringen (wer verwehrt seinem Turnkollegen schon gerne den dringend benötigten Geschäftskredit). Wo sehen Sie die Chancen und Risiken der starken regionalen Verankerung?


Die Nähe ist äusserst wertvoll für das Verständnis der individuellen Kundensituation. Sie darf aber nicht dazu führen, dass ein Geschäft «blindlings», aus Mitleid oder aus Gefälligkeit abgeschlossen wird. Entsprechend haben wir beispielsweise das Vier-Augen-Prinzip konsequent umgesetzt. Das Risiko der Trägheit, also des Vertrauens darauf, dass der Kunden zur Bank kommt statt umgekehrt, hat sich in den letzten Jahren aufgrund des intensiven Wettbewerbsumfelds sozusagen von selbst erledigt.


Einer der Leitsprüche der Bank Linth lautet: «Wir wissen, wo wir zuhause sind». Mit dem guten Ergebnis und dem erfolgreichen Geschäftsmodell lockt aber auch die Ausdehnung auf angrenzende Regionen, vor allem in Richtung des prosperierenden Zürichseeufers. Planen Sie eine Ausdehnung in andere Regionen oder wie wollen Sie das rasante Wachstum weiter aufrecht erhalten?


Eine geografische Expansion ist nicht geplant. Allerdings wollen wir die bisherigen Randgebiete – vor allem in Richtung Zürich – intensiver bearbeiten. In erster Linie soll aber das Wachstum wie bereits erwähnt über die bessere «Chancenauswertung» erfolgen. Wir sind dank unserer strategischen Neupositionierung zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen, wenn auch nicht so rasant wie im letzten Jahr.


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Seit Beginn des neuen Jahrtausends betonen Sie in einer strategischen Neuausrichtung wieder die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit als Regionalbank. Im Sommer 2005 kündigten Sie die Zusammenarbeit mit der Bank Wegelin für den Anlagebereich und die Vermögensverwaltung im Private Banking an und holten sich mit Philipp Hüppi auch gleich einen neuen Verantwortlichen für diesen Bereich. Welche neuen Segmente konnten Sie sich dadurch erschliessen und wie hat sich die Zusammenarbeit schon auf die Jahresrechnung ausgewirkt?


Wir können noch keine konkreten Ergebnisse der Kooperation vorlegen. Wir wissen aber dank der Kundennähe, dass man sehr wohlwollend auf diese Zusammenarbeit regagiert hat. Entsprechend gehen wir davon aus, dass wir im Jahresabschluss 2006 eine positive Auswirkung kommentieren können.


Ihr Entscheid im Sommer 2003, aus dem RBA-Verbund auszusteigen und auf die neue Bankenplattform von Avaloq zu wechseln, hat einiges Kopfschütteln bei anderen Banken ausgelöst. In der Zwischenzeit haben andere Banken ähnliche Entscheide getroffen. Was hat Ihnen der Wechsel auf Avaloq konkret gebracht und wo sehen Sie noch Optimierungspotential?


Wir haben mit Avaloq deutlich an Flexibilität und an Stabilität gewonnen. Zudem steckt in der Bankenplattform das grosse Know-how hoch spezialisierter Banken, von dem wir profitieren können. Dieses Wissen wird laufend ausgebaut, weil sich auch Avaloq ständig weiter entwickelt. Gerade der Entscheid der Kantonalbanken von St. Gallen, Thurgau und Luzern löst einen grossen Innovationsschub im Retailbereich aus.


Auf Ende Mai 2006 wollen Sie noch einen Schritt weiter gehen und den gesamten Betrieb der Bankenplattform Avaloq, der dazu gehörenden Umsysteme, des Druckes und der Verpackung aller Bankbelege sowie des HelpDesks an T-Systems Schweiz übertragen. Während die Grossbanken immer noch auf die eigene Informatikabteilung und das damit verbundene interne Know-How setzen, scheinen Sie ein fast vollständiges Outsourcing anzustreben. Wo sehen Sie die Chancen und Risiken Ihres Ansatzes?


