Walter Oberhänsli, CEO und VR-Präsident Zur Rose

von Patrick Gunti


Herr Oberhänsli, Zur Rose hat 2007 den Umsatz um satte 33 % auf über eine halbe Milliarde Franken gesteigert. Wie werten Sie das Ergebnis?

Das Ergebnis 2007 ist sehr erfreulich. Zur Rose hat den Umsatz zum mittlerweile vierzehnten Mal in Folge gesteigert und ist mit einer halben Milliarde Franken Umsatz in eine neue Grössenordnung vorgestossen. Auf Stufe EBIT und Gewinn war die Steigerung sogar deutlich höher. Zur Rose hat somit die Produktivität und die Margen verbessert. Mit Blick auf die Zukunft ist das besonders wichtig.


Vor allem der Bereich Versandapotheken hat massiv zugelegt und den Umsatz verdoppelt. Inwieweit handelt es sich um organisches Wachstum, wie viel ist auf die Übernahme der VfG Versandapotheke in Deutschland zurückzuführen?

Das organische Wachstum betrug 26 Prozent. In der Schweiz steigerte das bestehende Versandgeschäft den Umsatz um 14 Prozent, in Deutschland um 64 Prozent.


VfG Versandapotheke gehört seit einem Jahr zur Gruppe, wie ist die Integration verlaufen?

Sehr erfolgreich, alle zentralen Einheiten – Einkauf, IT und Marketing – wurden bis zum Jahresende 2007 in die Zur Rose Gruppe integriert. Dass wir die Synergien aus der Akquisition der VfG rasch und umfassend ausschöpfen konnten, hat wesentlich zur deutlichen Margenverbesserung beigetragen.


Wie stark ist VfG im deutschen Markt, auf dem sich mittlerweile über 1000 Versandapotheken tummeln und wie soll sie sich längerfristig an der Spitze halten?

Das «Versandhaus für Gesundheit» ist im deutschen Markt hervorragend positioniert und erzielte im letzten Jahr das stärkste Wachstum unter den grossen Versandapotheken. VfG konzentriert sich bewusst auf OTC-Präparate, dies jedoch umfassend unter Einbezug von Reformprodukten und Tiergesundheit. Zudem tritt die VfG besonders preisbewusst auf. Dieses Erfolgsrezept behalten wir bei und sind damit im letzten Jahr auch in den österreichischen Markt vorgestossen.


«Eine Ausnahmeregelung ist auch eine gesetzliche Grundlage. Bislang konnten wir damit leben. Eine klarere Regelung wäre aber schon wünschenswert.» (Walter Oberhänsli, CEO und VR Präsident Zur Rose)


Nach schwierigeren Jahren ist das B2B-Geschäft wieder auf dem Wachstumspfad: Letztes Jahr konnte der Umsatz als Ärztegrossist von 278 auf 297 Mio. Franken gesteigert werden. Was sind die Gründe für die Entwicklung?

Entscheidend war, dass wir unsere Kundenbasis ausbauen konnten, vor allem weil wir die Bedürfnisse von Ärztinnen und Ärzten noch besser abdecken. Daneben haben wir neue Geschäftsfelder entwickelt, beispielsweise Heime, für die wir massgeschneiderte Logistiklösungen anbieten.


Im Generika-Geschäft lag das Wachstum mit der Helvepharm bei 13 % auf 17 Mio. Franken. Was hat das Generika-Geschäft im vergangenen Jahr geprägt?

Helvepharm hat sich 2007 erneut deutlich besser entwickelt als die Konkurrenz und Marktanteile gewonnen. Dafür waren drei Gründe ausschlaggebend: Erstens der Kostenvorteil – Helvepharm gehört bei jedem Präparat zu den drei günstigsten Anbietern, zweitens hat das Generika-Geschäft vom Wachstum unserer eigenen Vertriebskanäle profitiert und drittens haben wir unsere Präsenz im Apothekenkanal verstärkt.


Wie beurteilen Sie die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr für Ihr Unternehmen?

Wir sind auf Kurs, um den Umsatz auch ein fünfzehntes Mal zu steigern. Wachstumsmotor ist weiterhin das Versandgeschäft, vor allem in Deutschland. Dort stehen Entscheide zur weiteren Marktliberalisierung an, welche für zusätzliche Wachstumsimpulse sorgen würden.


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Welchen Anteil hat der boomende Bereich der Versandapotheken mittlerweile am schweizerischen Medikamenten-Gesamtumsatz?

2007 entfielen vom gesamten Volumen des Medikamentenmarkts von 4,5 Milliarden Franken erst 120 Millionen oder 3,6 Prozent auf den Versand. Das Potenzial ist also enorm. In den USA liegt die Marktdurchdringung des Versands bei 20 Prozent, in Grossbritannien immerhin bei 5 Prozent.


Die Krankenversicherer suchen vermehrt die Zusammenarbeit mit Versandapotheken, welche die ihnen gewährten Rabatte an die Versicherten weitergeben können. Welchen Einfluss haben Versandapotheken Ihrer Meinung nach auf die Senkung der Gesundheitskosten, welche Einsparungen können gemacht werden?

