An vierter Stelle firmieren die Cayman Islands, gefolgt von der City of London. Ein Team von Wissenschaftlern und Finanzexperten hat im Auftrag des Tax Justice Network untersucht, welche der 60 bekanntesten Steueroasen und Offshorezentren die grösste Verantwortung für die Intransparenz der globalen Finanzmärkte trifft. Herausgekommen ist eine internationale Rangliste der geheimniskrämerischsten Finanzdienstleistungsplätze. Sie alle begünstigten auf ihre Weise die Verheimlichung illegaler Finanzflüsse oder trügen so zur internationalen Steuerflucht bei, heisst es in einer Medienmitteilung von Alliance Sud und der Erklärung von Bern vom Sonntag. Den Entwicklungsländern entgingen durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung jedes Jahr Milliardenbeträge, die sie für die Armutsíbekämpfung einsetzen könnten.
OECD-Liste hinkt hinterher
Das Tax Justice Network, zu dessen Gründungsmitgliedern die entwicklungspolitischen Organisationen Alliance Sud und Erklärung von Bern gehören, zeigt mit dem neuen Index, dass nicht nur kleine exotische Inseln die internationale Steuerhinterziehung und die illegalen Finanzítransaktionen begünstigen. Das neue Messinstrument für Steuer- und Verdunkelungsoasen unterscheidet sich denn auch deutlich von den Befunden der OECD. Aus politischem Kalkül und weil sie keine souveränen Staaten sind, blieben Finanzplätze wie Delaware, Nevada und London von der schwarzen und grauen OECD-Liste ausgeschlossen, heisst es weiter.
«Aufforderung Hausaufgaben zu lösen»
«Die Schweiz sollte den Index als Aufforderung verstehen, sich international für mehr Transparenz der Finanzplätze einzusetzen und zugleich ihre Hausaufgaben zu lösen», wird Mark Herkenrath, Finanzexperte von Alliance Sud, der Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke, im Communiqué zitiert. Andreas Missbach von der Erklärung von Bern würden die Entwicklungsländer über jährliche Mehreinnahmen von 5,4 Milliarden Franken verfügen, wenn die in der Schweiz gelagerten privaten Steuerfluchtgelder ordentlich versteuert würden. «Das ist das Zweieinhalbfache der Schweizer Entwicklungshilfe», rechnet Missbach vor. (awp/mc/ps/02)