WHO erklärt wegen Coronavirus internationale Notlage

WHO erklärt wegen Coronavirus internationale Notlage
Darstellung von Coronaviren.

Genf – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen des Ausbruchs der neuen Lungenkrankheit in China eine «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» ausgerufen. Damit sind konkrete Empfehlungen an Staaten verbunden, um die Ausbreitung möglichst einzudämmen. Das bedeutet, dass die mehr als 190 Mitgliedsländer von der WHO empfohlene Krisenmassnahmen gegen eine weitere Ausbreitung untereinander koordinieren.

Noch sei die Zahl der Infektionen ausserhalb Chinas relativ gering, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Donnerstagabend in Genf nach der Sitzung eines Expertenausschusses. Aber man wisse nicht, welchen Schaden das Virus in einem Land mit einem schwachen Gesundheitssystem anrichten würde. Die grösste Sorge sei, dass sich das Virus in solchen Ländern ausbreiten könnte.

WHO: «Virus gemeinsam aufhalten»
«Wir sitzen alle im selben Boot», sagte Tedros. Das Virus könne nur gemeinsam aufgehalten werden. «Das ist die Zeit für Fakten, nicht Angst.» Der Notstand heisst offiziell «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite». Der Schritt sei nicht als Misstrauensvotum gegen China zu verstehen, betonte der WHO-Generaldirektor und lobte ausdrücklich die Massnahmen der Chinesen.

Die WHO empfiehlt nun unter anderem, dass Länder mit weniger entwickelten Gesundheitssystemen unterstützt werden sollen. Zudem soll die Arbeit an Medikamenten und Impfstoffen beschleunigt, Wissen und Daten geteilt und gegen Gerüchte vorgegangen werden. Gleichzeitig empfiehlt die WHO aber keine Handels- und Reisebeschränkungen.

Rezept für Desaster: Verschiedene Massnahmen
Viele Länder haben in den vergangenen Tagen schon eigene Massnahmen ergriffen. «Wenn jedes Land seine eigenen Massnahmen verhängt, kann das das Rezept für ein Desaster sein, etwa wirtschaftlich», hatte WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan zuvor erläutert. Die WHO kann aber kein Land zwingen, Massnahmen zu ergreifen oder zu unterlassen.

Der Anstieg ist rasant. Vor zwei Wochen waren erst 40 Fälle gezählt worden. Der Höhepunkt der Epidemie wird frühestens in einer Woche erwartet. Ausserhalb der Volksrepublik sind in rund 20 Ländern mehr als 100 Infektionen gezählt worden. In der vergangenen Woche hatte die WHO noch darauf verzichtet, den Ausbruch als internationalen Gesundheitsnotstand einzustufen.

Mehr Betroffene als bei Sars
Mittlerweile sind von dem Virus mehr Menschen betroffen als vor 17 Jahren bei der Sars-Pandemie. Damals wurde das Schwere Akute Atemwegssyndrom (Sars) nach WHO-Statistiken bei 8096 Menschen nachgewiesen, 774 Personen sind gestorben.

Mit dem Coronavirus haben sich mit den 317 neuen Erkrankungen, die die Behörden der schwer betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina am Donnerstag berichteten, weltweit mehr als 8100 Personen angesteckt. Bis am Donnerstag sind 170 Menschen ums Leben gekommen. Die WHO nennt das neue Virus jetzt «2019-nCoV – akute Atemwegserkrankung».

Bislang keine bestätigten Fälle in der Schweiz
Ausserhalb der Volksrepublik China sind in rund 20 Ländern mehr als 100 Infektionen gezählt worden. Darunter sind Deutschland, Frankreich, Thailand, Japan, Malaysia, die USA, Finnland, Australien, Südkorea, Indien und die Philippinen. Vielfach sind die Infizierten Reisende aus China, aber es kommt zu neuen Ansteckungen ausserhalb des Landes.

In der Schweiz gab es bisher mindestens 50 Coronavirus-Verdachtsfälle, die sich als negativ erwiesen. Näheres zu diesen Fällen, etwa aus welchen Kantonen die Getesteten stammten, gibt das BAG nicht bekannt. Ein Dutzend Schweizer Staatsangehörige in China hofft derweil auf eine rasche Rückkehr in die Schweiz. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ist in ständigem Kontakt mit ihnen. Eine Repatriierung ist nicht geplant.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat eine kostenlose Hotline aufgeschaltet, um Fragen zum Coronavirus aus der Bevölkerung zu beantworten.

Kreuzfahrtschiff in Italien blockiert
Im Hafen von Civitavecchia in Italien mussten am Donnerstag rund 7000 Menschen über Stunden an Bord des Kreuzfahrtschiffes «Costa Smeralda» ausharren. Eine Touristin aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Macao habe an Bord Fieber und Atemprobleme gehabt, schrieb die Nachrichtenagentur Ansa. Nach Angaben des italienischen Zivilschutzes waren 63 Schweizer Staatsangehörige an Bord des Schiffes, wie es beim EDA auf Anfrage hiess. Die Passagiere durften zunächst nicht an Land gehen. Am Abend gab es dann Entwarnung.

In China sagten die Behörden immer mehr Veranstaltungen ab, um Ansammlungen von Menschen zu verhindern. Neben der Lufthansa und British Airways kündigten weitere Fluggesellschaften wie Air France, KLM, Finnair, American Airlines, SAS, die spanische Fluggesellschaft Iberia und die israelische El Al an, ihre Flüge nach China streichen. (awp/mc/pg)

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