von Patrick Gunti
Herr Kunz, ab 1. Juni müssen die Angebote der Reisebranche alle obligatorischen Zuschläge enthalten. Das Seco hat zusammen mit der Reisebranche die detailierten Richtlinien ausgearbeitet. Was gehört denn nun in den Gesamtpreis, und was nicht?
Grundsätzlich gehören alle Zuschläge, die vom Kunden nicht individuell gewählt werden können, in den Grundpreis. Konkret heisst das Folgendes: Treibstoffzuschläge und Flughafentaxen müssen im Grundpreis enthalten sein, während saisonale Zuschläge, Meersicht oder Halbpension nach wie vor gesondert ausgewiesen werden.
Die Nennung des Gesamtpreises beschränkt sich nicht auf einen Reisekatalog. Wo überall muss der letztliche Gesamtpreis überall genannt werden?
Eigentlich in jedem Werbe- und Verkaufsförderungsmedium wie Print, Radio, TV, Internet etc.
Wenn jetzt im Juli/August die neuen Kataloge für die Wintersaison erscheinen, müssen die neuen Richtlinien umgesetzt sein. Ein Katalog ist längerfristig gültig als ein Online-Angebot. Was passiert, wenn die Treibstoffpreise rasant in die Höhe schnellen?
Selbstverständlich kann es auch in Zukunft nach Erscheinen des Kataloges bei massiven Ölpreiserhöhungen einen Treibstoffzuschlag geben. Dieser muss dann allerdings unverzüglich in die Werbung miteingerechnet werden.
«Grundsätzlich begrüssen wir die neuen Richtlinien sehr». Walter Kunz, Geschäftsführer Schweizerischer Reisebüro-Verband
Wie sieht es aus bei den Reisekatalogen mit Angeboten in Fremdwährungen?
Diese Kataloge müssen neu eine Umrechnungstabelle enthalten. Bei massiven Kursschwankungen kann diese jeweils angepasst und neu gedruckt werden.
Ist die Reisebranche mit dem Seco-Entscheid und den entsprechenden Richtlinien zufrieden?
Grundsätzlich begrüssen wir die neuen Richtlinien sehr. Die Fluggesellschaften haben mit ihrer so genannten «transparenten Preispolitik» den Bogen überspannt. Es kann nicht sein, dass der Kunde für Flughafentaxen und Treibstoffzuschlag mehr zu bezahlen hat, als für die eigentliche Transportleistung.
Der hart umkämpfte Schweizer Reisemarkt verzeichnet ein intaktes Wachstumspotenzial. Was zeichnet den Schweizer Reisemarkt aus, was prägt ihn ? und welche Änderungen erwarten Sie in den kommenden Jahren?
Das ist korrekt. Wir profitieren ebenfalls vom wirtschaftlichen Aufschwung und spüren ein grosses Nachholbedürfnis. Wir sind trotz den Zuwachsraten eher zurückhaltend positiv, weil uns die Vergangenheit gezeigt hat, dass viele unbeeinflussbare Faktoren wie Terror, Naturkatastrophen etc. massive Auswirkungen auf unsere Branche hatte. Was die Zukunftsperspektiven angeht so ist im Tourismus zwischen gesättigten Märkten wie wir uns darin befinden und Zukunftsmärkten zu unterscheiden. Während wir künftig und mittelfristig nur noch marginal wachsen, haben Märkte wie China und Indien ganz andere Potenziale.
Die Gleichung ist relativ einfach – stimmt das Wirtschaftswachstum und die Kaufkraft, geben die Menschen mehr Geld für Reisen aus. Welche weiteren Faktoren bestimmen die Nachfrage im Schweizer Reisemarkt?
Unabhängig von der Wirtschaftlage werden in den nächsten Jahren enorme Summen aus Erbschaften an eine jüngere Generation übertragen. Da die Gunst des Reisens nach wie vor ganz oben steht, werden wir überdurchschnittlich von diesem Kuchen profitieren.
«Die Konsumenten werden zwar kürzer, dafür aber auch häufiger in die Ferien reisen.» Walter Kunz, Geschäftsführer SRV
Die ELVIA-Studie zum Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung hat ergeben, dass Schweizer Touristen ängstlicher geworden sind. Unfälle und Krankheiten werden vermehr als grosses Reise-Risiko eingestuft. Wie haben sich Terror, Unwetter und Seuchen auf den Reisemarkt und dessen Angebote ausgewirkt?
Dass sich Herr und Frau Schweizer eher von Epidemien und Krankheiten als von Terroranschlägen bedroht fühlen, hat sich bestätigt. Die schrecklichen Ereignisse, die in der Vergangenheit zu oft eingetreten sind, haben nicht mehr so nachhaltige Auswirkungen. Herr und Frau Schweizer gehen wieder schneller zur Tagesordnung über.
Welches sind die wichtigen Tourismustrends für die kommenden Jahre?
Die Konsumenten werden zwar kürzer, dafür aber auch häufiger in die Ferien reisen.
Die Sommerferien-Saison steht vor der Türe. Haben sich die konjunkturell günstigen Voraussetzungen auf den Buchungsstand ausgewirkt?
Ja und zwar deutlich. Vor allem die Familien mit Kindern kehren ans Mittelmeer zurück und sind der Hauptgrund für zweistellige Zuwachsraten. Die Schlechtwetterperiode in der Schweiz ist uns ebenfalls entgegen gekommen.
Herr Kunz, wird bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
Der 45-jährige Walter Kunz ist seit 1999 Geschäftsführer des Schweizerischen Reisebüro-Verbandes in Zürich. Zuvor war er in verschiedenen Führungs-Funktionen bei grossen Touristik-Anbietern in der Schweiz tätig, so bei ITV (Imholz-TUI-Vögele) Reisen AG, Imholz Reisen AG, Airtour Suisse SA/CIS Club Intersport und Kuoni. Der vielgereiste Touristik- und Kommunikationsfachmann ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Baden.
Über den SRV:
Der Schweizerische Reisebüro-Verband (SRV) wurde 1928 gegründet und ist die Branchenorganisation der Reisebüros in der Schweiz. Als privatrechtlicher Verein finanziert er sich durch Mitgliederbeiträge, Erträge aus Dienstleistungen und Zuwendungen. Der Dachverband zählt rund 900 Aktivmitglieder wie qualifizierte Reisebüros, Reiseveranstalter und Incoming-Agenturen sowie 120 Passivmitglieder wie Fluggesellschaften, Fremdenverkehrsämter, Tourismusfachschulen, Autovermieter, EDV- und Consultingunternehmen sowie weitere der Touristikbranche nahe stehende Firmen. Die SRV-Aktivmitglieder repräsentieren etwa 80% des gesamten Umsatzes auf dem Reisesektor.