Der Sonderprüfungsbericht der Bankenaufsicht sei «ziemlich erschütternd» gewesen, sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Rolf Gerlach, am Montag als Zeuge dem Düsseldorfer Landgericht. Er habe den Verantwortlichen damals fehlende Bodenständigkeit und einen «unaufgeklärten Glauben an Modellrechnungen» vorgeworfen.
Verheerende Kritik
Hätte einer der vielen mit dem desaströsen Engagement nur abstrakt befassten Experten jemals einen Fuss in eine der Boxclever-Filialen gesetzt, wäre das riskante Geschäft vielleicht rechtzeitig abgesagt worden, sagte Gerlach: «Schlechte Geschäftslage, verstaubte Fernseher, schmuddliger Teppichboden!» Niemand habe sich den Kunden vor Ort angeschaut.
Lückenhafte Kontrollen
Auch habe niemand ernsthaft kontrolliert, ob die Auflagen, an die die Kreditzusage geknüpft gewesen sei, auch eingehalten wurden. Es hätte zudem vor der Zusage geprüft werden müsse, ob die beabsichtigte Verbriefung der Forderungen am Markt zu realisieren sei. Diese organisatorischen Mängel hätten schliesslich zur Ablösung Sengeras geführt. Den Schaden durch den geplatzten Boxclever-Kredit bezifferte Gerlach auf «knapp 500 Millionen Euro». Dass Sengera den Kreditausschuss des Aufsichtsrats falsch über das Boxclever-Geschäft unterrichtet habe, habe dieser ihm gegenüber mit einem Fehler seiner Mitarbeiter begründet. Diese hätten ihm eine falsche Vorlage mit in die Sitzung gegeben.
Schaden von rund 430 Millionen Euro
Sengera soll laut Anklage als damals zuständiger Vorstand für den 1,35-Milliarden-Euro-Kredit an den britischen TV-Geräte-Verleiher Boxclever verantwortlich sein. Als Boxclever Insolvenz anmelden musste, entstand der WestLB nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein Schaden von mindestens 427 Millionen Euro. Weil die Risikoprüfung unzureichend gewesen sei, habe sich Sengera dabei der schweren Untreue strafbar gemacht. Der Angeklagte hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Höchststrafe für schwere Untreue sind zehn Jahre Haft. (awp/mc/ps)