Tony Reis, VR-Präsident Metall Zug Gruppe: «Wir rechnen im Infection Control-Bereich mit zweistelligen Wachstumsraten»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Reis, obwohl die Metall-Zug-Gruppe recht erfolgreich ist, vernimmt man in der Öffentlichkeit nur sehr sporadisch etwas über das Unternehmen. Weshalb diese Zurückhaltung?


Tony Reis: Wir informieren offen und transparent über Halbjahres- und Jahresabschlüsse und natürlich auch über sämtliche im Rahmen der Ad-hoc-Publizität meldepflichtigen Ereignisse. Wir kommen auch wo immer möglich auf Anfragen für Gespräche mit Investoren und Analysten und Journalisten nach. Darüber hinaus betreiben wir aber keine Kurspflege, d.h. wir halten uns mit Road-Shows und der aktiven Suche nach neuen Investoren bewusst zurück.


Weshalb?


Wir sind sehr gut positioniert und wollen durch Resultate und Leistungen überzeugen und nicht durch Forecasts und Versprechungen.


Die Börse sieht es oft am liebsten, wenn sich ein Unternehmen auf seine Kernkompetenz konzentriert. Dem widerspricht die Metall-Zug-Gruppe, die aus V-Zug (Haushaltsapparate), Belimed (Anlagen zur Reinigung medizinischer Instrumente) sowie dem Immobilienbereich besteht. Werden Sie auch künftig an dieser Strategie festhalten?


Ja, wir werden an dieser Strategie festhalten. Darüber hinaus gibt es sogar Überlegungen, ein weiteres industrielles Standbein zu akquirieren. Das Argument, dass fokussierte Unternehmen bevorzugt werden, gilt ja nicht generell, wie Beispiele erfolgreicher Mischkonzerne wie GE beweisen.


Sie gehen also davon aus, dass Sie weiterhin erfolgreich sein werden?


Ja, es spricht eigentlich nichts dagegen. Wir waren bis jetzt wir erfolgreich und wir sind überzeugt, den Erfolg fortsetzen zu können. Mit unserer Strategie können wir beispielsweise Risiken gegenseitig ausbalancieren, wie sie durch unterschiedliche Märkte – nationale, internationale -, aber auch aufgrund unterschiedlicher Produktezyklen entstehen. Dadurch können wir eine gewisse Volatilität aus dem Geschäft zu nehmen.


In welchen Bereichen erwarten Sie in der nächsten Zeit Wachstum?


Im Bereich der Haushaltsapparate haben wir eine Internationalisierung eingeleitet und sind daran, unsere Aktivitäten über die Landesgrenze hinaus auszurichten. Dieses Wachstum, darüber sind wir uns schon im Klaren, erfolgt natürlich erst mittelfristig. Als zweiten klaren Wachstumsbereich haben wir den Infection Control-Bereich – dort rechnen wir in Zukunft mit zweistelligen Zuwachsraten.


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Weshalb sind Sie für den Bereich Infection Control so optimistisch?


Einerseits haben die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass die Gefahr von Infektionen weltweit zunimmt. Wir haben das gesehen, als die Vogelgrippe in Asien aufgetreten ist und nach Europa überschwappte. Dann hat auch die Bedeutung der Volksgesundheit für die Volkswirtschaft zugenommen. Weil wir entsprechende Produkte haben und zudem über eine grosse Erfahrung in diesem Bereich verfügen, sind wir ein gefragter Partner. Daraus ergeben sich starke Wachstumsmöglichkeiten.


Betreffend Wachstum: Sie haben den Immobilienbereich nicht erwähnt. Ist es demzufolge richtig, dass der Geschäftsbereich Immobilien wenig Möglichkeiten hat, im Bereich Zug/Bar zuzulegen?


Nein, das ist nicht so, denn wir prüfen verschiedene Investitionsobjekte. Das hat zur Folge, dass wir auch hier weiter investieren werden.


Sie haben in ein erstes Projekt mit Mietwohnungen investiert. Wollen Sie sich vermehrt in diesem Bereich engagieren?


Ja, zur Zeit sind die Landpreise für Zukäufe allerdings recht hoch. Wir arbeiten daher mit unserer MZ Immobilien AG an zwei Projekten, eines ist das Weidli in Baar, das andere der Haldenhof in Zug, wo wir eigene Landreserven bebauen.


Zum Entwicklungskonzept der Stadt Zug rund um den geplanten Stadttunnel: Wo liegen die Chancen, wo die Risiken für Immobilien der MZ-Immobilien AG?


