Die Antriebskräfte für die radikalen Veränderungen in der Versicherungsbranche sind demografische Perspektiven, neue gesetzliche Auflagen sowie wachsender Preis- und Konkurrenzdruck. Das geht aus einer Studie der Universität St. Gallen und des Beratungsunternehmens Accenture über die Perspektiven der Versicherer für die nächsten zehn Jahren hervor. Demnach driften die Geschäftsfelder von Lebensversicherung und Nichtlebensversicherung zunehmend auseinander. Bei den Lebensversicherungen wird die Beratung an Intensität zunehmen. Damit eröffnet sich aber auch ein weites Feld für unabhängige Makler.
Standardisierte Produkte und branchenfremde Vertriebswege
Bei den Nichtlebenversicherungen sind vermehrt standardisierte Produkte und alternative, auch branchenfremde, Vertriebswege gefragt. Dadurch gerät der klassische Aussendienst ins Abseits. Zudem werden die Risiken stärker als bisher selektioniert. «Das ist eine unmittelbare Gefährdung der Solidarität», sagte Guido Scherer, Partner Finanzdienstleistungen bei Accenture, am Montag in Zürich vor den Medien.
Altersvorsorge ist die grosse Herausforderung
In der Altersvorsorge stellen sich laut Studie die grössten Herausforderungen. 80% der befragten Führungskräfte von Versicherern in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich denken, dass dereinst für eine breite Bevölkerungsschicht die Vorsorge nicht ausreichend ist.
Wird sich der Staat aus der Vorsorge zurückziehen?
40% der Führungskräfte in der Schweiz erwarten zudem, dass sich der Staat aus der Vorsorge zurückziehen wird. Diese Einschätzung gebe zu denken, sagte Walter Ackermann, geschäftsführender Direktor des Institutes für Versicherungswirtschaft an der Universität St. Gallen. Die Versicherer rechnen damit, dass sie Tätigkeiten zunehmend an andere Unternehmen auslagern werden. Das bezieht sich nicht wie bis anhin vornehmlich auf Dienstleistungen etwa der Informationstechnologie. Auch Produkteentwicklung, Schadensabwicklung oder Beratung und Vertrieb könnten künftig ausgelagert werden.
Moment der Wahrheit steht noch bevor
Der Moment der Wahrheit stehe den Versicherern noch bevor, sagte Ackermann. Während über 100 Jahren sei die Branche durch und durch reguliert gewesen. Und in den vergangenen zehn Jahren der teilweisen Liberalisierung hätten die Unternehmen mit der Börsenentwicklung eine ausserordentliche Phase durchlebt.
Studie «Assekuranz 2015
An der Studie «Assekuranz 2015 – Retailmärkte im Umbruch» haben sich 392 Führungskräfte aus der Schweiz, Deutschland und Österreich beteiligt. Das entspricht einer Rücklaufquote von 21%. Gut die Hälfte der Antworten stammen aus der Schweiz. (awp/mc/gh)