VW wartet auch nach fünf Jahren auf schwarze Bentley-Zahlen

Von Hannes Boekhoff


Auf schwarze Zahlen aus der britischen Edelschmiede in Crewe müssen die Wolfsburger noch immer zwei bis drei Jahre warten, so die eigene Einschätzuung des VW-Konzerns. Doch die Luxus-Strategie des 2002 abgetretenen VW-Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piëch ist aus Konzernsicht ohnehin ein Langzeitprojekt, das der damalige Kontrahent Bernd Pischetsrieder nun weiter führen muss.

Preis «nicht nachvollziehbar»







 


Der Österreicher Piëch war vor fünf Jahren spät in den Übernahmepoker um die zum Verkauf stehenden Marken Rolls-Royce und Bentley eingestiegen. Für umgerechnt 1,15 Milliarden Franken erhielt er am 5. Juni 1998 den Zuschlag. Dieser Preis sei «nicht mehr nachvollziehbar» und «betriebswirtschaftlich nicht vertretbar», urteilte Piëchs damaliger Kontrahent, der damalige BMW-Vorstandsvorsitzende Pischetsrieder. Auch der VW-Betriebsrat grummelte immer wieder über die teure Expansion, trug aber neben dem Kaufpreis auch VW-Investitionen von rund 1,05 Milliarden Franken im Werk Crewe mit.

Für Pischetsrieder selbst hat sich der Deal später unverhofft ausgezahlt. Als er Piëch mit einem Ass im Ärmel für 100 Millionen Franken die Namensrechte an Rolls-Royce noch wegschnappte und ihm diese bis Anfang 2003 kostenlos auslieh, beeindruckte so viel Raffinesse den VW-Chef schwer. Der machte den Bayern nach dessen Rausschmiss bei BMW als Folge des Rover-Debakels zu seinem Nachfolger in Wolfsburg.

1400 Wagen verkauft
Doch so recht glücklich ist Pischetsrieder mit dem Luxus-Erbe nicht. Der deutsche VW-Phaeton verkauft sich nicht wie erhofft. Und statt der 1998 aus der Wolfsburger Zentrale forsch angekündigten bis zu 10.000 Bentley jährlich waren es 2002 noch weniger als 1.400.

Selbst mit dem neuen sportlichen Continental GT als erstem unter VW-Führung entstandenen Bentley-Modell werden es im kommenden Jahr nur rund 3.500 sein. «Wir bauen immer ein Auto weniger als nachgefragt wird», erklärt dazu der ehemalige Audi-Chef Franz-Josef Paefgen, der seit Frühjahr 2002 Bentley führt. Er erwartet schwarze Zahlen in zwei bis drei Jahren.

Verluste verbucht
Bisher hat Rolls-Royce/Bentley VW nicht nur den Kaufpreis gekostet. Laut VW-Geschäftsberichten schrieb die britische Tochter von 1998 bis 2000 rund 430 Millionen Euro Verluste vor Steuern und 2001 ein operatives Minus von 48 Millionen Euro. Für 2002 wurde innerhalb der neuen VW-Markengruppe kein eigenes Ergebnis mehr ausgewiesen.

Doch vor allem mit dem Continental GT (Preis: 110.000 Pfund oder 240.000 Franken) soll die Wende geschafft werden. Immerhin orakelte schon der damalige BMW-Chef Pischetsrieder 1998, es werde sich erst in zehn Jahren zeigen, ob sich die Fusionsmanie auszahlt. Für diesen Beweis hat er in Sachen Bentley noch fünf Jahre Zeit. (dpa/awp/mc/mad)





Bentley History
Walter Owen Bentley konstruierte 1919 ein eigenes Auto mit 3-Liter-Motor und vier Zylindern für Autorennen. 1921 begann er schliesslich Autos in Kleinserien zu bauen.

Durch Rennerfolge hatte die Firma Bentley bald einen guten Ruf. 1924 gewann ein Bentley die 24 Stunden von Le Mans, 1927 siegte ein Bentley beim Grossen Preis von Paris.

Mit den 8-Zylinder-Modellen wollte Bentley Rolls Royce Konkurrenz machen, bei Bentley wurde zu Beginn der 30er Jahre jedoch auch ein Sparmodell mit 4-Liter Motor und 6 Zylindern gebaut.

Im Juli 1931 musste die Firma Bentley Konkurs anmelden. Rolls Royce übernahm die Produktionsanlagen. Die Herstellung wurde bald nach der Übernahme vom Bentley-Werk Cricklewood (London) nach Derby verlegt. Die Bentley-Modelle wurden äusserlich und technisch den Rolls Royce angeglichen und sind seither kaum noch von diesen zu unterscheiden.

1998 wurde Bentley schliesslich vom Volkswagen Konzern übernommen.

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