Von André Schäppi
Moneycab: Herr Dubach, das Thermometer steigt, die ersten warmen Tage sind zu verzeichnen, die Zeit des Biertrinkens in lauschigen Gartenbeizen steht bevor. Trotzdem, der Bierkonsum in der Schweiz ist rückläufig und beträgt rund 55 Liter pro Jahr und Einwohner. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?
Werner Dubach: Wir gehen davon aus, dass sich der Bierkonsum auf dem heutigen Niveau stabilisieren wird. Deshalb sehe ich diese Entwicklung nicht als gravierend. Wie und ob sich der Bierkonsum steigern lässt, hängt unter anderem damit zusammen, wie Bier bei der Bevölkerung populär gemacht werden kann. Und hier können wir bei einzelnen Zielgruppen noch zulegen, zum Bespiel bei den Frauen.
Nun ist Bier aber nicht gerade ein Lifestyle-Getränk, was die Beliebtheit fördern könnte. Oder sehen Sie das anders?
Man darf das nicht unterschätzen. Nehmen Sie beispielsweise die Biere von Klein- und Kleinstbrauereien, die sich durchaus zu Lifestyle-Getränken entwickelt haben. Deshalb sehen wir durchwegs gute Chancen, uns mit Eichhof Bieren wie zum Beispiel dem Draft-Bier «Spiess» in Zukunft noch besser in diesem Bereich zu positionieren und dieses Potenzial stärker auszuschöpfen.
Andere Biere drängen in den Export, um den Absatz auszuweiten. Keine Option für Eichhof?
Nein, wir haben uns sehr früh entschieden, auf diesen Schritt zu verzichten. Das hängt damit zusammen, dass wir uns als Markenartikler verstehen und wir nicht daran glauben, dass es uns gelingen würde, unsere Marke im Ausland aufzubauen.
«Migros für uns sehr interessant, weil sie uns eine gesamtschweizerische Distribution eröffnet hat und es uns somit den Zugang zur Westschweiz erleichtert.» Werner Dubach, CEO und VR-Präsident Eichhof-Gruppe
Eichhof hat jüngst die Zahlen für das erste Halbjahr des laufenden Geschäftsjahrs präsentiert. Das Segment Getränke steigerte den Umsatz im absatzschwächeren Winterhalbjahr um 3,9% auf 82,3 (79,2) Mio CHF. Der EBITDA übertraf mit 8,1 (7,1) Mio CHF das Vorjahr um 14,1%. Worauf sind diese Steigerungen zurückzuführen?
Im ersten Halbjahr 2005/2006 haben wir 6% mehr Eichhof-Biere verkauft als im Vorjahr. Massgebliche Erfolgsfaktoren waren die konsequente Umsetzung der Wachstumsstrategie in den Expansionsgebieten Zürich, Bern, Basel und in der Westschweiz sowie die deutlich gestiegene Nachfrage für unser «Eichhof Alkoholfrei». Sehr erfreulich war auch die Entwicklung der Eichhof Kellerei «St. Georg». Sie steigerte die Weinverkäufe erneut und hat ihre Position im stark fragmentierten Schweizer Weinmarkt deutlich ausgebaut.
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Dabei dürfte das Zusammenspannen mit der Migros, die das alkoholfreie Bier vertreibt, massgeblich beigetragen haben.
In diesem Zusammenhang sind verschiedene Faktoren bemerkenswert: Migros war beim Entscheid für Eichhof nicht nur vom guten Geschmack des alkoholfreien Eichhof beeindruckt ? eine Rolle beim Entscheid spielte auch, dass dieses von einer unabhängigen Schweizer Brauerei hergestellt wird. Das hat sicher dazu beigetragen, dass Migros den Absatz von alkoholfreiem Bier massgebliche erhöhen konnte. Auf der anderen Seite ist Migros für uns sehr interessant, weil sie uns eine gesamtschweizerische Distribution eröffnet hat und es uns somit den Zugang zur Westschweiz erleichtert.
