Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Bührer, Sie haben anfangs 2007 vom Kulm in Arosa ins Bellevue Palace nach Bern gewechselt. Hatten Sie genug von der Abgeschiedenheit der Bergwelt oder was waren die Gründe für den Wechsel.
Urs Bührer: Das Bellevue kann man als eine alte Liebe bezeichnen, eine emotionale Bindung. Denn vor über 20 Jahren hatte ich hier, direkt nach der Hotelfachschule, meine allererste Stelle als junger Hotelier angetreten. Anderseits gehört das Bellevue Palace zu den schönsten Hotels der Schweiz und ist, bedingt durch seine Stellung zum Bundeshaus, eine tolle und einmalige Herausforderung.
Bern und seine Einwohner gelten bei den übrigen Schweizern als eher etwas langsam und verschlafen. Wie nehmen Sie die Bundeshauptstadt und seine Bewohner wahr?
Ich habe die Berner als sehr liebenswürdig und «sympathisch-gemütlich» kennen gelernt. Werte, welche übrigens auch unsere Gäste schätzen.
Ein Wechsel in der Direktion bedeutet ja immer auch ein Wechsel von Konzepten, Zielen und Führungsstil. Was wollen Sie ändern im Bellevue Palace und wie möchten Sie diese Änderungen umsetzen?
Wir öffnen das Bellevue der Öffentlichkeit und positionieren das Haus als unkompliziertes «Palace»; wir pflegen Emotionen und Gastfreundschaft. Das Haus soll wieder Begegnungsort und Bühne für Politik, Wirtschaft und für unsere Berner Gäste werden. Ein erster Schritt dazu wurde mit der kürzlichen Renovation der Bellevue Bar vollzogen.
«Es ist absolut richtig, dass die Durchschnittspreise der gesamten Berner Hotellerie gegenüber dem nationalen Schnitt viel zu tief sind und wir aktiv Anstrengungen auf diesem Gebiet machen.» Urs Bührer, Direktor Hotel Bellevue Palace in Bern
Letztes Jahr wurde im Bellevue Palace noch ein Verlust erwirtschaftet (EBITDA von minus 0.67 Millionen CHF). Was sind die Ziele für dieses Jahr und wie sieht es für die Erreichung bis anhin aus?
Eben wurden die Halbjahres-Zahlen veröffentlicht und zeigen heute ein sehr optimistisches Bild. Mit einem EBITDA von plus 0.27 Millionen Franken sind wir auf bestem Weg, wirtschaftlich erfolgreich zu operieren.
Innerhalb der Victoria-Jungfrau Collection (Victoria-Jungfrau Interlaken, Palace Luzern, Eden au Lac Zürich, Bellevue Palace Bern) erwirtschafteten Sie 2007 bei signifikant weniger Logiernächten als das Palace Luzern (Palace: 49’000, Bellevue: 37’000) praktisch gleich viel Umsatz (Palace: 21.3 Millionen CHF, Bellevue: 20.6 Millionen CHF). Aus welchen Bereichen und zu welchen Anteilen setzt sich bei Ihnen dieser Umsatz zusammen?
Das Bellevue Palace ist sehr «Food & Beverage» lastig. Unseren diversen Event Räumlichkeiten sind Plattform für Anlässe jeder Couleur. Auch das à la carte Restaurant La Terrasse (mit der wohl schönsten Terrasse Berns) und die Bellevue Bar erfreuen sich einer immer grösseren Beliebtheit und tragen wesentlich zum starken Ergebnis bei.
Mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft («dem Bund») haben Sie eine ganz spezielle Besitzerin, die wahrscheinlich kaum viel Erfahrung und Wissen für den Betrieb eines Fünfstern-Hotels mitbringt. Wer vertritt Ihnen gegenüber die Besitzerin und welche Vorgaben haben Sie bezüglich Zielen und Geschäftsführung?
Die Eidgenossenschaft hat über die vergangenen Jahre das Haus sehr erfolgreich selber geführt und grosse Investitionen getätigt. Gegenüber der Besitzerin, welche nach wie vor der Bund ist, stehen wir in einem Pachtverhältnis. Selbstverständlich haben wir die moralische Verpflichtung das Hotel auf höchstem Niveau zu betreiben, so dass auch Gäste des Staates einen würdigen Rahmen vorfinden.
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Es fällt auf, dass die durchschnittlichen Zimmerpreise im Bellevue Palace mit 292 CHF sowohl in der Kategorie eines Fünfstern-Hotels als auch innerhalb der Victoria-Jungfrau Collection im letzten Jahr aussergewöhnlich tief waren. Ist das ein Geschenk des Bundes an seine Parlamentarier und werden diese Preise auch in diesem Jahr Bestand haben?
Es ist vielmehr Berner Bescheidenheit aber sicher kein Geschenk an die Parlamentarier. Es ist absolut richtig, dass die Durchschnittspreise der gesamten Berner Hotellerie gegenüber dem nationalen Schnitt viel zu tief sind und wir aktiv Anstrengungen auf diesem Gebiet machen. So konnte im ersten Halbjahr 2008 der durchschnittliche Zimmerpreis bereits um 20.2% auf CHF 334.05 angehoben werden, während das Produkt und die Leistung stimmen und in einem ausgezeichneten Verhältnis zum Preis stehen.
Der Bund benützt das Bellevue Palace gerne als Kulisse für die Aushandlung von Staatsverträgen, für die Beherbergung seiner Staatsgäste oder für wichtige offizielle Anlässe. Welchen Einfluss hat das auf die anderen Hotelgäste und wie setzt sich Ihr Gäste-Mix zusammen?
