USA, EU, Indien und Brasilien suchen Lösung für «Doha»-Handelsrunde

Die vier grossen Handelsmächte sind am Dienstag in Potsdam zusammengekommen, um einen Kompromiss für die «Doha-Runde» zur weiteren Liberalisierung des Welthandels auszuloten. Das auf mehrere Tage angesetzte Treffen der Handelsminister der «G4» gilt als entscheidende Runde für ein neues Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) bis Jahresende.

Verlängerung bis Sonntag möglich
Notfalls soll das von der Öffentlichkeit abgeschirmte informelle Ministertreffen bis Sonntag verlängert werden. EU-Handelskommissar Peter Mandelson sagte vor den Gesprächen, das Treffen könne die «Doha-Runde» nicht abschliessen, aber es werde darüber entscheiden, ob die Handelsrunde abgeschlossen werden könne. Eine Annäherung der «G4» könnte Basis für Verhandlungen aller 150 WTO-Mitglieder sein.

Glos hofft auf Fortschritte
Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hofft auf Fortschritte. «Der Druck auf alle Beteiligten nimmt deutlich zu.» Die Blockierer sässen nicht in Europa. Es sei richtig, dass die EU parallel Verhandlungen über bilaterale Freihandelsabkommen mit Indien oder Korea aufnehme, um sich für ein mögliches Scheitern zu wappnen. Frankreich hatte vor dem Treffen vor weiteren Zugeständnissen der Europäer in den Welthandelsgesprächen gewarnt.

Problematik: Staatliche Exporthilfen für Agrarprodukte aus EU und USA
Die nach der Hauptstadt von Katar benannte «Doha-Runde» wurde 2001 gestartet und sollte ursprünglich schon 2004 abgeschlossen sein. Hauptstreitpunkt sind die massiven staatlichen Exporthilfen für Agrarprodukte aus Europa und den USA. Die Entwicklungsländer klagen, dass ihre Produkte gegen die hoch subventionierte Konkurrenz auf den Weltmärkten keine Chance hätten. Aber auch die EU und die USA untereinander konnten sich bisher auf keine Absenkung der Agrarsubventionen und Landwirtschaftszölle einigen. Die Industrieländer pochen darauf, dass Zölle für Industriegüter gesenkt und Märkte für Dienstleistungen in Schwellenländern geöffnet werden.

Hintergrund: Auslaufende Generalvollmacht von US-Präsident Bush
Hintergrund ist auch die auslaufende Generalvollmacht von US-Präsident George W. Bush zum Abschluss von Handelsabkommen. Ende Juni endet die vom US-Kongress der amerikanischen Regierung erteilte Vollmacht, Handelsabkommen nur als Ganzes zur Abstimmung vorzulegen. Wird die vor allem als «Fast-Track»-Abkommen bekannte Vollmacht nicht verlängert, hat der Kongress wieder das Recht, über alle Einzelheiten in Handelsverträgen gesondert abzustimmen. Im Kongress haben die Demokraten die Mehrheit, die dem Freihandel traditionell eher skeptisch gegenüberstehen. Ein in Pot sdam erzieltes Teilergebnis könnte es Bush erleichtern, eine Verlängerung der Vollmacht zu erhalten. Scheitern die Verhandlungen zur «Doha-Runde» endgültig, müssen Handelsfragen in unzähligen bilateralen und regionalen Abkommen der jeweiligen Handelspartner geregelt werden.

Fortschritte für Entwicklungsländer gefordert
Nicht-Regierungsorganisationen forderten die «G4» auf, echte Fortschritte für Entwicklungsländer zu vereinbaren beziehungsweise die «Doha-Runde» ganz zu stoppen. Oxfam erklärte, die armen Länder benötigten dringend fairere Handelsregeln. Das Ergebnis müsse am Ende dem Namen der laufenden «Doha-Entwicklungs-Runde» gerecht werden. Die Gefahr sei gross, dass die ärmsten Länder zur Akzeptanz eines Vertrages gedrängt werden, der nicht ihren Interessen entspreche. Die Organisationen «Gerechtigkeit Jetzt!», die Welthandelskampagne WEED und das Forum Umwelt und Entwicklung forderten einen endgültigen Stopp der «Doha-Runde». Bei exklusiven Treffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit würden die «Regeln der Reichen für die Weltwirtschaft festgelegt». Die EU und USA strebten in Potsdam einen «Deal zu Gunsten ihrer Industrie-, Dienstleistungs- und Agrarkonzerne» an. (awp/mc/ar)

Exit mobile version