US-Schluss: Uneinheitlich nach frühen Kursgewinnen
Eine unerwartet gute Stimmung der amerikanischen Einkaufsmanager im Dienstleistungssektor und ein plötzlicher Kurssprung von Aktien der US-Investmentbank Lehman Brothers sorgten zunächst für Kauflaune. Im späten Handel warnte US-Notenbankchef Ben Bernake allerdings wieder vor steigenden Inflationsgefahren und sprach von einer starken Belastung der US-Wirtschaft durch den hohen Ölpreis. Dies führte laut Händlern zum späten Abrutschen der Kurse an den US-Börsen.
Der Dow Jones Industrial (DJIA) schloss mit einem Minus von 0,10 Prozent auf 12.390,48 Zählern, nachdem er im Handelsverlauf zeitweise bis knapp unter die Marke von 12.500 Punkten gestiegen war. Der marktbreite S&P-500-Index verlor 0,45 Prozent auf 1.377,20 Punkte. An der Technologiebörse NASDAQ legte der Composite-Index hingegen 0,91 Prozent auf 2.503,1 Zähler zu. Der NASDAQ 100 gewann 1,23 Prozent auf 2.021,45 Zähler.
US-Notenbankchef Ben Bernanke hatte sich kurz vor Handelsschluss in einer Rede erneut besorgt über die Preisentwicklung in den USA geäussert. Die Möglichkeit von weiter steigenden Inflationserwartungen sei für die amerikanische Notenbank (Fed) eine «signifikante Sorge». Die US-Wirtschaft leide derzeit ähnlich wie in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unter einem Ölpreis-Schock, allgemein steigenden Rohstoffpreisen und einem wachsenden Inflationsdruck, sagte Bernanke.
Die Aktien des US-Telekomkonzerns Verizon Communications rutschten nach einem Medienbericht über eine angebliche Milliarden-Übernahme 1,02 Prozent auf 36,98 Dollar ab. Nach Informationen des Fernsehsenders CNBC will Verizon den Mobilfunkanbieter Alltel für 27 Milliarden Dollar übernehmen. Beide Unternehmen wollten zu dem Bericht keinen Kommentar abgeben.
Besondere Aufmerksamkeit erregte auch die Aktie der US-Investmentbank Lehman Brothers mit einer rasanten Berg- und Talfahrt. Zum Handelsstart waren die Papiere nach einem Zeitungsbericht über die angebliche Suche nach einem strategischen Investor zeitweise noch auf ein Tagestief von 28,67 Dollar gerutscht. Im weiteren Handelsverlauf ist der Kurs der Lehman-Aktie dann aber schnell in die Gewinnzone gesprungen und erreichte ein Tageshoch von zeitweise 32,99 Dollar. Offenbar hätten die starken Kursverluste der vergangenen Handelstage plötzlich die Schnäppchenjäger auf den Plan gerufen, sagte ein Marktbeobachter. Am Ende gingen die Lehman-Papiere mit einem Plus von 2,58 Prozent bei 31,40 Dollar aus dem Handel.
Zu den Verlieren zählten hingegen die Aktien der Bank of America nach einem negativen Analystenkommentar mit einem Minus von 2,08 Prozent auf 31,99 Dollar. Experten der US-Investmentbank Merrill Lynch hatten vor Handelsbeginn das Kursziel für die Papiere gesenkt. Die Kreditverluste der Grossbank dürften in diesem Jahr weiter auf der Aktie lasten, schrieben die Analysten. Die Lage bei den amerikanischen Verbrauchern bleibe vor allem aufgrund der sinkenden Häuserpreise angespannt. Die Hypothekenfirma Countrywide Financial, deren Übernahme die Bank of America plant, könnte nach Einschätzung der Analysten Verlustrisiken von bis zu zehn bis zwölf Milliarden US-Dollar mit sich bringen.
Zu den grossen Gewinnern zählten wiederum die Aktien von American Express mit einem Plus von 3,00 Prozent auf 45,64 Dollar. Der US-Kreditkartenkonzern erwartet 2008 einen Gewinn je Aktie zwischen 3,51 Dollar und 3,61 Dollar. Analysten hatten zuvor im Durchschnitt nur mit einem Ergebnis von 3,32 Dollar je Anteilsschein gerechnet. Wegen der Krise an den Finanzmärkten hatte American Express noch im April vor sinkenden Gewinnen gewarnt.
Die Aktien des Internet-Konzerns Yahoo! profitierten laut Händlern von Aussagen des Grossaktionärs und Multimilliardärs Carl Icahn und gingen mit einem Plus von 2,68 Prozent auf 26,85 Dollar aus dem Handel. Icahn hatte sich zuvor vehement für ein Zusammengehen mit dem Softwarekonzern Microsoft ausgesprochen. Ein Zusammenschluss sei der einzige Weg zur Rettung von Yahoo, sagte er.
Einen wahren Kursrutscht gab es bei den Aktien von Ambac mit einem Minus von 17,00 Prozent auf 2,49 Dollar. Zeitweise rutschten die Papiere eines der weltgrössten Anleihenversicherer auf ein Allzeittief von 2,46 Dollar. Die Ratingagentur Moody’s hatte sich zuvor skeptisch über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens geäussert. Die Experten äusserten sich ähnlich auch zum Mitbewerber MBIA . Auch hier gab es am Ende einen massiven Einbruch um 15,84 Prozent auf 5,63 Dollar. (awp/mc/ps)