US-Schluss: Sehr schwach nach Wahlsieg von Obama

Der Wahlausgang sei angesichts Obamas klarem Vorsprung in den Umfragen bereits in den Kursen eingepreist gewesen. «Nun ist wieder mehr der Alltag mit Finanzkrise und Rezession eingekehrt», sagte ein Händler auf dem New Yorker Parkett. Wohin die Reise an den für die weltweiten Aktienmärkte tonangebenden US-Börsen jetzt geht, hängt laut Experten vor allem von der Bewältigung der Krise ab.


Der Dow-Jones-Index fiel um 5,05 Prozent auf 9.139,27 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index verlor 5,27 Prozent auf 952,77 Zähler. Der NASDAQ Composite-Index fiel um 5,53 Prozent auf 1.681,64 Punkte. Der NASDAQ 100 verlor 5,69 Prozent auf 1.299,98 Zähler.


Am Dienstag hatte allein der Dow-Jones-Index mehr als 300 Punkte oder fast 3,3 Prozent gewonnen – mehr als an jedem anderen Wahltag der vergangenen knapp 25 Jahre. Die Börse habe vor allem das Ende des langen Wahlkampfs begrüsst, sagt Helaba-Marktstratege Markus Reinwand. Die Zeit der Lähmung unter Präsident George Bush sei nun vorüber. Viele Händler setzten zudem auf die Statistik: Im Schnitt legte die Börse in den Wochen nach der Wahl stets zu – noch stärker als ohnehin meist im November.


Wie die Wähler trauen auch viele Börsianer dem Demokraten Obama mehr als John McCain zu, die Konjunkturtalfahrt zumindest zu bremsen. «Obama ist Rezession. McCain ist Depression», warnte Börsenguru und TV-Star Jim Cramer kurz vor der Wahl. Zwar gelten Konservative gemeinhin als wirtschaftsfreundlicher. Doch unter Demokraten schlugen sich die US-Märkte im Schnitt besser als bei einem Republikaner im Weissen Haus.


Die Stimmung der Einkaufsmanager hatte sich im Dienstleistungssektor im Oktober stärker eingetrübt als befürchtet. Der entsprechende Index war von 50,2 Punkten im Vormonat auf 44,4 Punkte gesunken. Volkswirte hatten zuvor nur mit einem Rückgang auf 48,0 Punkte gerechnet. Auch die Beschäftigung im Privatsektor war im Oktober dem Arbeitsmarkt-Dienstleister Automatic Data Processing (ADP) zufolge weiter gesunken. Die Zahl der Beschäftigten fiel zum Vormonat um 142.000.


Vor allem Finanzwerte gaben deutlich nach. Citigroup fielen mit minus 13,96 Prozent auf 12,63 Dollar als schwächster Wert ans Ende des Dow Jones. Bank of America gaben als zweitschwächster Wert 11,33 Prozent auf 21,75 Dollar nach. Kein einziger Wert im Dow Jones ging mit Gewinnen aus dem Handel.


Laut Marktstrategen sorgen sich nach der Wahl von Obama die Ölkonzerne und wegen Obamas Plänen zur Gesundheitsreform auch klassische Pharmakonzerne um ihre Profite. Titel wie ExxonMobil und Chevron gaben im Einklang mit dem Gesamtmarkt knapp fünf Prozent nach; Pfizer und Merck & Co. verloren mit sechs und sieben Prozent etwas stärker als der Marktdurchschnitt.


Der US-Flugzeugbauer Boeing bekommt seine Probleme beim neuen Hoffnungsträger 787 «Dreamliner» nicht in den Griff und muss den bereits mehrfach verzögerten Erstflug erneut verschieben. Für den weiteren schweren Rückschlag sorgten fehlerhafte Nieten für den Flugzeugrumpf und ein eben beendeter zweimonatiger Mechaniker-Streik. Dem Rivalen des europäischen Airbus- Konzerns drohen nun zusätzliche milliardenschwere Umsatzausfälle sowie Strafzahlungen. Die Aktie zählte mit minus 6,90 Prozent auf 49,55 Dollar ebenfalls zu den besonders schwachen Titeln im Dow Jones.


Auch die Investoren von Google und Yahoo! kamen nicht zur Ruhe: Nach massiven Bedenken der Wettbewerbshüter hat der Internet-Konzern Google die geplante Werbe-Partnerschaft mit dem Konkurrenten Yahoo! platzen lassen. Dem schwer unter Druck stehenden Yahoo!-Konzern entgehen damit dringend benötigte neue Umsätze von mehreren hundert Millionen Dollar. Dafür kamen am Mittwoch wieder umgehend Spekulationen auf, Microsoft könne nun einen neuen Anlauf zur Übernahme von Yahoo! starten. Die Aktien von Yahoo! stiegen um 4,27 Prozent auf 13,92 Dollar. Microsoft verloren 6,16 Prozent auf 22,08 Dollar und Google büssten 6,73 Prozent auf 342,24 Dollar ein.


Der Medienkonzern Time Warner kürzte wegen der Schwäche im Verlagsgeschäft seine Prognosen für das Gesamtjahr. Im dritten Quartal war der Überschuss im Konzern von 1,09 auf 1,07 Milliarden Dollar gefallen. Der Umsatz stagnierte mit 11,7 Milliarden Dollar auf Vorjahresniveau. Der Gewinn je Aktie vor Sonderposten belief sich auf 31 Cent und übertraf die Schätzungen der Analysten. Die Aktie fiel um 6,28 Prozent auf 10,15 US-Dollar.


Der weltweit zweitgrösste PC-Hersteller Dell greift bei seinem Konzernumbau nochmals massiv zum Rotstift. Über den bereits erfolgten Abbau von zehn Prozent der Stellen hinaus will Dell nun noch mehr einsparen. Geplant seien unter anderem neue Abfindungsangebote sowie unbezahlte freie Tage, sagte ein Dell-Sprecher dem «Wall Street Journal». Die Aktie reagierte mit plus 1,24 Prozent auf 12,77 Dollar auf die Ankündigung.


Der grösste US-Anleiheversicherer MBIA meldete für das dritte Quartal einen operativen Verlust von 2,22 Dollar je Aktie. Die Aktie stürzte um 21,99 Prozent auf 8,16 Dollar ab. Aktien des Branchenkollegen AMBAC Financial brachen ebenfalls ein. Sie sackten um 40,88 Prozent auf 2,01 Dollar ab. AMBAC hatte den Verlust im dritten Quartal von 3,53 auf 8,45 Dollar ausgedehnt. (awp/mc/ps/01)

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