Da haben sich doch eben gerade Avanade und Accenture mit einer Umfrage gemeldet, gemäss der sich sich die Übereinstimmung zwischen Business-Zielen und IT-Abteilungen in letzter Zeit verbessert hat, da funkt schon A. T. Kearney mit einer anderen Umfrage dazwischen, die zeigt, dass es schon noch einen klaren «Röschtigraben» zwischen Business und IT gibt.
6% unrealisiertes Wachstum wegen IT?
Das internationale Beratungsunternehmen befragte allerdings nicht Schweizer CIOs, sondern europaweit Top-Manager aus den Bereichen Sales, Marketing und Unternehmensentwicklung, die für Unternehmen arbeiten, die mindestens eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr erzielen. Im Schnitt, so A. T. Kearney, schätzen die rund 65 Manager die sich daran beteiligten, dass ihre Unternehmen jährlich auf sechs Prozent Umsatzwachstum verzichten müssen, weil die unternehmenseigene IT den Geschäftsanforderungen nur unzureichend entspreche.
Sechs Prozent mögliches aber unrealisiertes Wachstum ist eine ganze Menge, und Michael Römer, Principal bei A.T. Kearney und Leiter der Studie rechnet auf unser nördliches Nachbarland bezogen vor: «Allein in Deutschland sprechen wir pro Jahr von einem nicht realisierten Umsatz von etwa 50 Milliarden Euro aufgrund mangelnder IT-Unterstützung.» Wichtig wäre es natürlich zu wissen, wie hoch oder besser gesagt wie realistisch die befragten nicht-IT-Manager den IT-Aufwand einschätzen, um diese sechs Prozent Umsatzwachstum möglich zu machen. Aus der uns vorliegenden Zusammenfassung der Studie ist nicht zu entnehmen, ob sie Probleme kritisieren, die möglicherweise relativ leicht auszubügeln wären, oder ob sie von einer unrealistischen «idealen IT-Welt» träumen.
Inkosistente Daten, lange Reaktionszeiten, fehlende Transparenz
Erklärt wird dafür, wo die Manager die Probleme der IT lokalisieren. Ihre wachstumshemmende Wirkung entfalten die IT-Probleme gemäss der Umfrage vor allem in den Bereichen Kundenkontakt / CRM, Pricing und Sales, sowie im Product Lifecycle Management. Die gravierendste Bremswirkung auf das Unternehmenswachstum sprechen sie dabei inkonsistenten Daten, zu langen Reaktionszeiten der IT und der fehlenden Transparenz über den konkreten wirtschaftlichen Nutzen der IT zu. Letzeres bewirkt zum Beispiel, dass es schwer ist, abzuschätzen, welche IT-Projekte wachstumsrelevanter wären als andere und darum prioritär behandelt werden sollten.
IT-Experten werden zu spät befragt
Gerade in dieser Beziehung nimmt die A. T. Kearney-Studie die IT-Abteilungen aber in Schutz: «Die Gründe dafür liegen nicht allein in den IT-Abteilungen», so Marcus Eul, Partner bei A.T. Kearney und Experte für strategisches IT-Management. «In den meisten Fällen sind die Anforderungen an die IT im Sinne der strategischen Unternehmensziele noch nicht ausreichend formuliert.» Eul bemängelt, dass viele Unternehmen schon gar nicht den Versuch unternehmen, den tatsächlichen Business-Nutzen eines Projekts abzuschätzen: «Am Ende eines IT-Projektes stellen sich zwar die meisten die Frage, ob das Projekt auch innerhalb des geplanten Zeit- und Budgetrahmens abgewickelt wurde», sagt Eul: «Doch lediglich jedes vierte Unternehmen evaluiert auch den tatsächlichen Mehrwert seiner IT-Projekte.» Dies, obwohl mehr als ein Drittel der Top-Manager angab, dass die fehlende Transparenz über den Mehrwert eines IT-Projektes eine Wachstumsbarriere darstelle.
IT-Abteilungen, so A. T. Kearney, werden bei strategischen Wachstumsprojekten oft auch zu spät miteinbezogen. In der Regel würden die IT-Verantwortlichen erst hinzugezogen, wenn die Planungsphase bereits abgeschlossen ist (33 Prozent) oder sogar erst dann, wenn es bereits «nur noch» um die Implementierung geht (19 Prozent). Lediglich 19 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass die IT bereits in der Strategiephase von Wachstumsprojekten miteinbezogen werde.
«Klare Defizite existieren bei der Festlegung der Verantwortlichkeit für das Design der Geschäftsprozesse. Einerseits hat die Geschäftsseite den Anspruch, ihre Prozesse zu definieren, zieht sich anderseits im Laufe einer Spezifikation jedoch zurück und überlässt die detaillierte Ausgestaltung der IT», sagt Holger Röder, ein weitere A. T. Kearney-Experte: «Für die Analyse des Nutzenbeitrags fehlen damit die erforderlichen Spezifikation für einen gemeinsamen Business Case zwischen Geschäft und IT.» (Inside-IT/mc)