Vom Rezeptoraufbau zu neuen Osteoporose-Medikamenten
Zürich – Forschende der Universität Zürich haben die dreidimensionale Struktur eines Rezeptors aufgeklärt, der die Freisetzung von Kalzium aus den Knochen kontrolliert. Der Rezeptor ist damit eines der wichtigsten Ziele für neue Medikamente, um Osteoporose zu behandeln. Dank dem nun bekannten Bauplan können Medikamente designt werden, die vielleicht sogar helfen, Knochen wieder aufzubauen.
In der Schweiz sind rund 400’000 Personen von Osteoporose betroffen, zumeist Frauen nach den Wechseljahren. Es ist eine stille Krankheit, denn der Knochenabbau geschieht langsam und schleichend über viele Jahre ohne merkliche Symptome. Kalzium wird vom Körper langsam aus den Knochen herausgelöst, die dann spröde werden und schliesslich brechen. Der Körper kontrolliert diesen Prozess durch ein Hormon, das Parathormon (PTH), und ein nahe verwandtes Peptid – ein Proteinfragment. Diese binden an den PTH-1-Rezeptor, der dem Körper mitteilt, entweder Kalzium aus dem Knochen herauszulösen oder neuen Knochen aufzubauen.
Enorm schwierig zu untersuchender Rezeptor
Andreas Plückthun, Professor am Biochemischen Institut der Universität Zürich (UZH), und seinem Team ist es gelungen, die dreidimensionale Struktur des PTH-1-Rezeptors bestimmen. Die im atomaren Detail aufgeklärte Struktur dient nun als Bauplan, um neue Medikamente zu entwickeln. Solche rezeptorbindenden Substanzen könnten die Osteoporose verlangsamen und vielleicht teilweise sogar wieder rückgängig machen. Die Strukturbestimmung war enorm schwierig, da die Zellen nur sehr geringe Mengen des Rezeptors herstellen, der zudem sehr instabil ist. «Die Methoden der gerichteten Evolution und des Protein Engineering, die wir über die letzten Jahre entwickelt haben, waren absolut entscheidend dafür», erklärt Plückthun.
Nachteile der aktuellen Osteoporose-Behandlung
Substanzen, die wie das natürliche Hormon und das verwandte Peptid aussehen, zählen zu den wirksamsten verfügbaren Behandlungsmethoden der schweren Osteoporose. «Doch diese sind extrem teuer, und müssen täglich in den Oberschenkel oder Bauch gespritzt werden. Zudem hat die Therapie grosse Nebenwirkungen», sagt Christoph Klenk, Mitautor der Studie. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass mit den neu gewonnenen Erkenntnissen über den Mechanismus dieses Rezeptors nun Medikamente entwickelt werden können ohne diese Nachteile. Der Rezeptor sei wie ein Schloss, und die Peptide seien die Schlüssel, die es drehen, beschreibt Plückthun. «Mit dem atomaren dreidimensionalen Bauplan, dargestellt auf dem Computer Bildschirm, haben wir jetzt einen beispiellosen Einblick, wie das Schloss eigentlich funktioniert.»
Relevant für eine ganze Klasse von Rezeptoren
Der PTH-1-Rezeptor gehört zur Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Dazu gehören insbesondere Rezeptoren, die andere Hormone binden – wie etwa jene, die Diabetes kontrollieren. Die Arbeiten der UZH-Forschenden bringen auch Licht in die Funktionsweise der ganzen Rezeptorfamilie. Denn so detailliert wie der PTH-1-Rezeptor wurde noch keiner dieser Rezeptoren entschlüsselt. Dadurch konnten die Wissenschaftler sowohl Ähnlichkeiten wie auch Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Klasse B-Rezeptoren beschreiben. «Mit dem Bauplan des Schlosses haben wir zwar noch keinen Schlüssel in der Hand. Aber nun ist es möglich, einen solchen zu bauen», sagt Andreas Plückthun. (UZH/mc/pg)