US-Finanzreform: Experten rechnen mit Entschärfung der «Lex Volcker»

Die von dem früheren US-Notenbank-Chef Paul Volcker ins Spiel gebrachte Neuregelung würde Banken mit Privatkundeneinlagen zwingen, auf einen Eigenhandel weitestgehend zu verzichten. 


Von zwingender Vorschrift zur «Kann-Regelung»?
Bell geht davon aus, dass aus der zwingenden Vorschrift eine «Kann-Regelung» wird. Dies würde bedeuten, dass die US-Notenbank einer in Schieflage geratenen Bank bei Bedarf vorschreiben kann, entweder den Eigenhandel einzuschränken oder das Privatkundengeschäft aufzugeben. Nach Bells Ansicht würde diese Drohung ausreichen, um den Appetit der Finanzinstitute auf allzu grosse Risiken zu dämpfen. Volcker hatte sich dafür eingesetzt, den Banken mit abgesicherten Privateinlagen zu verbieten, mehr als ihr Eigenkapital für den Eigenhandel mit Wertpapieren einzusetzen.


Ansehen der Banker «katastrophal schlecht»
Bell rechnet indes nicht mit einem vollständigen Verzicht auf die «Volcker-Regel». «Die Republikaner werden mit ihren Forderungen nicht so weit gehen, denn die Banker geniessen derzeit in der US-Bevölkerung ein katastrophal schlechtes Ansehen», sagte der frühere Professor der London School of Economics.


Aufsicht der Fed soll ausgeweitet werden  
Im Zuge der Finanzkrise waren neben den USA zahlreiche andere Länder gezwungen, grosse Banken mit Milliardensummen zu retten, um den vollständigen Zusammenbruch des Finanzwesens zu verhindern. Vielfach hatten sich Banken mit hochriskanten Wertpapieren verspekuliert und sahen keine Möglichkeit mehr, von anderen Banken Kredite zu bekommen. Solche systemrelevante Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Milliarden US-Dollar sollen künftig in den USA der Aufsicht durch die Federal Reserve unterstellt werden.


«Group of Thirty»
Den Kompromissentwurf des Gesetzes hatte der demokratische Vorsitzende des Bankenausschusses, Christopher Dodd, ausgearbeitet («Dodd Bill»). Die Regierung strebe eine Verabschiedung noch in diesem Jahr an, sagte Bell. Zahlreiche Beobachter in den USA hielten es auch für möglich, dass der Entwurf noch vor der Sommerpause Gesetz werde. Die 1978 gegründete «Group of Thirty» ist eine unabhängige Organisation aus namhaften Experten und Top-Bankern, die sich vor allem aus Zuwendungen grosser Banken finanziert. Die jetzt diskutierten Reformpläne hatte Volcker zunächst als Studie für die Organisation veröffentlicht. (awp/mc/ps/18)

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