US-Notenbank senkt Zins auf Rekordtief

Die Notenbank werde zudem alle zur Verfügung stehenden Mittel ergreifen, um wieder ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Preisstabilität zu erreichen. Der Zielsatz für Tagesgeld («Federal Funds Rate») werde auf eine Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozentpunkte verringert, teilte die Federal Reserve (Fed) mit. Das ist das tiefste Niveau seit der erstmaligen Festsetzung der «Fed Faunds Rate» im Jahr 1971. Volkswirte hatten überwiegend mit einer Zinssenkung auf 0,5 Prozentpunkte gerechnet. Zuvor hatte der Leitzins noch bei 1,0 Prozent gelegen. Zuletzt hatte die US-Notenbank den Leitzins am 29. Oktober reduziert – damals um 0,5 Prozentpunkte. Diese Entscheidung sei einstimmig gefallen. Zudem werde der Diskontsatz um 0,75 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent reduziert.


Wirtschaftlicher Ausblick hat sich weiter verschlechtert
Der wirtschaftliche Ausblick habe sich weiter verschlechtert, hiess es im Kommentar. Seit der letzten Sitzung hätten sich die Bedingungen am Arbeitsmarkt eingetrübt. Die jüngsten Daten signalisierten einen Rückgang der Konsumausgaben, der Investitionen und der Industrieproduktion. Die Spannungen an den Finanzmärkten hielten an und die Kreditbedingungen blieben verschärft.


Der Inflationsdruck ist laut Einschätzung der US-Notenbank hingegen stark zurückgegangen. Die fallenden Preise für Energie und andere Rohstoffe und die insgesamt schwächeren Aussichten für die Wirtschaft sprächen für einen weiteren Rückgang der Inflation in den kommenden Quartalen.


Zusätzliche Massnahmen zu Liquiditätsversorgung
Man werde die Wirtschaft und die Funktionsfähigkeit der Märkte durch weitere Offenmarktgeschäfte und andere Massnahmen unterstützen. Die US-Notenbank denke auch über den Kauf von langlaufenden Staatsanleihen nach. Zu Jahresbeginn 2009 werde die Fed zudem eine Faszilität auflegen, um die Kreditvergabe an private Haushalte und kleine Unternehmen zu erleichtern. Man sei bereit, den Ankauf von Schuldpapieren und Hypothekenpapieren weiter auszuweiten.


«Quantitative Easing»
Die US-Notenbank geht laut Commerzbank mit der jüngsten Leitzinssenkung zu einem geldpolitischen Kurs des «Quantitative Easing» über. «Im Communiqué signalisieren die Währungshüter einen unerwartet aggressiven Kurs der Zufuhr von Liquidität in die Wirtschaft», schrieb Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner in einer Studie. «In letzter Konsequenz heisst das, dass die Fed Geldpolitik jetzt über die Notenpresse betreibt.» Die Risiken eines Abgleitens der US-Wirtschaft in eine deflationäre Krise würden laut Weindensteiner als so hoch eingeschätzt, dass die Fed jetzt mit voller Kraft Liquidität in die Märkte pumpe und alle Rücksichten fallen lasse.


Unorthodox und kreativ
«Es handelt sich um einen sehr unorthodoxen und kreativen Schritt», sagte Michael Woolfolx, Devisenstratege bei The Bank of New York-Mellon. Jetzt könne die Bank nur noch mit «Quantitative Easing» reagieren. Hinzu komme das Stimmulierungspaket der US-Regierung zu Beginn des kommenden Jahres. Der Markt müsse die jüngste Entscheidung erst verdauen. Aber angesichts der aktuellen Lage sei es die beste Entscheidung für den US-Verbraucher und die Finanzmärkte.


Letztere reagierten heftig auf die Entscheidung der US-Notenbank. Der Eurokurs stieg über die Marke von 1,40 US-Dollar, nachdem er zuvor noch unter 1,38 Dollar notiert hatte. Auch die US-Staatsanleihen legten deutlich zu. Die US-Aktienmärkte kletterten nach der Zinsentscheidung ebenfalls kräftig nach oben. Am US-Aktienmarkt stieg der Dow Jones zeitweise auf 8.947 Punkte. Vor der Zinsentscheidung hatte er noch bei 8.733 Punkte gelegen. Zuletzt lag er bei 8.903,11 Punkten – ein Plus von 3,95 Prozent. (awp/mc/pg/35)

Exit mobile version