Wir sind grundsätzlich ein Hotel sowohl für Geschäftsreisende als auch für individuelle Gäste. Wir haben aber auch eine ausgezeichnete Beziehung zum Bund und zu den vielen Botschaften. Es ergibt sich daher von selbst, dass wir viele offizielle Delegationen unter dem Bellevue-Dach begrüssen dürfen. Grundsätzlich sind unsere anderen Gäste davon nicht betroffen, im Gegenteil, ein bisschen Glamour tut Bern gut!
«Leider ist die Hauptstadt der Schweiz auf dem internationalen Parkett unbekannt und grosse Anstrengungen im Destinations-Marketing sind nötig. Dies auf politischer, wirtschaftlicher und touristischer Ebene.»
Bedingt der hohe Anteil an nationalen und internationalen Politikern und Führungspersönlichkeiten spezielle Sicherheitsvorkehrungen und falls ja, sind diese auch für die anderen Gäste spürbar?
Sicherheit wird immer mit viel Diskretion behandelt. Auf jeden Fall kommen Hotelgäste und Führungspersönlichkeiten aber gut aneinander vorbei.
Die gerade sanft renovierte Bar ist wieder DER Treffpunkt für Politiker, Journalisten, Lobbyisten und Berner Persönlichkeiten aus allen Bereichen. Wie stellen Sie sicher, dass diese spürbar interessante Mischung nicht kippt und zum Beispiel nur noch Politiker sich in der Bar treffen?
Wie eingangs erwähnt spielt der lokale Gast eine sehr grosse Rolle, diese Durchmischung ist für das Ambiente wichtig. Das Bellevue versprüht heute spürbar mehr Lifestyle. Das Dekor der Bar wurde sanft modernisiert und mit einem trendigen Angebot bis Mitternacht sprechen wir Theater-, Kino- und Konzertbesucher an.
Was unter der Stadträtin Ursula Koch für Zürich galt («Zürich ist gebaut») gilt eigentlich auch für das denkmalgeschützte Bellevue Palace. Welche Möglichkeiten haben Sie noch, das Gebäude den Anforderungen anspruchsvoller Gäste anzupassen und welche konkreten Projekte sind in der Planung?
Ein Hotel unserer Klasse ist nie «fertig gebaut» und unterliegt ständig einem Erneuerungsprozess. Das Haus wurde vor gut 5 Jahren im Zimmerbereich komplett saniert und ist heute ein hervorragendes Produkt. Der gesamte Lobby- und Restaurations-Bereich erfährt jedoch demnächst eine neue Inszenierung.
Gerüchten zufolge gibt es einen geheimen, von hochrangigen Politikern häufig benutzten Zugang direkt vom Bundeshaus ins Bellevue Palace. Können Sie hier Licht ins Dunkel bringen?
Diskretion zählt zu unseren Stärken!
Das Bellevue Palace ist das einzige Fünfstern-Hotel in Bern. Während alle anderen grossen Schweizer Städte in dieser Kategorie ein sehr viel breiteres Angebot haben, sieht es in Bern nach der Schliessung des Hotels Schweizerhof nicht danach aus, als würde sich diese Situation in der nächsten Zeit ändern. Hat es in Bern keinen Platz für ein zweites Hotel der Spitzenkategorie und wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung Berns bezüglich der Spitzenhotellerie?
Tatsächlich sind wir mit den Zimmerkapazitäten bei Grossanlässen sehr knapp bemessen und eine Ausweitung im gesamten oberen Bereich, auch in der 4-Sterne Kategorie, wäre wünschenswert.
Nach gut eineinhalb Jahren im Bellevue Palace, wo sehen Sie die Stärken und Schwächen des Bellevue Palace, was möchten Sie unbedingt ändern für die nähere Zukunft?
Die Stärken und Schwächen liegen vielmehr am Standort. Bern und seine direkte Umgebung bieten heute ein sehr attraktives Angebot an Kunst, Kultur, Architektur und Event-Möglichkeiten. Leider ist die Hauptstadt der Schweiz auf dem internationalen Parkett unbekannt und grosse Anstrengungen im Destinations-Marketing sind nötig. Dies auf politischer, wirtschaftlicher und touristischer Ebene. Auch als Wirtschaftsstandort, mit seiner zentralen Lagen an der Sprachgrenze sowie seiner Nähe zur Eidgenössischen Verwaltung und den internationalen Vertretungen, haben wir grosses Potential.
Der Gesprächspartner:
Urs Büher
Direktor des Bellevue Palace in Bern
Geboren am 1. September 1961, verheiratet, 1 Kind
Ausbildung:
1981 – 1985 Ecole Hotelière Lausanne (EHL)
1978 – 1980 Handelsschule Juventus Schulen Zürich, Handelsdiplom
Werdegang:
Seit April 2007 Hotel BELLEVUE PALACE Bern, Direktion
1999 – 2007 Arosa Kulm Hotel & Alpin Spa, Direktion
1997 – 1999 Grand Hotel Park Gstaad, Vizedirektor und verantwortlich für Food & Beverage und Operations
1994 – 1997 Seiler’s Hotel Mont Cervin Zermatt, Vizedirektor und verantwortlich für Food & Beverage
1993 Hotel St. Gotthard Zürich, Beherbergungs-Direktor
1986 – 1993 Reid’s Palace Hotel Madeira, Portugal, Rooms Division Manager & Vizedirektor Direktor Verkauf & Marketing
1985 – 1986 Hotel BELLEVUE PALACE Bern, Sales Manager