Wir gehen mit der Auslagerung des IT-Betriebs an T-Systems Schweiz nicht einen Schritt weiter. Das sogenannte Application Service Providing (ASP) wurde bis anhin von Telekurs Services im Auftrag der Bank Linth durchgeführt. Diese zieht sich nun aber aus diesem Geschäftsfeld zurück.


Was die Chancen und Risiken betrifft, so sind diese klar im Spannungsfeld zwischen der Individualisierung und der Standardisierung einerseits sowie der Flexibilität und der Standardisierung andererseits zu finden. Gerade darum ist es keineswegs so dass wir internes Know-how dafür opfern, im Gegenteil: Seit 1. Januar 2005 sind mit Dr. Kurt Mäder die komplexen Anliegen und Bedürfnisse des Ressorts «IT / Operations» wieder direkt in der Geschäftsleitung vertreten.


Die Kooperation mit der Bank Wegelin und mit T-Systems zeigen den Weg der Bank Linth exemplarisch: Vertriebsbank mit starker regionaler Verhaftung. Dazu haben Sie Kooperationen im Fonds- und Anlagebereich und sogar Ihre Lehrlinge werden von einem externen Partner ausgebildet. Welche weiteren Kooperationsmöglichkeiten evaluieren Sie zur Zeit und wo sehen Sie die Grenze, damit die Bank Linth nicht eine blosse Vertriebsorganisation fremder Produkte ist?


Zur Zeit sehen wir keine weiteren Möglichkeiten zum Abschluss bedeutender Kooperationen. Punktuell schliessen wir nicht aus, dass eine Zusammenarbeit zustande kommen kann. Insgesamt ziehen wir die Grenze klar bei der Kundenbetreuung und dem Vertrieb der Produkte und Dienstleistungen.


Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?


Ich wünsche mir persönlich Gesundheit für meine Familie und mich und geschäftlich möglichst viele zufriedene Kunden.





Zur Person
Thomas Eichler absolvierte ein Studium in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich, welches er 1981 mit dem Lizentiat abschloss.

Von 1982 bis 2000 war er bei der UBS AG tätig. Neben verschiedenen Funktionen im Firmenkundengeschäft war er von 1994 bis 1996 verantwortlich für die Tresoreriebelange der Region Schweiz, von 1996 bis 1999 Leiter des Produkt- und Prozessmanagements des Ressorts Kredite, Firmenkunden und Banken Schweiz und schliesslich wurde ihm 1999 die Leitung des interdisziplinären Projektes «KMU-Initiative Schweiz» übertragen.

Thomas Eichler ist seit dem 1. Januar 2001 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth. In dieser Funktion obliegen ihm die Gesamtleitung der Bank sowie das Ressort «Bankleitung». Dieses umfasst u. a. die Bereiche Controlling, Personal, Marketing & Kommunikation und Compliance. Er übt keine Verwaltungsratsmandate oder politischen Ämter aus.

Das Unternehmen
Die Bank Linth bietet Privat- und Firmenkunden das umfassende Angebot einer modernen Universalbank. Mit einer Bilanzsumme von CHF 3’685 Mio. (per 31.12.2005) ist sie die grösste Regionalbank der Ostschweiz. Im Geschäftsjahr 2005 erwirtschaftete die Bank mit 217.9 Mitarbeitenden (umgerechnet auf Vollzeitstellen) einen Reingewinn von CHF 18.1 Mio. Die Bank Linth betreut ihre Kunden zwischen Uetikon am See und Bad Ragaz in vier Wirtschaftsräumen mit insgesamt 22 Geschäftsstellen. 

Das börsenkotierte Unternehmen befindet sich im Besitz von mehr als 11’500 Aktionären, die überwiegend in der Region leben. Dieses breit gestreute Aktionariat dokumentiert die grosse Verankerung der Bank Linth in der Bevölkerung. Im Gegenzug pflegt die Bank Linth eine besonders enge Beziehung zu ihren Aktionären und zur Region.

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