Auf der Chancen-Seite sehen wir Folgendes: Eine bessere Erschliessung erhöht die Lebensqualität in den Quartieren und die Attraktivität der Stadt Zug allgemein. Dadurch werden die Liegenschaften aufgewertet. Die Risiken liegen für uns im Moment hauptsächlich in einer Planungsunsicherheit. Fragen zum «wann», «was», «wie» sind nach wie vor offen.


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Sie haben in Aussicht gestellt, dass die reichlich vorhandenen Mittel für Akquisitionen eingesetzt werden sollen. Aber einen Zeithorizont haben Sie hier noch nicht genannt?


Nein, den werden wir auch nicht nennen. In diesem Jahr haben wir einen systematischen Prozess zur Prüfung von Akquisitionsmöglichkeiten gestartet und wollen das professionell angehen. Auf der anderen Seite lassen wir uns nicht drängen und üben lieber Geduld, als dass wir irgendwie in eine falsche Investitionsentscheidung hineingehen. Zudem muss man sagen, dass viele für uns interessante Unternehmen zur Zeit zu hoch bewertet sind.


Aber die Metall Zug Gruppe ist finanziell gut dotiert. Da könnte doch eine Akquisition etwas im mehrstelligen Millionenbereich schon drinliegen, oder?


Richtig.


Dürfte der Biotech-Bereich für Akquisitionen interessant sein, wenn sich möglicherweise Synergien mit der Belimed ergäben?


Ja, bei Infection Control sind Akquisitionen nicht auszuschliessen. Erste Priorität haben für uns aber organisches Wachstum und operative Verbesserungen.


Welches sind andere Gebiete, in denen Akquisitionen in Frage kommen könnten?


Auf unserem Radarschirm suchen wir generell Industrie- und Servicefirmen mit einer guten Marktposition. In der Schweiz sind dies typischerweise KMUs, bei denen beispielsweise eine Nachfolgungsregelung ansteht oder bei denen Wachstumsschritte finanziert werden müssen. Die Firmen sollten aus der Schweiz oder aus dem angrenzenden Ausland geführt werden können und stark international ausgerichtet sein. Und idealerweise streben wir eine Mehrheitsbeteiligung oder eine vollständige Übernahme an.


99% der Schweizer Unternehmen sind KMUs mit weniger als 250 Beschäftigten. Da sollte es doch einige Chancen geben für Akquisitionen geben.


Ja, das stimmt. Es gibt aber gleichzeitig auch viele Unternehmen, die wie wir mit dem gleichen Fokus unterwegs sind.


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Die Familie Buhofer ist mit 52% Mehrheitsaktionär und daran wird sich vermutlich in nächster Zeit auch nichts ändern. Ist die Schaffung einer Einheitsaktie ein Thema?


Nein, es gibt keine Pläne zur Veränderung der Kapitalstruktur.


Welche Erwartungen haben Sie aufgrund der aktuellen Situation für Umsatz und Gewinn für das Gesamtjahr?


Wir gehen im Moment davon aus – vorausgesetzt es ereignet sich nichts Ausserordentliches – dass wir im 2006 den Vorjahreswert sowohl beim Umsatz als auch beim Betriebsergebnis übertreffen werden.


Herr Reis, Sie sind Jahrgang 1941 und als Verwaltungsratspräsident der Metall-Zug-Gruppe bis 2008 gewählt. Werden Sie darüber hinaus dieses Amt behalten, respektive besteht auch die Möglichkeit, dass Sie Ihr Amt früher zur Verfügung stellen könnten?


Ja, diese Möglichkeit besteht.







Zur Person
Der 1941 geborene Tony Reis ist Schweizer. Nach Wirtschaftsstudien in Luzern, Paris und London begann er seine berufliche Laufbahn im Marketingmanagement von IBM Schweiz. Nach Stationen in Brüssel und Paris, wo er Director of Operations von IBM Europe wurde, übernahm Reis 1990 den Vorsitz von IBM Schweiz. Als General Manager Country Operations kehrte er 1993 an den europäischen Hauptsitz von IBM nach Paris zurück. Vier Jahre später wechselte Reis zur Swisscom AG und war 1998 und 1999 deren Chief Executive Officer. Seit 1997 ist Tony Reis Mitglied des Verwaltungsrates der Metall-Zug-Gruppe, die er seit 2002 präsidiert.


Zum Unternehmen
Die Metall Zug Gruppe beschäftigt rund 2? 000 Mitarbeitende und erzielte 2005 einen Umsatz von CHF 543.6 Mio. Die Gruppe ist in den Bereichen Haushaltapparate, Infection Control und Immobilien aktiv. Die Holdinggesellschaft Metall Zug AG ist an der SWX Swiss Exchange im Segment Local Caps kotiert.

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