Dies sei die Verteidigungslinie von Alan Greenspan und Ben Bernanke, dem früheren und dem heutigen Chef der US-Notenbank gewesen: «Selbst wenn es eine Blase gäbe, könnten wir sie doch nicht erkennen. Deshalb muss sie erst platzen, und dann können wir uns um die Aufräumarbeiten kümmern» erklärte der 42-Jährige in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» vom Dienstag..»
Stabilitäts-Ziel in Vergessenheit geraten
Die Finanzkrise habe aber vor Augen geführt, dass die Aufräumarbeiten weitaus kostspieliger seien, als die Blase von vornherein einzudämmen, sagte Höfert. Bei den Zentralbanken sei das Ziel der Stabilität des Finanzsystems in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten. Deshalb sollten sich die Notenbanken auch anschauen, was auf den Märkten passiere. «Ist es zum Beispiel normal, wenn der US-Häusermarkt fünf bis zehn Jahre lang eine jährliche Preissteigerung von 15% verzeichnet? Kann man dies nicht auch als Inflation bezeichnen?», fragte Höfert.
Fehler der Ökonomen und Geschäftsbanken
Daneben gestand der UBS-Chefökonom Fehler der Ökonomenzunft und der Geschäftsbanken ein: Das, was die Finanzmarkttheorie in der Lehre voraussetze, die Effizienz der Märkte, habe sich als nicht relevant erwiesen. Die Ökonomen hätten mittlerweile gelernt, mit ihren Annahmen vorsichtiger zu sein. «Vieles haben wir als Annahmen vorausgesetzt, von dem wir nachher sagten, es ist so. Obwohl das nur eine Annahme war für Modelle , die schön aussehen sollten», sagte Höfert.
Risikoabschätzung muss überdacht werden
Auch die Geschäftsbanken hätten Fehler begangen. Die ganze Risikoabschätzung müsse neu überdacht werden. «Man hat aber in den letzten Jahrzehnten vermutlich zu viel dereguliert, was sich jetzt als Fehlentwicklung herausstellt», sagte Höfert. Die Banken würden sich nicht gegen neue Regeln wehren. Die Frage sei, wie man reguliere. «Was ich am meisten fürchte, das sind einzelstaatliche Regulierungen. Das bedeutet im Endeffekt, dass man Schlupflöcher schafft und einige Banken anders operieren können als andere», sagte Höfert.
«Jeder kämpft um seinen Finanzplatz»
Das sehe man bei den Gesprächen der Gruppe der grössten Industrie- und Schwellenländer G-20. «Jeder kommt mit nationalen Vorstellungen herein, und raus geht man mit überhaupt nichts. Jeder kämpft halt um seinen eigenen Finanzplatz», sagte Höfert. Auf diese Weise lasse sich kein stabileres und solideres internationales Finanzsystem schaffen. In der Schweiz könne es passieren, «dass wir uns hierzulande sehr gut regulieren, dass wir uns dadurch aber im internationalen Wettbewerb nicht mehr behaupten können», sagte Höfert. Denn ob es in den USA und Grossbritannien tatsächlich zu umfassenden Regulierungen komme, sei sehr fraglich.
Auswirkungen der Stützungmassnahmen unklar
Zudem sei die Kehrseite der Staatseingriffe zur Stützung der Wirtschaft die gewaltigen Schuldenberge. «Von den sich daraus ergebenden langfristigen Konsequenzen haben wir überhaupt keine Ahnung. Die Frage ist, ob wir mit den massiven staatlichen Interventionen (…) die Krise nicht einfach weiter in die Zukunft verschoben haben», sagte Höfert. (awp/mc/pg/17)