Von André Schäppi
Moneycab: Herr Fischer: Das Stammhaus hat letzten Freitag die Quartalszahlen bekannt gegeben: Hewlett-Packard hat im abgelaufenen Quartal auf Grund milliardenschwerer Umstrukturierungskosten nicht einmal halb so viel verdient wie im Vorjahreszeitraum. Grund zur Beunruhigung?
Urs Fischer: Nein, überhaupt nicht. Denn wir haben die Erwartungen des Marktes sowohl was Umsatz als auch Betriebsergebnis anbelangt deutlich übertroffen. Der Markt hat auch entsprechend reagiert: Die Aktie ist gestiegen. Unsere Aktie ist übrigens seit Anfang Jahr die erfolgreichste im Dow Jones Industrial Average. Die Umstrukturierung kostet zwar, sie wird aber unsere Wettbewerbsposition nachhaltig verbessern. Der Finanzmarkt sieht es offensichtlich genau so.
Dell hat im dritten Quartal dieses Jahres in der Schweiz zum ersten Mal die Marktführerschaft im PC-Markt übernommen, und zwar sowohl bei Notebooks wie bei den Desktops, wie das Unternehmen gestützt auf Zahlen des Marktforschungsinstituts IDC mitteilte. Bisher hatte in der Schweiz HP den grössten Marktanteil bei Desktop-PCs. Hat sich HP zu wenig angestrengt?
Die Quartalszahlen sind immer mit Vorsicht zu geniessen, da sie durch einzelne grosse Abschlüsse stark beeinflusst werden können. Im Übrigen schielen wir nicht auf die Mitbewerber, sondern verfolgen konsequent unsere strategischen Wachstumsziele. Für den PC-Bereich lautet das: Wir wollen in allen Marktsegmenten ein profitables Wachstum erzielen. Das haben wir erreicht. Ausgebaut haben wir im Übrigen unsere marktführende Position bei den Industriestandard-Servern.
«Wir sind im Druckergeschäft in der Schweiz klarer Marktführer» Urs Fischer, CEO HP-Schweiz
Mit Tischcomputern machte der Konzern lediglich ein Prozent mehr Umsatz. Tiefe Preise, erodierende Margen: Mit Desktop-Computern lässt sich scheinbar kein Geld verdienen. IBM hat zum Beispiel seine PC-Sparte verkauft. Wann trennt sich HP davon?
Der Gewinntrend im PC-Geschäft ist bei HP seit mehreren Quartalen steigend, wir verdienen also sehr wohl Geld damit. Das PC-Geschäft nimmt eine wichtige Stellung ein in unserem Angebotsportfolio, auch sind PC für das Branding bedeutsam. Mark Hurd, Chief Executive Officer und Präsident von HP, hat im Übrigen in mehreren Interviews klar gemacht, dass ein Verkauf nicht ansteht.
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Gewinn und Marge der Druckersparte (IPG) gingen dagegen vor dem Hintergrund des anhaltenden Preiskampfes mit Dell und LEXMARK deutlich zurück. Die operative Marge sank von 16,6 auf 13,2 Prozent, der operative Gewinn von 1,1 Milliarden auf 896 Millionen Dollar. Während im Endverbrauchergeschäft 6 Prozent mehr abgesetzt wurden, stieg der Umsatz um 4 Prozent. Im Firmenkundengeschäft kletterte der Absatz um 16 Prozent, der Umsatz dagegen nur um 4 Prozent. Insgesamt erhöhten sich die Erlöse auf 6,8 Milliarden Dollar. Deckt sich dieses Bild mit der Entwicklung in der Schweiz?
Ich will die Entwicklung der einzelnen Sparten im Detail nicht kommentieren. Soviel ist klar: Wir sind im Druckergeschäft in der Schweiz klarer Marktführer und konnten im letzten Jahr gemäss Marktforscherin IDC Marktanteile dazu gewinnen. Dass auch im Druckergeschäft der Markt spielt und die Preise unter Druck sind, ist nur natürlich, und spornt uns an, noch innovativer zu werden.
