US-Präsident George W. Bush habe das Gesetz kurz darauf unterzeichnet, berichtete der US-Nachrichtensender CNN. Bush begrüsste die Verabschiedung des Hilfspakets, warnte aber vor den weiter bestehenden «ernsten Herausforderungen» für die US- Wirtschaft. Die Welt wisse nun, «dass wir die Finanzmärkte stabilisieren und eine führende Rolle in der Weltwirtschaft behalten werden», sagte er.
Bush: «Mutig gehandelt»
«Wir haben mutig gehandelt, um zu verhindern, dass eine Krise der Wall Street … eine Krise unseres ganzen Landes wird.» Es werde jedoch «Zeit brauchen, bis dieses Gesetz sich richtig auf die Wirtschaft auswirkt.» Die Kosten für den Steuerzahler würden letztendlich deutlich niedriger liegen als die jetzt zur Disposition stehende Summe. Als Anhänger des freien Unternehmertums sei er kein Freund von staatlichen Interventionen in die Privatwirtschaft, betonte Bush. «In dieser Situation aber war es notwendig.»
Kontrollen für die US-Finanzwirtschaft
Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigte neue Kontrollen für die US-Finanzwirtschaft an. In mehreren Parlaments-Anhörungen müsse umgehend herausgefunden werden, wie die US-Finanzwirtschaft überhaupt in diese schwere Krise geraten konnte, sagte Pelosi kurz nach der Verabschiedung des Rettungsplans. «Wir glauben alle an die freie Marktwirtschaft», betonte die Demokratin, aber «unregulierte und nicht überwachte» Aktivitäten an der Wall Street hätten «ein Chaos produziert, … dass es künftig nicht mehr geben darf». Auch Bush betonte, dass nun Regierung und Kongress analysieren müssten, wie es zu der Krise kommen konnte und wie das künftig verhindert werden könne.
«Entscheidender Schritt»
Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, nannte die Verabschiedung des Hilfspakets «einen entscheidenden Schritt zur Stabilisierung unserer Finanzmärkte» und der Sicherstellung von Krediten für Hausbesitzer und Geschäftsleute. Der republikanische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, verteidigte das Massnahmenpaket: «Wir sind mitten in einer Finanzkrise… und wenn wir gar nichts tun, wird diese Krise wahrscheinlich schlimmer und wirft uns in eine wirtschaftliche Rezession, wir wir sie noch nie gesehen haben.»
«Zangengeburt»
Der Rettungsplan stiess bei Marktteilnehmern an der Frankfurter Börse auf ein verhaltenes Echo. «Das war eine Zangengeburt – wollen wir hoffen, dass sich das Kind nun gut entwickelt», sagte Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank. Das Hilfspaket für die US-Finanzbranche komme «viel zu spät», dennoch sei es gut, dass es nun verabschiedet wurde. Nun müsse der Vertrauensschaden ausgemerzt werden und die Umsetzung zügig vollzogen werden. Die Kurseinbussen der US-Börsen unmittelbar nach der Verabschiedung begründete Halver mit weiteren Problemen, die nun in den Griff zu kriegen seien: «Mittlerweile richteten sich die Augen auf den Arbeitsplatzabbau, die Rezession und die Verschlechterung der Stimmung bei Konsumenten und in der Industrie». Nach Aussage eines Frankfurter Aktienhändlers sind die Kurse den Ereignissen vorausgelaufen. Der Markt habe die Verabschiedung schon völlig eingepreist. «Alle haben gespannt gewartet und nun wird zum Wochenende klassisch abverkauft und Gewinne werden mitgenommen. Es ist immer noch eine kurzfristige, schlechte Lösung für ein langfristiges, gravierendes Problem.»
263 Parlamentarier dafür – 171 dagegen
Ein erster Entwurf des Finanz-Hilfspakets war am Montag im Abgeordnetenhaus hauptsächlich am Widerstand konservativer Parlamentarier gescheitert. Danach hatte der Senat die Initiative ergriffen und die Vorlage leicht ergänzt, um sie auch dem Abgeordnetenhaus akzeptabel zu machen. Am Freitag nun stimmten 263 Parlamentarier dafür, 171 dagegen. Beim ersten Votum am Montag hatten zwölf Stimmen für eine Billigung des Programms gefehlt. Der Senat verabschiedete es am Mittwoch mit 74 zu 25 Stimmen.
Vor Debakel gewarnt
Pelosi hatte zuvor gewarnt, es dürfe nicht erneut zu einem Debakel kommen wie am Montag, als das Scheitern des Plans im Repräsentantenhaus eine dramatische Talfahrt der Aktienkurse an der Wall Street und an anderen Finanzplätzen ausgelöst hatte. Auch Boehner rief dazu auf, dem Gesetz zuzustimmen, auch wenn es nicht perfekt sei: «Nichthandeln ist keine Option.» Bush hatte zuvor gewarnt, dass eine Untätigkeit ein Übergreifen der Kreditkrise auf alle Wirtschaftsbereiche mit Folgen für alle Bürger bringen werde.
«Notwendiges Übel»
In der Debatte vor der Abstimmung machte eine Reihe von Abgeordneten klar, dass sie dem Paket nur schweren Herzens zustimmen würden. Es sei kein gutes Gesetz, aber ein «notwendiges Übel», sagte der Abgeordnete David Dreier. Der Demokrat Charlie Rangel beklagte, das Parlament entscheide mit einer «an den Kopf gehaltenen Waffe».
Erste Tranche über 250 Milliarden Dollar
Das ursprünglich von Finanzminister Henry Paulson und Zentralbankchef Ben Bernanke vorgelegte Rettungspaket sieht im Kern vor, dass der Staat in Not geratenen Banken faule Kredite im Gesamtwert von bis zu 700 Milliarden Dollar abkauft. Damit soll erreicht werden, dass die Banken wieder Kredite an Unternehmer vergeben und dadurch der Wirtschaftskreislauf nicht unterbrochen wird. In einer ersten Tranche sollen 250 Milliarden Dollar an die Banken vergeben werden.
Aufsicht über Kreditübernahme
Entgegen ersten Vorschlägen ist im Programm auch eine parlamentarische Aufsicht über die Kreditübernahme vorgesehen. Zudem sollen Manager von Banken, denen geholfen wird, keine grosszügigen Abfindungen mehr erhalten. Auch ist vorgesehen, dass der Staat nach der Rettung einer Bank später an den Gewinnen beteiligt werden kann. Zu den Ergänzungen nach dem ersten Scheitern am Montag gehört ein verbesserter Schutz für Einlagen privater Anleger bis zu 250.000 Dollar. Zusätzlich wurden Steuererleichterungen in Höhe von insgesamt 100 Milliarden Dollar für Unternehmen und den Mittelstand aufgenommen. (awp/mc/ps)