Versandapotheken fassen zwei Handelsstufen zusammen und können dank ihrer Grösse Logistikprozesse effizient abwickeln. Die erzielten Einsparungen geben sie via tiefere Preise und Rabatte an die Patienten respektive die Krankenkassen weiter. Zur Rose allein hat 2007 Einsparung von 13 Millionen Franken erzielt. Gemessen an allen in der Schweiz im letzten Jahr abgesetzten Dauermedikamenten beläuft sich das Einsparpotenzial auf 335 Millionen Franken.


Zur Rose wurde 1993 als Ärztegrossist gegründet. Die Ärzte erhalten heute als Aktionäre Dividende für ihre Aktien, aber auch 5 Fr. pro Rezept, das sie der Versandapotheke elektronisch zustellen. Diese Praxis wird von Politikern beanstandet. Was entgegnen Sie der Kritik?

Die Kritik ist nicht berechtigt. Dass Aktionäre Anrecht auf eine Dividende haben, ist ein Grundpfeiler des Schweizer Aktienrechts. Dies gilt auch für Ärzte. Mit einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent befindet sich Zur Rose im normalen Bereich. Die Entschädigung erhalten die Ärzte als Abgeltung einer erbrachten Leistung, nämlich der elektronischen Erfassung des Rezepts. Dieser Aufwand würde sonst bei Zur Rose intern anfallen. Die eidgenössische Heilmittelbehörde swissmedic hat diese Abgeltung geprüft und für rechtens befunden. Darüber hinaus hat sich auch das Bundesgericht bereits in zwei Verfahren damit befasst und dagegen gerichtete Beschwerden abgewiesen.


Der Nationalrat hat eine Initiative abgelehnt, derzufolge der Versandhandel mit Arzneimittel effektiver unterbunden hätte werden sollen. Allerdings soll künftig stärker geprüft werden, ob Ärzten für die Verschreibung oder Überweisung von Rezepten finanzielle Vorteile gewährt werden. Die Versandapotheke «Zur Rose» wird daher ihr Entgeltmodell für Ärzte ändern müssen. Ihre Stellungnahme?

Zunächst sind wir zufrieden, dass eine Einschränkung oder gar Abschaffung des Versands im Nationalrat offenbar keine Mehrheit findet. Immerhin nutzen und schätzen in der Schweiz rund 300’000, oft chronischkranke, Patienten diese Art des Medikamentenbezugs. Das erwähnte Entschädigungsmodell werden wir so anpassen, dass es den Aufwand des Arztes noch genauer abbildet. Gegenwärtig prüft swissmedic unsere Vorschläge. Zur Rose will sicher keine unberechtigten finanziellen Vorteile gewähren, andererseits muss eine erbrachte Leistung auch abgegolten werden. Denn niemand arbeitet gratis.


Wie beurteilen Sie die gesetzliche Situation in der Schweiz? An sich ist der Versandhandel mit Medikamenten ja nur durch Ausnahmeregelungen im Heilmittelgesetz erlaubt.

Eine Ausnahmeregelung ist auch eine gesetzliche Grundlage. Bislang konnten wir damit leben. Eine klarere Regelung wäre aber schon wünschenswert. Positiv wäre die Zulassung des Versands von OTC-Produkten. In Deutschland, wo dies der Fall ist, erhalten Patienten Rabatte zwischen 10 und 30 Prozent, in manchen Fällen auch mehr, und können so erheblich sparen.


Herr Oberhänsli, wir bedanken uns für das Interview.





Zum Unternehmen:
Zur Rose wurde 1993 als Ärztegrossist gegründet und gehört in diesem Sektor heute zu den bedeutendsten Anbietern der Schweiz. Seit 2001 ist Zur Rose auch im Versand von Medikamenten tätig. In diesem wachstumsträchtigen Markt verfügt Zur Rose über eine führende Stellung in der Schweiz und in Deutschland. Das dritte Standbein der Gruppe bildet das über die Tochtergesellschaft Helvepharm betriebene Generikageschäft. In allen Tätigkeitsgebieten leistet Zur Rose einen Beitrag zu einer qualitativ hochwertigen Medikamentenversorgung und zu tieferen Kosten im Gesundheitswesen. Neben dem Hauptsitz in Frauenfeld hat die Zur Rose Gruppe Niederlassungen in Muri in der Schweiz, im deutschen Halle (Saale) sowie im tschechischen Ceskà Lipa.


Zur Person – Walter Oberhänsli:
1958, Schweizer, lic. iur., Rechtsanwalt, Präsident des Verwaltungsrats, Vorsitzender und CEO / Seit 1996 Verwaltungsratspräsident, seit 2005 Delegierter des Verwaltungsrats und CEO. Zuvor selbständiger Rechtsanwalt in Kreuzlingen. Vorstandsmitglied des regionalen Arbeitgeberverbands. Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich.

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