US-Notenbank will langfristige Staatsanleihen kaufen
Dies teilte der Offenmarktausschuss (FOMC) der Federal Reserve mit. Die US-Währungshüter um Fed-Chairman Ben Bernanke warnten, dass die Wirtschaft trotz des niedrigen Zinses vor einer anhaltenden Schrumpfung stehe.
Kurs der quantitativen Lockerung ausgeweitet
Die US-Notenbank hatte ihren Leitzins im Dezember 2008 auf ein historisches Tief gesenkt und sich damit von der klassischen Zinspolitik verabschiedet. Zusätzliche Impulse für die Wirtschaft können jetzt nur noch über eine Ausweitung der Geldmenge – eine sogenannte quantitative Lockerung – gesetzt werden. Dazu legte die Fed die entsprechenden Beschlüsse vor.
US-Staatsanleihen über 300 Mrd. Dollar
Wie es in dem Begleittext zur Zinsentscheidung hiess, wird sie in den nächsten sechs Monaten bis zu 300 Mrd USD an US-Staatsanleihen (Treasuries) mit längeren Laufzeiten kaufen. Darüber hinaus wurden weitere expansive Massnahmen beschlossen, so dass in den kommenden Monaten mehr als 1 Bill USD zusätzlich in das Finanzsystem gepumpt werden. Die Fed-Bilanz dürfte dann auf rund 3 Bill USD anwachsen.
Einstimmiger Entscheid
Alle Mitglieder des FOMC stimmten für die Ausweitung der quantitativen Lockerung und den unveränderten Leitzins. Ausserdem beschloss die Notenbank, den weniger wichtigen Diskontsatz weiter bei 0,50% zu belassen. Die New Yorker Fed, die als operativer Arm der US-Notenbank fungiert, kündigte an, schon in der nächsten Woche mit dem Kauf von Treasuries zu beginnen. Die Ankäufe werden sich den Angaben zufolge auf Papiere mit einer Laufzeit von zwei bis zehn Jahren konzentrieren und sowohl nominale als auch inflationsindexierte Papiere umfassen. Diese Offenmarktgeschäfte sollen zwei- bis dreimal pro Woche stattfinden.
«Ein riesiger Schritt vorwärts»
«Das ist ein riesiger Schritt vorwärts», kommentierte Ian Shepherdson, Chefökonom bei High Frequency Economics, die Absichten der Notenbank. «Wir waren seit einiger Zeit der Meinung, dass diese Massnahme unvermeidlich ist, haben aber nicht erwartet, sie schon in diesem Begleittext zu sehen.»
Düstere Perspektiven
Die US-Notenbank zeichnete indes ein düsteres Bild der Perspektiven: Der Arbeitsplatzabbau, die Kursverluste an den Börsen, der Wertverfall der Immobilien und die striktere Kreditvergabe lasteten auf der Verbraucherstimmung und den Konsumausgaben. Die US-Exporte seien eingebrochen und einige der wichtigsten Handelspartner steckten ebenfalls in einer Rezession. Trotz der kurzfristig schwachen Aussichten erwartet der Ausschuss aber, dass die expansiven Massnahmen der Geld- und Fiskalpolitik zu einer allmählichen Erholung der Wirtschaft führen.
Preisauftrieb dürfte gedämpft bleiben
Angesichts der Wirtschaftsschwäche im In- und Ausland dürfte der Preisauftrieb gedämpft bleiben, hiess es weiter. Es bestehe sogar das Risiko, dass die Inflation für einige Zeit unterhalb der Rate bleibe, die für ein nachhaltiges Wachstum der Wirtschaft und für eine längerfristige Preisstabilität förderlich ist. Unter diesem Umständen werde die US-Notenbank alle verfügbaren Mittel einsetzen, um eine wirtschaftliche Erholung zu fördern und die Preisstabilität zu sichern. Der niedrige Leitzins werde wahrscheinlich für einige Zeit auf einem aussergewöhnlich tiefen Niveau bleiben, erklärten die Währungshüter.
Kauf von hypothekenbesicherten Wertpapieren über 750 Mrd. Dollar
Um den Hypotheken- und Häusermarkt noch stärker zu unterstützen, will die US-Notenbank ihre Bilanz weiter verlängern und hypothekenbesicherte Wertpapiere für bis zu 750 Mrd USD kaufen, womit das Gesamtvolumen für derartige Käufe in diesem Jahr auf bis zu 1,25 Bill USD steigen könnte. Zudem werde das Volumen für Käufe von Freddie-Mac- und Fannie-Mae-Papieren auf bis zu 200 Mrd USD verdoppelt, erklärte die Fed. Darüber hinaus will sie das Sicherheitenspektrum für die Term Asset-Backed Securities Loan Facility (TALF) ausweiten, um die Kreditvergabe an private Haushalte und kleine Unternehmen anzukurbeln. Der Ausschuss kündigte schliesslich an, die Höhe und die Zusammensetzung der Fed-Bilanz im Lichte der Finanzmarktentwicklung weiterhin genau zu beobachten.
«Konjunkturelle Erholung längst nicht garantiert
James Knightley von ING Bank warnte davor, zu viel von den neuen Schritten zu erwarten. «Zwar sollten sich die Finanzierungskosten für die Unternehmen verringern, eine konjunkturelle Erholung ist damit aber noch längst nicht garantiert», sagte er. Die Stimmung in der Wirtschaft sei weiterhin sehr schlecht, damit seien jedoch die Anreize zum Investieren und Ausgeben gering, zeichnete Knightley ein pessimistisches Bild.
Fed besorgter als zum Ausdruck kommt
Harm Bandholz von UniCredit sagte, die neuen Massnahmen wiesen darauf hin, «dass die Fed wegen der wirtschaftlichen Lage sehr viel besorgter ist, als es in ihrem Statement zum Ausdruck kommt». Zudem zeigte er sich überrascht vom einstimmigen Votum: So habe es noch vor einigen Tagen deutliche Vorbehalte in der Fed – unter anderem von Fed-Chef Bernanke selbst – gegen den Kauf von Treasuries gegeben, betonte Bandholz. (awp/mc/pg/31)