UBS: Amtshilfegesuch über 4450 Konten mit den USA

Dies sieht das Abkommen zwischen der Schweiz und den USA vor, das den drohenden Konflikt zwischen den Rechtsordnungen der beiden Staaten beilegt, wie das EJPD mitteilt.

Keine einseitigen Massnahmen
Das Abkommen ist heute in Washington unterzeichnet worden und gleichentags in Kraft getreten. Demnach verzichten die USA auf einseitige Massnahmen zur Informationsbeschaffung, welche die schweizerische Rechtsordnung und Souveränität verletzen: Sie ziehen das vor dem zuständigen Gericht in Miami hängige Durchsetzungsbegehren im US-Zivilverfahren (sog. ,John-Doe-Summons»-Verfahren) gegen die UBS sofort zurück und verpflichten sich, kein weiteres Durchsetzungsbegehren zu stellen. Um eine steuerrechtliche Verfolgungsverjährung zu verhindern, bleibt das US-Zivilverfahren vorerst formell noch hängig. Es wird aber gestaffelt bis spätestens 370 Tage nach Unterzeichnung des Abkommens definitiv und vollständig zurückgezogen.


Bestimmtes Handlungsmuster im Visier
Die amerikanische Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) wird auf der Grundlage des geltenden bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ein neues Amtshilfegesuch an die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) übermitteln. Das neue Gesuch wird sich auf bestimmte Kriterien eines Handlungsmusters stützen, die es im Falle der UBS und im Rahmen des geltenden schweizerischen Rechts und der Gerichtspraxis erlauben, Fälle von ,Steuerbetrug und dergleichen» zu identifizieren. Unter dieses Muster fallen rund 4450 Konten. Die genauen Kriterien sind in einem Anhang zum Abkommen festgelegt. Der Anhang wird auf Wunsch der USA im Interesse einer erfolgreichen Durchführung des freiwilligen Offenlegungsprogramms des IRS (voluntary disclosure program) erst 90 Tage nach Inkrafttreten des Abkommens veröffentlicht.


Vereinbarung beinhaltet keine Busse
Die Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweiz und den USA enthält nach Darstellung der Bank keine Busse. Die Vereinbarung verpflichte die UBS zu keinerlei Zahlungen, heisst es in einer Medienmitteilung. Zudem regle sie alle strittigen Punkte im Zusammenhang mit den angeblichen Verstössen gegen das Qualified Intermediary Agreement (QIA) zwischen UBS und der IRS, die in der Anzeige der Nichterfüllung (Notice of Default) vom 15. Mai 2008 dargelegt wurden.


UBS ist der Mitteilung entsprechend verpflichtet, Informationen über Konten, die vom Gesuch betroffen sind, an die ESTV weiterzuleiten. Weiter muss die Bank die betroffenen US-Personen schriftlich informieren und sie auffordern, vom freiwilligen Offenlegungsprogramm der IRS (Voluntary Disclosure Practice) Gebrauch zu machen sowie die Bank anzuweisen, ihre Kontoinformationen und -unterlagen an die IRS zu übergeben. Die US-Regierung wird das «John Doe Summons» in Bezug auf alle Konten, die nicht vom Gesuch betroffen sind, bis spätestens 31. Dezember 2009 definitiv («with prejudice») zurückziehen. Voraussetzung dafür ist, dass UBS den bis zu diesem Zeitpunkt zu erfüllenden Verpflichtungen nachgekommen ist, heisst es weiter.


Schwere Steuerwiderhandlungen auch amtshilfefähig
Gemäss geltendem DBA umfasst der Begriff ,Steuerbetrug und dergleichen» nicht nur die klassischen betrügerischen Vorgehensweisen, bei denen zur Täuschung der Steuerbehörden Urkunden gefälscht oder Lügengebäude errichtet werden. Als amtshilfefähig gelten auch schwere Steuerwiderhandlungen, insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge. Nach geltendem Recht und jüngster Praxis des Bundesverwaltungsgerichts ist es ferner im Verhältnis zu den USA zulässig, Kontoinformationen auf dem Amtshilfeweg herauszugeben, auch wenn der IRS bei der Stellung des Gesuchs noch nicht den Namen der jeweiligen Bankkunden kennt.


Projektorganisation stellt beschleunigte Behandlung sicher
Die EStV wird das neue Amtshilfegesuch mit Hilfe einer Projektorganisation beschleunigt behandeln. Die Projektorganisation wird sich aus rund 30 Spezialisten eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens und rund 40 verwaltungsintern rekrutierten Juristen bzw. Steuerspezialisten zusammensetzen. Letzteren bleiben die hoheitlichen Kernaufgaben, insbesondere der Erlass der Schlussverfügungen, vorbehalten.


Die EStV muss gemäss Abkommen 90 Tage nach Eingang des Gesuchs in den ersten 500 Fällen und nach 360 Tagen in allen übrigen Fällen eine Schlussverfügung über die Herausgabe der verlangten Informationen erlassen. Die UBS muss ihrerseits die vom Amtshilfegesuch betroffenen Kontoinformationen bereitstellen und für die Behandlung durch die EStV aufbereiten, wozu sie sich in einer separaten Vereinbarung mit dem IRS verpflichtet hat. Der Rechtsschutz der betroffenen Personen bleibt gewahrt: Sie können die Schlussverfügungen der EStV beim Bundesverwaltungsgericht anfechten.


Regelmässige Konsultationen
Als vertrauensbildende Massnahme sieht das Abkommen eine vierteljährliche, gemeinsame Überwachung vor, um anstehende Probleme rechtzeitig zu erkennen und zu lösen. Jede der beiden Parteien kann zudem jederzeit zusätzliche Konsultationen über die Umsetzung, Auslegung oder Anwendung des Abkommens verlangen. Ferner können sofortige Konsultationen über angemessene Massnahmen verlangt werden, falls sich abzeichnet, dass eine Partei einer Verpflichtung nicht bzw. nicht rechtzeitig nachkommen kann. Sollten nach 370 Tagen die angestrebten Ziele signifikant verfehlt werden, können beide Parteien angemessene Massnahmen treffen, um das Gleichgewicht der vertraglichen Verpflichtungen wieder herzustellen. So könnte beispielsweise die US-Regierung den definitiven Rückzug des US-Zivilverfahrens hinauszögern.


Erleichterung bei Kaspar Villiger
«Diese Vereinbarung trägt zur Lösung eines der dringlichsten Probleme von UBS bei. Ich bin zuversichtlich, dass die Bank nun wieder zukunftsgerichtet arbeiten und durch solide Leistungen und erstklassigen Kundenservice ihre Reputation wiederherstellen kann», kommentiert UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger die Vereinbarung. Die UBS begrüsse die Tatsache, dass die Zielsetzungen der Vereinbarung betreffend Informationsaustausch im Rahmen der geltenden Gesetze und des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen den beiden Ländern erreicht werden können. (EJPD/UBS/mc/pg)

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