Mit der Übernahme der Brauerei Ziegelhof stärkt Eichhof weiter ihre Position im Schweizer Brauerei-Markt. Sie kommen auf einen Marktanteil von etwa 11%. Genügt das, um langfristig erfolgreich zu sein?
(lacht) Wir sehen das eher aus einer anderen Optik. Wir haben ja noch ein Potenzial von 89%, das wir mit Eichhof Bier erschliessen können.
Wäre es nicht sinnvoll, sich mit der Nummer 4 im Schweizer Markt, der Brauerei Schützengarten, zusammen zu tun und einen Schweizerischen «Grosbrauerei-Verbund» zu realisieren?
Ich kann das aus meiner Sicht so formulieren: Unser Ziel ist es in erster Linie organisch zu wachsen. Das gilt für unsere beiden Hauptgeschäfte Getränke und Farbmetrik. Doch wenn sich Chancen ergeben, sind wir schon interessiert, uns zu verstärken. Aber die Akquisitionen müssen ganz klar folgende Vorgaben erfüllen: Stärkung der Marktposition, Erschliessung eines Distributionskanals oder eine neue Technologie. Leider sind Akquisitionen aber nicht planbar.
Aber die Luft für Schweizer Bierbrauer dürfte in Zukunft trotzdem dünner werden. Nicht zuletzt hat das wohl mit Kostenstrukturen zu tun, denn mit billigen (Dosen-)Biere, hergestellt als Massenware vor allem von ausländischen Grosskonzernen die schmalste Margen vertragen, dürften Schweizer Brauer nicht mithalten können. In welchem Umfang tangiert Sie diese Entwicklung?
Da wir im Premium-Bereich aktiv sind, betrifft uns diese Entwicklung kaum, weil zum grössten Teil Konsumenten angesprochen werden, die nicht in unsere Zielgruppe gehören.
Betrachtet man die «Bierpyramide», finden sich die Standardbiere mit dem traditionellen Lager in der am härtesten umkämpften Mitte. Die Spitze der Pyramide bilden die besser margigen Premium-Biere: Spezialitäten mit besonderer Qualität oder dank cleveren Marketings (zum Beispiel das australische XXXX). Wo will sich Eichhof künftig ansiedeln?
Wir werden uns weiterhin auf den schweizerischen Premiumbier-Bereich konzentrieren. Da sehen wir Wachstumschancen und wollen unsere Position weiter ausbauen. Nicht zuletzt deshalb investieren wir hier massiv in Marketing und Verkauf. Gleichzeitig haben wir die Geschäftsleitung verflacht und verbreitert. Wir sind jetzt noch schlagkräftiger, flexibler und schneller am Markt.
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In einem Markt, der stagniert?
Ja, in einem stagnierenden Markt nehmen wir unseren Mitbewerbern Marktanteile ab. Das heisst schon, dass wir etwas besser machen als unsere Konkurrenten.
Wie sieht es aus, wenn ein Übernahme-Angebot für Eichhof erfolgen sollte. Würde man darauf einsteigen und wie müsste es aussehen?
Darauf gibt es zwei ganz klare Antworten: Der VR muss ernsthafte Offerten prüfen, auch aus Verantwortlichkeitsgründen gegenüber den Aktionären. Ebenso klar ist aber auch, dass die heute gültige Strategie des VRs auf die Selbständigkeit und den erfolgreichen Ausbau der beiden Hauptgeschäfte ausgerichtet ist.
«Erste Priorität hat das profitable Wachstum. Akquisitionen sind in den nächsten zwei Jahren nicht ausgeschlossen.»
Stichwort Farbmesstechnik. Der Gesamtmarkt wird auf eine Mrd. USD geschätzt. Eichhof will die Sparte nun aus eigener Kraft weiterentwickeln und hat deshalb auf ein Angebot zur Übernahme der Amazys verzichtet. In den Übernahmekampf waren die grossen Drei der Branche beteiligt. Damit wird die Amazys wohl definitiv an die amerikanische X-Rite gehen. X-Rite erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 130,9 Mio. USD, Amazys kam auf 137,8 Mio. CHF. Damit haben die Amerikaner den Abstand zu Eichhof/Datacolor (Umsatz 78,2 Mio. CHF) weiter ausgebaut. Hat man hier nicht leichtfertig eine Chance vergeben und zudem die Möglichkeit ausgeschaltet, die Aktivitäten von Eichhof ins Gleichgewicht zu bringen?
