US-Schluss: Schwach – Rezessionssorgen überschatten Rettungsplan

Damit kann US-Präsident George W. Bush das Gesetz unterzeichnen. Die Börsen drehten nach der Verabschiedung ins Minus. Im späten Handel seien Sorgen über die Wirtschaftsentwicklung und Rezessionsängste in den Vordergrund getreten, sagten Händler. Die jüngsten US-Konjunkturdaten fielen enttäuschend aus. So sank die Zahl der Beschäftigten in den USA im September so stark wie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr


Der Dow Jones Industrial schloss mit minus 1,50 Prozent auf 10.325,38 Zähler. Im Wochenvergleich fiel der Leitindex um rund sieben Prozent. Der marktbreite S&P-500-Index verlor 1,35 Prozent auf 1.099,23 Punkte. An der NASDAQ sank der Composite-Index um 1,48 Prozent auf 1.947,4 Zähler. Der NASDAQ 100 gab 1,36 Prozent auf 1.470,84 Punkte ab.


Händlern zufolge wurde die Verabschiedung des Hilfspakets von der Wall Street bereits erwartet. «Die Kurse sind den Ereignissen vorausgelaufen und der Markt hat die Verabschiedung schon völlig eingepreist», sagte ein Marktteilnehmer am Abend. «Alle haben gespannt gewartet und nun wird zum Wochenende klassisch abverkauft und Gewinne werden mitgenommen. Es ist immer noch eine kurzfristige, schlechte Lösung für ein langfristiges, gravierendes Problem.»


Nach Einschätzung des Marktstrategen Robert Halver von der Baader Bank kommt die staatliche Hilfe zu spät. «Das war eine Zangengeburt – wollen wir hoffen, dass sich das Kind nun gut entwickelt», sagte Halver. Das Hilfspaket für die US-Finanzbranche komme «viel zu spät», dennoch sei es gut, dass es nun verabschiedet wurde. Nun müsse der Vertrauensschaden ausgemerzt werden und die Umsetzung zügig vollzogen werden. Die Kurseinbussen der US-Börsen unmittelbar nach der Verabschiedung begründete Halver mit weiteren Problemen, die nun in den Griff zu kriegen seien: «Mittlerweile richteten sich die Augen auf den Arbeitsplatzabbau, die Rezession und die Verschlechterung der Stimmung bei Konsumenten und in der Industrie.›


In den USA ist die Zahl der Beschäftigten im September so stark wie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr gesunken. Ausserhalb der Landwirtschaft ging die Beschäftigtenzahl nach Angaben des Arbeitsministeriums um 159.000 zum Vormonat zurück. Dies ist der stärkste monatliche Beschäftigungsrückgang seit März 2003. Volkswirte hatten mit einem Rückgang um 100.000 Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote blieb unterdessen mit 6,1 Prozent wie erwartet stabil.


Um die angeschlagene viertgrösste US-Bank Wachovia ist ein dramatischer Übernahmekampf entbrannt. In einer spektakulären Wende sagte Wachovia am Freitag den erst zu Wochenbeginn verkündeten Notverkauf an den Finanzkonzern Citigroup ab und gab stattdessen eine Übernahme zu einem weit höheren Preis durch die US-Grossbank Wells Fargo bekannt. Die Citigroup sprach von Vertragsbruch und forderte die beiden Banken auf, das geplante Geschäft sofort abzusagen. Der Kurs von Wachovia schnellte um 58,82 Prozent auf 6,21 Dollar in die Höhe. Wells Fargo fielen um 1,71 Prozent auf 34,56 Dollar. Die Aktien der Citigroup brachen um 18,44 Prozent auf 18,35 Dollar ein und waren damit mit deutlichem Abstand der schwächste Wert im Dow Jones.


Auch sonst gaben Titel der Finanzbranche zum Teil deutlich nach. JPMorgan verloren 7,92 Prozent auf 45,90 Dollar. Bank of America fielen um 5,20 Prozent auf 34,48 Dollar. American Express gaben 3,95 Prozent auf 30,87 Dollar nach.


Angetrieben vom steigenden Ölpreis gewannen auch die Titel der Ölbranche zwischenzeitlich und profitierten damit indirekt von der Verabschiedung des US-Rettungsplans für die Finanzbranche. Bis Handelsende büssten sie ihre Gewinne aber überwiegend wieder ein. Nur ExxonMobil schlossen mit 0,57 Prozent im Plus auf 77,94 Dollar.


Papiere der angeschlagenen American International Group schlossen nach einem zwischenzeitlichen Kurssprung von bis zu 15 Prozent ebenfalls im Minus und schlossen 3,50 Prozent tiefer auf 3,86 Dollar. Der US-Versicherer will sich nicht vom Immobilien- und Schadengeschäft in seinem Heimatland trennen. Auch an den ausländischen Aktivitäten im allgemeinen Versicherungsgeschäft soll festgehalten werden, teilte das Unternehmen mit. Im Lebensversicherungsgeschäft ausserhalb der USA will das Unternehmen weiterhin ein «Eigentümerinteresse» behalten.


An der NASDAQ schickte ein umgehend dementierter Internet-Bericht über angebliche Herzprobleme von Apple-Chef Steve Jobs die Aktie des iPhone- und iPod-Herstellers auf Achterbahnfahrt. Das Papier fiel binnen weniger Minuten um 5,4 Prozent, nachdem es auf einer CNN-Website unter Berufung auf Insider hiess, Jobs sei mit Herzbeschwerden in ein Krankenhaus gebracht worden. Apple-Sprecher dementierten dies prompt in zahlreichen US-Medien, die Aktie ging wieder auf Erholungskurs. Die Aktie war mit 104,00 Dollar in den Handel gestartet, zwischenzeitlich bis auf knapp 94 Dollar abgerutscht und dann wieder deutlich gestiegen. Zum Handelsende sank der Kurs um 3,03 Prozent auf 97,07 Dollar.


Amgen-Aktien stiegen um 0,51 Prozent auf 58,89 Dollar. Im Patentrechtstreit zwischen der Roche Holding und dem weltgrössten Biotechnologiehersteller Amgen entschied ein US-Gericht zugunsten von Amgen. Das Bezirksgericht in Boston habe in einer schriftlichen Entscheidung die im vergangenen Herbst vorläufig erlassene Verfügung bestätigt, wonach das Anämie-Medikament Mircera von Roche gegen die Patente von Amgen verstosse, teilte A mgen mit. (awp/mc/ps/01)

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