Mark Hurd, der HP Vorstandschef, hat im Oktober gesagt, dass die Kosten runter sollten, aber am Vertrieb werde nicht gespart werde. Im September hat man allerdings den Abbau von 10 % der Belegschaft bekannt gegeben. Widersprüchliche Aussagen?
Unsere weltweite Restrukturierung hat zum Ziel, unsere Kostenstruktur und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wir haben immer betont, dass wir diese Restrukturierung so vornehmen wollen, dass die Kunden nicht negativ davon betroffen werden. Sondern ganz im Gegenteil: Unser Kunden können von vereinfachten Strukturen und Prozessen profitieren. Alle Massnahmen stehen unter diesem Aspekt.
Dell, HP und Gateway liegen bei der Kundenzufriedenheit weit hinter Apple. Das stellte der ACSI (American Consumer Satisfaction Index) Ende August fest. Hewlett-Packard ist um zwei Prozentpunkte gegenüber Vorjahr abgerutscht und bildet damit das Schlusslicht. Weiter wird festgestellt, dass die Kundenzufriedenheit seit der Fusion mit Compaq vor drei Jahren gesunken ist. Da drängt sich doch die Frage auf: Sind Kunden für HP Nebensache, sobald sie ihre Ware gekauft haben?
Ganz im Gegenteil: Kundenzufriedenheit ist für uns ausserordentlich wichtig, und wir arbeiten hart, damit unsere Kunden innovative Produkte und qualitativ hochstehende Dienstleistungen bekommen. Wir untersuchen die Kundenzufriedenheit weltweit und auch in der Schweiz systematisch, und zwar wesentlich breiter angelegt als die von Ihnen erwähnte Organisation. Für die Schweiz können wir feststellen: Seit dem Merger im Jahr 2002 konnten wir kontinuierlich und beschleunigt zulegen in der Kundenzufriedenheit. Wir werden alles daran setzen, dass wir diesen positiven Trend weiter verstärken. Konkret haben wir in der Schweiz einen Beirat aus Kundenvertretern gegründet, in dem wir unsere Pläne spiegeln lassen. Hier bekommen wir auch sehr offene und direkte Rückmeldungen.
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Dienstleistungen wie Outsourcing liegen im Trend und können schrumpfende Margen in anderen Bereichen auffangen. Da gehört HP zu den globalen «Big Six» (Accenture, ACS, CSC, EDS, HP und IBM). Wie ist HP im Vergleich mit den «grossen Fünf» Dienstleistern mit europäischen Wurzeln (Atos Origin, BT, Capgemini, Siemens Business Services und T-Systems) positioniert?
Als global tätiges Unternehmen mit starker lokaler Umsetzungskompetenz haben wir klare Vorteile. Die globale Präsenz ermöglicht es uns beispielsweise, weltweit tätige Kunden in jedem Land zu betreuen. Wir haben aber auch Vorteile, weil wir weltweit «Best Practices» austauschen und grenzüberschreitend Spezialisten und Spezialwissen vermitteln können. Das erachte ich als ganz entscheidende Vorteile in einer zunehmend globalisierten Welt.
Der Markt Schweiz im Bereich Outsourcing soll gemäss Schätzungen bis 2007 auf etwa 5 Milliarden Franken wachsen. Welchen Anteil am Kuchen will HP Schweiz und mit welchem Wachstum rechnen Sie jährlich für HP?
Der Vergleich mit dem Gesamtmarkt macht wenig Sinn, da wir nicht in allen Bereichen tätig sind. In den von uns adressierten Teilmärkten streben wir ein überdurchschnittliches und profitables Wachstum an.
