VP Bank Spotanalyse: China – wie 6.3% Wachstum auch enttäuschen können

VP Bank Spotanalyse: China – wie 6.3% Wachstum auch enttäuschen können
Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank. (Foto: VP Bank)

Die chinesische Wirtschaft wächst gegenüber dem Vorjahresquartal um 6.3%. Auf den ersten Blick sieht ein Wachstum von 6.3% herausragend gut aus, doch der gute Eindruck täuscht. Im Vorjahresquartal schrumpfte das BIP aufgrund von Corona-Beschränkungen und dem strauchelnden Immobiliensektor gegenüber dem 1. Quartal. Die Vergleichsbasis war also entsprechend nieder, so dass es für ein hohes Wachstum nicht viel bedurfte.

Von Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank

Im direkten Quartalsvergleich wuchs die chinesische Wirtschaft um 0.8%, was bereits eine Abkühlung markiert, denn im ersten Quartal waren es noch 2.2%. Und genau darin liegt auch die eigentlich Botschaft: Kaum hat die Nach-Corona-Erholung bekommen, scheint sie sich auch bereits wieder ihrem Ende zu nähern. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zwar sitzen die Chinesen auf einem hohen Berg von während der Pandemie angehäuften Ersparnissen, doch dies heisst nicht, dass dieses Geld auch ausgegeben wird. Der chinesische Konsum hat strukturelle Schwäche. Ausdruck dessen ist ein im internationalen Vergleich hohe Sparquote von über 30% des verfügbaren Einkommens. Geld wird für die Altersvorsorge zurückgelegt. Gleichzeitig schwächelt in Europa und in den USA der private Konsum. Die europäischen Konsumenten sparen unter anderem an Elektronik und Möbeln und damit an Gütern, die zu einem hohen Masse aus China kommen. Und die massiven staatlichen Eingriffe während der Corona-Pandemie haben Spuren bei Industrie und privaten Haushalten hinterlassen. Das Vertrauen in den Staat wurde beschädigt. Das räumt mittlerweile die chinesische Regierung selbst ein. Der chinesische Finanzminister Chinas Lou Jiwei wurde jüngst mit den Worten zitiert: «Die durch die Pandemie verursachte Narbenbildung ist relativ schwerwiegend.“ Und noch immer leiden Immobilienentwickler unter den Folgen des überhitzen Wohnungsmarktes.

Wer auf umfangreiche Staatshilfe setzt, dürfte enttäuscht werden. Die Bazooka packt die chinesische Regierung schon seit längerem nicht aus. Zuletzt war dies nach der Finanzmarktkrise 2008 der Fall. Die damals lancierten Infrastrukturmassnahmen gingen am Bedarf vorbei. Die chinesische Regierung möchte den gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Aufgrund des angekratzten Vertrauens in die Regierung ist es auch nicht so einfach, private Investitionen anzuschieben. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass die chinesische Staatsführung gezielte Programm im Bereich der erneuerbaren Energien oder den Kauf von E-Autos fördern wird. Das hilft, wird aber nicht zu deutlich höheren Wachstumsraten führen. Das chinesische Wachstum wird vermutlich noch längere Zeit schwach ausfallen. (Vp Bank/mc/hfu)


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