Gerade umgekehrt. Wir haben uns sehr intensiv mit der Übernahme von Amazys befasst und auch den ganzen Due Dilligence- Prozess durchgeführt. Wir sind zu folgenden Schlüssen gekommen: Erstens hätte uns die Akquisition für die nächsten Jahre finanziell und managementmässig stark eingeschränkt. Das tut sie übrigens beim jetzigen Käufer von Amazys auch. Zweitens sehen wir für Datacolor im Alleingang viel die besseren Chancen für ein profitables Wachstum.
Grösse scheint aber in der Farbmesstechnik ein bedeutender Faktor. Denn die technischen Entwicklungen hin zur Digitalisierung werden doch immer anspruchsvoller.
Grösse ist nur dort von Vorteil, wo starke Skaleneffekte Wettbewerbsvorteile bieten und man Marktführer ist. Wir werden uns deshalb in nächster Zukunft auf den Ausbau unserer Stärken konzentrieren, d.h. auf die Gebiete, in denen Datacolor weltweit führend ist, wie Textilindustrie und Farbkalibrierung von Computermonitoren und Druckern.
Wie geht es nun weiter mit Datacolor? Sind Akquisitionen in nächster Zeit ausgeschlossen?
Erste Priorität hat das profitable Wachstum. Akquisitionen sind in den nächsten zwei Jahren nicht ausgeschlossen. Im Wesentlichen wird es sich um Technologien handeln. Damit wollen wir unsere Tätigkeitsgebiete primär nicht erweitern sondern ergänzen.
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Im Sommer 2000 plante man, Datacolor an die Börse zu bringen. Werden solche Pläne nun wieder aktuell?
Zur Zeit ist das keine Option, denn wir sehen, dass Datacolor in der Eichhof-Gruppe gut eingebettet ist.
Herr Dubach, Sie sind Jahrgang 43. Wie sieht es mit einem Nachfolger aus?
Personalfragen werden regelmässig im Verwaltungsrat behandelt Was mich betrifft: Ich werde noch einige Jahre die Geschäftstätigkeit der Eichhof-Gruppe aktiv mitbestimmen.
Und welchen Zeithorizont haben Sie?
Wie schon gesagt, ich werde noch einige Zeit in der Eichhof-Gruppe aktiv sein. Die Lösung dieser Frage ist also nicht drängend.
Zur Person
Werner Dubach, geboren 1943, ist Schweizer und Vater von zwei Töchtern. Er ist Dipl. Ing. Chem. ETH Zürich und hat zusätzlich einen MBA. Ab 1970 Technischer Leiter bei der Brauerei Eichhof, war er bis 1981 als Direktor der Brauerei. Seit 1981 CEO und Delegierter des Verwaltungsrates. Seit 1998 hält Dubach als Präsident des Verwaltungsrats und CEO der Eichhof Holding die Zügel in der Hand.
Zum Unternehmen
Die Luzerner Eichhof Gruppe erzielt mit rund 700 Mitarbeitenden einen Bruttoumsatz von ca. CHF 280 Millionen. Davon stammen rund zwei Drittel aus der Getränkedivision und knapp ein Drittel aus der Farbdivision. Eichhof ist die bedeutendste unabhängige Schweizer Brauerei. Mit der in New Jersey, USA, beheimateten Datacolor zählt die Eichhof Gruppe im internationalen Farbmetrikmarkt zu den führenden Anbietern von Lösungen zur Farbmessung, Farbmanagement sowie zur Farbkalibrierung von Computergeräten wie Monitoren und Druckern. Datacolor verfügt über Produktionsstätten in den USA und in China sowie über ein weltweites Vertriebs-, Support- und Servicenetzwerk. Eichhof ist an der Schweizer Börse kotiert.