Als die SBB die Aufträge für ihr IT-Outsourcing neu vergab, verlor HP den Auftrag für den Betrieb der SAP-Plattform an die Swisscom Tochter SCIS. Die SBB liess verlauten, man habe mit den neuen Verträgen neben wesentlich besseren IT-Leistungen auch einen besseren Preise als bisher aushandeln können. Sind die Preise der HP zu hoch und die Leistungen mittelmässig?
Falls die SBB das tatsächlich gesagt hat, dürfte sie sich kaum auf die SAP-Ausschreibung bezogen haben, denn unser Preis-/Leistungsverhältnis war unerreicht. Grundsätzlich ist zu sagen: Auch hier gibt der Markt die Antwort. Unsere Erfolge in den letzten zwölf Monaten zeigen deutlich, dass die Kunden unsere Produkte und Dienstleistungen ausserordentlich schätzen.
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Jüngst schloss der SCIS-Chef Michael Shipton nicht aus, dass man auch Outsourcing-Aufträge reinnehme, die weder kostendeckend noch gewinnbringend seien. Stört Sie ein derartiges Verhalten der Mitbewerber, die damit Marktanteile «kaufen» und die Preise nach unten treiben?
Ich kenne diese Aussagen nicht und will sie auch nicht kommentieren. Für uns ist wichtig, dass wir uns auf unsere Stärken konzentrieren. Als global tätiges Unternehmen mit einem einzigartigen Produktportfolio, einer seit Jahrzehnten starken Präsenz in der Schweiz mit hochzufriedenen Kunden können wir sehr zuversichtlich sein.
HP-Schweiz ist im Frühling in die negativen Schlagzeilen geraten. Es ging um den Missbrauch von Spezialpreisen für Grossprojekte. Offensichtlich hat man in der Vergangenheit bei Grossprojekten zusätzliche Maschinen zu Sonderpreisen bestellt, diese dann aber nicht den angegebenen Grosskunden geliefert, sondern über verschiedene Kanäle abgesetzt. Das führte auch zu strafrechtlichen Verfahren gegen ehemalige HP-Reseller. In welchem Stadium steht diese unerfreuliche Geschichte?
Die Schlagzeilen waren nicht negativ für HP ? sondern höchstens für die Reseller. Unser Vorgehen wurde im übrigen vom Markt sehr begrüsst: Es zeigt deutlich, dass wir eine klare Linie verfolgen und aufräumen, wo es notwendig ist. Das Verfahren ist noch hängig, ich will mich deshalb nicht dazu äussern.
Zur Person
Urs T. Fischer ist 49, verheiratet und hat zwei Söhne.
Er hat folgende Stationen durchlaufen:
1987?1998 General Manager Schweiz, Digital Equipment
1998?1999 Geschäftsleitungs-Mitglied bei Compaq
1999?2000 CEO Sunrisse
2001?2002 VR-Vorsitzender und CEO bei Ascom
2003?2004 Selbständig mit verschiedenen Mandaten
Seit 2004 General Manager und Vice Piesident HP Schweiz
Zum Unternehmen
Hewlett-Packard ist ein weltweit führender Anbieter von Produkten, Lösungen und Dienstleistungen im Bereich Informationstechnologie und Bildbearbeitung. Das Unternehmen bietet mehr als 20.000 Produkte an, die in der Wirtschaft, Wissenschaft, bei Behörden, in der Verwaltung sowie im Gesundheits- und im Bildungswesen eingesetzt werden. Die Bandbreite der Produkte reicht von Computern, Peripheriegeräten, Netzwerkprodukten und Software-Lösungen bis hin zu Taschenrechnern. 2004 erwirtschaftete der Konzern rund 80 Mrd. EUR und beschäftigte rund 150’000 Mitarbeiter. Der Computerhersteller beschäftigt in Europa 45.000 Mitarbeiter, davon 1400 Mitarbeiter in der Schweiz in den Regionen Zürich, Genf, Bern und Basel.