«Dieses Quasi-Experiment erlaubt auch den Rückschluss auf allgemeines menschliches Verhalten. Unsichere Beförderungschancen erhöhen die Motivation von Mitarbeitern in Unternehmen», berichtet Forschungsleiter Hannes Ullrich im pressetext-Interview.
165 Bundesliga-Fussballer unter der Lupe
Die Forscher analysierten die spielerische Leistung von insgesamt 165 Bundesliga-Fussballern aus zwölf Ländern in den Monaten vor Bekanntgabe der Nationalteams für die Fussball-Europameisterschaft (EM) 2008, die für eine Nominierung in Frage gekommen waren. Als Vergleich dazu dienten Daten zu 81 Spielern aus 33 Ländern ohne Chance auf eine EM-Teilnahme. Berücksichtigt wurden für die Auswertung Angaben zu erzielten Toren, zu gewonnenen Zweikämpfen und angenommenen Pässen.
Junge rennen mehr um den Ball
Wie gross die Chance auf die Aufnahme ins Nationalteam ist, bestimmt in hohem Mass die Leistung der Bundesliga-Spieler, so das Ergebnis der Erhebung. Bei den Spielern mit mittlerer Chance war der Einsatz grösser, erzielten sie doch in Beobachtungszeitraum durchschnittlich 27 Prozent mehr Torschüsse. Am deutlichsten war dieser Effekt bei jungen Fussballern, die plötzlich um 4,5 Ballkontakte mehr pro Spiel verzeichneten als gleichaltrige Spieler, die nicht am Nominierungswettbewerb teilnahmen. Ganz anders verhielten sich hingegen Spieler mit einem Fixplatz im Nationalteam, die eher durchschnittlich spielten und in Zweikämpfen sogar an Leistung nachliessen.
Sichere Nominierung biete kaum Anreize
«Besonders für Sportler, deren Nominierung ungewiss ist, lohnt es sich, Leistung am Platz zu zeigen und sich gegen ähnlich starke Gegner durchzusetzen. Sie haben die Nominierungsentscheidung weitgehend selbst in der Hand», kommentiert Ullrich das Ergebnis. Eine sichere Nominierung bedeute keine weitere Einflussnahme auf die Nominierung und biete somit kaum Anreize für überdurchschnittliche Anstrengung. «Viel eher halten sich diese Sportler zurück, um nicht durch eine Verletzung ihre Teilnahme zu gefährden.»
Studienergebnisse auf Berufssituationen übertragbar
Bedeutung haben diese Ergebnisse nicht nur im Sport, sondern auch in zahlreichen anderen Berufs- und Alltagssituationen. Ob die Chance auf Beförderung die Mitarbeitermotivation in Unternehmen hebt, hängt entscheidend von Beurteilung dieser Chancen durch den Mitarbeiter selbst ab. «Sehr sichere Karrierechancen sind ebenso wenig motivationssteigernd wie gar keine Chancen. Am besten ist die Leistung bei Mitarbeitern, die realistische, jedoch nicht zu hohe Erfolgschancen sehen», so Ullrich. Besonders junge Mitarbeiter, die noch einen langen Karriereweg vor sich haben, könnten sich durch Beförderungschancen motivieren lassen. (pte/mc/ps)