Tim Talaat, CEO Looser Holding

von Patrick Gunti


Herr Talaat, die Looser Holding hat sich der Wirtschaftskrise im 1. Semester nicht entziehen können. Der Umsatz ging währungsbereinigt um 6,4 %, der Betriebsgewinn auf Stufe EBITA um 19 % und auf Stufe EBIT um 20 % zurück. Wie werten Sie das Resultat generell?


In Anbetracht des heutigen Umfelds und im Vergleich zu ähnlich gelagerten Industrieunternehmen, werte ich dieses Resultat als überdurchschnittlich. Wenn man die jüngsten ernüchternden Meldungen aus der weltweiten Wirtschaftspresse analysiert, muss ich feststellen, dass diese Zahlen eine respektable Leistung von allen Einheiten der Looser Holding darstellen. Mein Dank geht an unsere Kunden und Mitarbeitenden.


Wir werden uns nicht auf diesen Resultaten ausruhen. Wir haben eine anspruchsvolle 2. Jahreshälfte vor uns, die von uns denselben hohen Einsatz wie im ersten Semester abverlangen wird.


Besonders von der Krise betroffen war der Geschäftsbereich Temperierung (Single Gruppe), wo der Umsatz um 44 % weggebrochen ist. Trotzdem konnte ein positives operatives Ergebnis erreicht werden. Wie das?


Das ist in der Tat ein sehr gutes Resultat! Die Single ist ein gutes Beispiel einer Gesellschaft, die alle nicht zu ihren Kernkompetenzen gehörenden Aktivitäten an Vorlieferanten und Subunternehmen ausgelagert hat. Mit diesem Ansatz kann die Single auf kurzfristige aber auch strukturelle Marktänderungen schnell und flexibel reagieren. Zudem muss man an dieser Stelle erwähnen, dass gerade in diesen schwierigen Zeiten die Single Gruppe mit ihren motivierten und flexiblen Mitarbeitenden und ihrer Spitzentechnologie in der Temperier- und Kühltechnik hervorragend aufgestellt ist, um die speziellen Anforderungen ihrer Kunden zu erfüllen.


«Die Single ist ein gutes Beispiel einer Gesellschaft, die alle nicht zu ihren Kernkompetenzen gehörenden Aktivitäten an Vorlieferanten und Subunternehmen ausgelagert hat.»


Was kennzeichnete das Geschäft im Bereich Beschichtungen (FLH Gruppe), wo der Umsatzrückgang mit 8,9 % geringer ausfiel?


Im Geschäftsbereich  Beschichtungen fällt der Umsatzrückgang unter anderem auch  mit dem Lagerabbau seit Herbst 2008 unserer Kunden in den Bereichen Treffert Gruppe (industrielle Beschichtungen von Parkett, Laminat sowie Werkstoffplatten), Schekolin AG (Verpackungslacke), Industrielack Gruppe (ILAG: Antihaft- und technische Beschichtungen für Kochgeräte etc.) sowie Feycolor Gruppe (Industrielacke) zusammen. Während wir bei der Feyco AG (Holzbeschichtungen und Holzschutz Schweiz) hauptsächlich mit einem kalten Winter in den ersten Monaten dieses Jahres  kämpfen mussten. Ferner waren wir bei Treffert China speziell von dem durch die Finanzkrise verursachten Stillstand im amerikanischen Wohnungsbaumarkt hart betroffen. In der Zwischenzeit haben wir unsere Anstrengungen mehr auf den chinesischen Markt fokussiert mit dem Ziel, rund 50% unserer Umsätze im lokalen chinesischen Markt zu generieren.

ILAG hatte aufgrund der guten Positionierung mit ILAG China ein gute Umsatzentwicklung im ersten Semester. Die Nachfrage in China nach unseren Produkten hat sich wesentlich positiv entwickelt. Der Umsatz unserer Tochtergesellschaft in Shanghai wuchs im zweistelligen Bereich.


Eine gewisse Belebung spüren wir, allerdings auf tiefem Niveau. Wir beobachten, dass unsere Kunden kleinere aber häufiger Mengen bestellen, was eine höhere Flexibilität von unseren Einheiten sowie Mitarbeitenden abverlangt.


Weiterhin gut verläuft das Geschäft in den Bereichen Industrieleistungen und Türen, die weiter gewachsen sind. Was macht diese Bereiche krisenresistenter?


