Westliche Assekuranz-Branche setzt auf islamische Versicherungen in Nahost
von Gérard Al-Fil
Nach dem historischen Jahresverlust des amerikanischen AIG-Konzerns in Höhe von 99 Mrd. Dollar in 2008 und immer neuer Hiobsbotschaften aus der Branche, bauen westliche Konzern ihre Operationen im Orient in einem Tempo aus, das an die Goldgräberstimmung der Dotcom-Ära erinnert. Es locken Wachstumsraten von über 70 Prozent p. a. in den Einzelmärkten. Nicht trotz, sondern wegen der Wirtschaftskrise. «Bei steigenden Marktrisiken klettern die Beitragssätze und davon proftieren die Versicherer», weiss George Ommon CEO Reinsurance and Captives in Dubais Onshore-Finanzzentrum DIFC.
Nach dem historischen Jahresverlust des amerikanischen AIG-Konzerns in Höhe von 99 Mrd. Dollar in 2008 und immer neuer Hiobsbotschaften aus der Branche, bauen westliche Konzern ihre Operationen im Orient in einem Tempo aus, das an die Goldgräberstimmung der Dotcom-Ära erinnert. Es locken Wachstumsraten von über 70 Prozent p. a. in den Einzelmärkten. Nicht trotz, sondern wegen der Wirtschaftskrise. «Bei steigenden Marktrisiken klettern die Beitragssätze und davon proftieren die Versicherer», weiss George Ommon CEO Reinsurance and Captives in Dubais Onshore-Finanzzentrum DIFC.
Ausserdem: «Die Finanzkrise und die erhöhte Gefahr des Jobverlusts hat zu einem Run auf Policen für Kreditkarten, Immobilien und soagr Löhne und Gehälter geführt», fügt Oommen hinzu. Ausserdem wurde in Saudiarabien erst vor Kurzem eine gesetzliche Versicheurungspflicht für Mitarbeiter kleiner und mittlerer Unternehmen und für Hausangestellte eingeführt.
Als Konsequenz befinden sich die meisten Aktien arabischer Versicherungsunternehmen auf einem Höhenflug. Dar Takaful in Dubai legte beispielsweise in den letzen drei Monaten um 43 Prozent zu, Saudi British Bank (SABB) Takaful um 332 Prozent und Saudi Cooperative Insurance um ein Drittel zu.
Abschied vom Fatalismus
Allerdings nimmt die Branche auch von einem sehr niedrigem Niveau Fahrt auf. Dass die Golfaraber , die im Schnitt nur 14 Dollar pro Kopf und Jahr für Versicherungen ausgeben (im Gegensatz zu 5?500 Dollar in der Schweiz) hat mehrere Gründe. Georges Oommen: «Einerseits stehen gläubige Muslime einer Versicherungs-Police als Eingriff in den von Gott bestimmten Lauf der Dinge ablehnend gegenüber. Andererseits ist die Region sehr wohlhabend und die Familienmitglieder springen oft im Schadensfall für einen Verwandten ein.» Der Aufstieg der islamischen Versicherungslösung ?Takaful? wird dagegen als echte Alternative zum weit verbreiteten Fatalismus akzeptiert. Laut Ernst and Young lautet das weltweit Takaful-Volumen auf rund 4 Mrd. Dollar. Bis 2012 sollen es schon 8 Mrd. Dollar sein. In den Golf-Emiraten wuchs das konventionelle Versischerungssegment 2007 um 41 Prozent, Takaful dagegen um 70 Prozent.
Bei Takaful werden die eingezahlten Beiträge nur in islamisch akzpetable Anlagen investiert. Aktien von Rüstungsfirmen oder Banken, weil sie Zinsen nehmen, scheiden beispielsweise aus. Jeder Beitragszahler führt zusäztlich eine Sondergbühr Ta?abaru ab, die allen Versicherten im Schadensfall zugute kommt. «Der Markt legt um 20 Prozent pro Jahr zu», weiss Oussama Kaissi, General Manager der Abu Dhabi National Takaful Company PSC , die im November 2008 in einem Jointventure mit Zurich Financial Services in der Region expandiert.
Mitarbeiter händeringend gesucht
Dies ist Grund für westliche Marktteilnehmer ihre Aktivitäten in der Region auszubauen. «Wir beschäftigen derzeit 70 Mitarbeiter in den Golfstaaten und suchen bis Ende 2009 noch rund 30 Spezialisten», sagt Dr. Abdulrahman Tolefat, CEO der Allianz Takaful in Bahrain. Als erstes muslimisches Land wählte der DAX-Konzern 2006 Indonesien, wo er seitdem Scharia-konforme Produkte vertreibt.
Der Lebensversicherungs-Bereich der Swiss Life ist seit einigen Monaten in Dubai präsent, prüft aber noch den Einstieg bei Takaful-Angeboten. Ähnlich bullish sind die Rückversicherer eingestellt: Swiss Re bietet seit Mitte 2006 Takaful-Lebensversicherern eine entsprechende Rückversicherung an. Munich Re rollt seit gut einem Jahr aus Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur den Markt unter dem Halbmond auf. Schon schielen die westlichen Konzerne auf den iranischen Markt, der infolge der neuen Tauwetter-Politik der USA unter Präsident Obama wieder interessant werden könnte.
Der Run auf den Mittleren Osten wurde auch auf der World Takaful-Konferenz in dieser Woche in Dubai deutlich. Der Tagungssaal im Dusit Thai Hotel war mit 500 Teilnehmern so überlaufen, dass die Security für kurze Zeit einen Teil der Delegierten aussperren musste – eine Seltenheit auf dem derzeit flauen Konferenzenmarkt am Golf.