Volkswagen dürfte zu einem Tausch seiner Scania-Anteile in MAN-Papiere bereit sein, verlautete aus Branchenkreisen. Zusätzlich könnte der Wolfsburger Autobauer seine eigenen Lkw-Aktivitäten in Brasilien in den neuen Konzern einbringen und so zum massgeblichen Anteilseigner der neuen MAN/Scania-Gruppe aufsteigen, hiess es. Volkswagen wollte zu den Spekulationen keine Stellung nehmen. Das Scania-Management lehnt offenbar ein solches Dreierbündnis strikt ab.
VW Scania-Hauptaktionär
Der Maschinenbau- und Nutzfahrzeugkonzern MAN will durch eine milliardenschwere Übernahme des schwedischen Konkurrenten Scania zum grössten Hersteller von Lastwagen und Bussen in Europa aufrücken. MAN hatte am Mittwoch nach heftigen Spekulationen über die mögliche Lastwagen-Ehe das Interesse an Scania bestätigt. Es gebe eine überzeugende industrielle Logik für diese Kombination, erklärte MAN.
Volkswagen ist mit 34 Prozent der Stimmrechte und 18,7 Prozent des Kapitals ist Hauptaktionär von Scania. VW habe sich mit dem zweitgrössten Anteilseigner, der zur Wallenberg-Familie gehörenden Beteiligungsgesellschaft Investor, auf ein gemeinsames Vorgehen bei Scania verständigt, verlautete aus Branchenkreisen. Investor hält bei Scania gut 10,8 Prozent des Kapitals und 19,3 Prozent der Stimmrechte. Gemeinsam verfügen die beiden Unternehmen damit über die Stimmrechtsmehrheit. VW warte derzeit ab, wie sich Investor entscheide. Anders als VW dränge Investor auf eine Barzahlung für seine Anteile, hiess es.
Barofferte für kommende Woche erwartet
Mit einem offiziellen Kaufangebot von MAN für Scania wird für kommende Woche gerechnet. Laut einem Pressebericht will MAN dann 440 schwedische Kronen (47,61 Euro) je Scania-Aktie bieten. Am Donnerstagnachmittag notierte der Scania-Titel zuletzt bei 0,36 Prozent im Minus auf 420,50 Euro. Die Offerte werde sowohl in bar als auch in eigenen Aktien erfolgen, schrieb die «Financial Times Deutschland» unter Berufung auf Beteiligte des Fusionsprozesses. Die Stockholmer Wirtschaftszeitung «Dagens Industri» bezifferte den Kaufpre is am Donnerstag in ihrer Onlineausgabe mit 430 Kronen je Aktie. Insgesamt wird die Übernahme nach Analysteneinschätzung 9,5 bis 12 Milliarden Euro kosten. Ein Aktientausch von VW würde MAN helfen, die Transaktion zu finanzieren.
VW überdenkt Gesamtstrategie
VW muss dem Vernehmen nach aber zunächst über seine Gesamtstrategie entscheiden. Die Wolfsburger waren 2000 als Grossaktionär bei Scania eingestiegen. Aus einer angedachten gemeinsamen Entwicklung von schweren Lastwagen mit Scania wurde aber nichts. Das Management in Stockholm pochte auf seine Eigenständigkeit, VW mischte sich nicht ins operative Geschäft der Schweden ein. Das Engagement bei Scania blieb für Volkswagen eine reine Finanzbeteiligung. Eine aktuelle Zusammenarbeit auf operativer Seite gibt es derzeit nicht.
Scania-Chef gegen Dreier-Bündnis
E inem Pressebericht zufolge ist Scania-Chef Leif Östling strikt gegen ein Dreierbündnis von MAN, Scania und VW. Er wehre sich insbesondere gegen die Einbeziehung der brasilianischen VW-Fabrik, berichtete das Stockholmer Wirtschaftsblatt «Dagens Industri» am Donnerstag in seiner Onlineausgabe. Auch deshalb lehne Östling eine Übernahme seines Konzerns durch MAN ab. (awp/mc/pg)