Die Bereiche Industriedienstleistungen und Türen haben sich in diesen Zeiten erfreulich entwickelt. Bei den Industriedienstleistungen (Condecta Gruppe) haben wir durch ein breit abgestütztes Produktangebot (Raumsysteme und Baugeräte) und eine hohe Flexibilität unseren Kunden in diesen schweren Zeiten geholfen. Unser Mietangebot ermöglicht es unseren Kunden anstatt Bargeld für Investitionsvorhaben die benötigten Güter zu mieten, die damit ihre Investitionsvorhaben trotz Rezession realisieren können. Ferner ist die Condecta Gruppe nur zu ca. 50% im klassischen Bau tätig. Innerhalb dieser 50% fällt zudem rund die Hälfte im Renovationsbereich an. Diese breite Ausrichtung hat es der Condecta Gruppe ermöglicht, flexibel auf die Kundenbedürfnisse einzugehen. Gleichzeitig haben wir uns mit dem Kauf von Mobi-Toil AG als einen Gesamtlösungsanbieter im Bereich Events in der gesamten Schweiz positioniert.


Im Geschäftsbereich Türen (Prüm Garant Gruppe) sind wir in den letzten 5 -6 Jahren in Deutschland mit einem im Schnitt um 4-5% schrumpfenden Markt konfrontiert. Gleichzeitig haben wir stets Marktanteile gewonnen, was die hervorragende Positionierung der Prüm Garant Gruppe unterstreicht. Mittlerweile ist die Prüm Garant Gruppe die Nr. 2 im deutschen Innentürenmarkt.


Wir haben stetig Marktanteile gewonnen, da wir eine gute Strategie definiert haben, die wir mit eiserner Disziplin und einem hervorragenden Mitarbeiterteam umsetzen. Die Strategie ist relativ einfach ? Wir wollen zum bevorzugten Lieferanten unserer Kunden aus dem Fach- und Baustoffhandel für Innentüren werden. Diese Positionierung erreichen wir durch exzellente Logistikleistungen, ein breites Produktsortiment sowie kontinuierlichen Investitionen in unsere Produktionswerke, Systeme und Mitarbeitenden. Die aktuelle Umsatzentwicklung zeigt uns, dass  wir mit unserer Strategie richtig liegen.


Wie beurteilen Sie die Aussichten für die zweite Jahreshälfte?


Wir bleiben verhalten optimistisch. Wir hoffen, dass sich die konjunkturelle Bodenbildung in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen  wird. Vor allem hoffen wir auf eine Belebung der Halbleiterindustrie, damit sich dieses Geschäftsfeld der Single Gruppe wieder positiv entwickelt.


Die EBITDA-Marge betrug im ersten Halbjahr 12,7 Prozent. Am mittelfristigen Ziel von 13 bis 15 Prozent bis 2012 halten Sie fest?


Sicherlich.


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Die Looser Holding hat Mitte Jahr die Kapitalerhöhung abgeschlossen. Für was wird der Mittelzufluss von 28 Mio. Franken verwendet ? allenfalls auch für Zukäufe wie zuletzt die Mobi-Toil AG?


Vorwiegend für die Rückzahlung von Fremdkapital und zur Erhöhung der finanziellen Flexibilität, die wir u. U. bei interessanten kleineren Arrondierungszukäufen für die bestehenden Bereiche einsetzen können. Mobi-Toil AG ist ein gutes Beispiel von dem was wir meinen, wenn wir von Arrondierungszukäufe sprechen.


Dank der Diversifizierung steht Looser auch in der Krise verhältnismässig gut da. Wäre unter diesem Aspekt eine weitere Sparte ein mögliches Ziel?


Nein, eine weitere Sparte steht zur Zeit nicht zur Diskussion. Momentan sind wir mit unseren vier Geschäftsfeldern gut aufgestellt. Daran halten wir zur Zeit fest. Wir sind jedoch laufend daran, diese vier Geschäftsfelder weiter zu fokussieren und zu optimieren.


Der Looser-Aktienkurs ist in den letzten Tagen wieder gestiegen. Trotzdem haben die Aktien in den letzten Monaten massiv an Wert verloren. Wo sehen Sie neben der allgemeinen wirtschaftlichen Talfahrt die Gründe?


Die Looser-Aktienkurs hat sich seit der Kapitalerhöhung recht gut entwickelt ? nämlich ca. + 30%. Es gab fünf Gründe, warum die Looser Aktie im letzten Jahr an Wert verloren hat ? nämlich Unklarheit über die Zusammensetzung der Konzernleitung, eine fehlende Titelliquidität, ein hoher Fremdkapitalanteil, Missverständnisse über die Goodwill-Positionen in unserer Bilanz sowie die Befürchtung, dass die Familie Looser zuviel Einfluss auf das operative und strategische Geschäft haben könnte.


Der Verwaltungsrat hat das Problem der Unklarheit über die Zusammensetzung der Konzernleitung u. A. mit meiner Anstellung gelöst. Mit der vollzogenen Kapitalerhöhung haben wir gleichzeitig unsere Fremdverschuldung auf ein wesentlich tieferes Niveau reduziert und gleichzeitig den «Free-Float» durch Gewinnung von neuen Investoren wesentlich erhöht. Zur Zeit beläuft sich dieser auf rund 48%. Das Thema Goodwill geht v.a. zurück auf die Akquisitionen der Prüm-Garant Gruppe sowie der Single Gruppe. Da das Eigenkapital von deutschen Firmen in der Regel aufgrund von steuerlichen Gesichtspunkten tief ist, entsteht Goodwill automatisch als die Differenz zwischen dem bezahlten Marktpreis und dem (tiefen) Eigenkapital. Wir haben heute keinen Anlass, auch in diesen schweren konjunkturellen Zeiten an der Werthaltigkeit unserer deutschen Firmen zu zweifeln. Die Familie Looser hat das Thema «Corporate Governance» erkannt und mit einer bewundernswerten Geschwindigkeit gelöst. Heute setzt sich der Verwaltungsrat aus vier unabhängigen Personen sowie zwei Familienmitglieder zusammen. Ferner wollen wir in naher Zukunft eine vollständige Trennung zwischen der exekutiven und nicht-exekutiven Ebene erreichen.


«Nein, eine weitere Sparte steht zur Zeit nicht zur Diskussion. Momentan sind wir mit unseren vier Geschäftsfeldern gut aufgestellt. Daran halten wir zur Zeit fest.»


Beurteilen Sie den Geschäftsgang so, dass Sie weiterhin an der Einführung einer Dividende im kommenden Jahr festhalten?


Sofern wir ein ähnliches Resultat im zweiten Jahreshälfte wie in der ersten Jahreshälfte liefern können, halten wir an unseren Absichten über die Einführung einer Dividende im kommenden Jahr fest.


Sie haben Ihr Amt Anfangs Jahr in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation angetreten. Was haben Sie als Erstes in Angriff genommen und welche Ziele haben Sie sich gesteckt?


Als erstes mussten wir das Resultat für 2009 sichern in dem wir unsere Kostensenkungsmassnahmen, die im übrigen bereits im Herbst 2008 eingeführt wurden, umgesetzt haben. Als zweites mussten wir die Bilanz auf eine gesunde Basis stellen. Mit der erwähnten Kapitalerhöhung ist dies erfolgreich gelungen. Ab diesem Sommer haben wir mit der Analyse und Umsetzung von einigen  wichtigen operativen Themen begonnen wie beispielsweise die Optimierung der bestehenden Organisation im Konzern, die mittelfristigen operativen Massnahmen zur Steigerung der Margen in unseren Geschäftsfeldern sowie die Review der strategischen Ausrichtung aller unserer Einheiten.


Die langfristigen Ziele bleiben jedoch grundsätzlich dieselben:


– Starke strategische Positionierung unserer Einheiten in den von uns gewählten Nischen
– Erhöhung des Eigenfinanzierungsgrades durch gute operative Leistungen
– Weitere Reduktion der Verschuldung
– Eine mittelfristige operative Marge ? EBITDA ? von 13 ? 15%
– Eine mittelfristige Rendite auf dem eingesetzte Kapital ? ROIC ? von grösser als 15%


Herr Talaat, besten Dank für das Interview.





Zur Person:
Tim Talaat (48) ist schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger, diplomierter Ingenieur und IMD MBA. Er ist seit Januar dieses Jahr CEO der Looser Holding. Zuvor war er als Managing Partner bei der Swiss Industrial Finance AG tätig. Davor war er CEO der SR Technics Switzerland, wo er massgeblich an der Rettung der SR Technics beteiligt war nach dem Grounding der Swissair Group. Ferner leitete er die internationale Expansion der SR Technics Group und deren Positionierung als führende unabhängige Anbieterin von technischen Gesamtleistungen für die Aviatik Branche.


Tim Talaat ist seit 1994 Mitglied des Verwaltungsrates der CPH Chemie + Papier Holding, die in den Bereichen Feinchemie, Zeolithenchemie, Papierherstellung und pharmazeutische Verpackung tätig ist.


Talaat verfügt über breit gefächerte internationale Erfahrung in den produzierenden und dienstleistenden Industrien. Während seiner erfolgreichen 26-jährigen Karriere betätigte er sich in der Informationstechnologie-, elektrischen Maschinen-, und Flugzeugwartungsbranche. Er bekleidete diverse Funktionen in den Bereichen Entwicklung, Fabrikation, Marketing und Verkauf, Geschäftsleitung und Unternehmungsführung.


Zur Looser Holding:
Die Looser Holding AG ist eine international tätige Industrieholdinggesellschaft mit Sitz in Arbon (CH). Die Unternehmensgruppe ist in den Geschäftsbereichen Beschichtungen, Temperierung, Industriedienstleistungen sowie Türen  tätig. Rund 1?600 Mitarbeitende sind in 22 operativen Gesellschaften in Europa,  Asien und den USA für die Gruppe tätig. Die Namenaktien der Looser Holding AG sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.

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