Widmer-Schlumpf sagte in dem Interview mit der «az Aargauer Zeitung», das von zwei weiteren Zeitungen ausserhalb des «az»-Verbundes abgedruckt wurde, diese Aussage sei nicht die erste ihrer Art. Ihr Sitz wäre nicht sicherer geworden, wenn das Parlament am Mittwoch Rime gewählt und den SVP-Anspruch auf zwei Sitze erfüllt hätte. Die FDP würde in diesem Fall 2011 «ihren» Sitz ins Visier nehmen. Die Bundesversammlung entscheide, ob der Bundesrat allein unter «arithmetischen Konkordanzkriterien zusammengesetzt wird».
«Die SVP hatte zwei Sitze»
Der Anspruch der SVP auf zwei Sitze im Bundesrat sei nach den Wahlen 2007 gerechtfertigt, sagte Widmer-Schlumpf. «Und die SVP hatte zwei Sitze», konstatiert sie. «Dass die SVP mich und die ganze Bündner Kantonalsektion ausgeschlossen hat, ist nicht die Schuld des Parlaments. Das Parlament wählte zwei Vertreter der SVP.» Ob ihre Partei, die BDP, mit ihren fünf Prozent Wähleranteil Anspruch auf einen Bundesratssitz hat, «kann und will ich nicht beurteilen». Das sei Sache des Parlaments. In der Bundesratskür nach den eidgenössischen Wahlen 2011 sei sie nicht mehr SVP-, sondern BDP-Vertreterin.
Liebäugelt Widmer-Schlumpf mit Finanzdepartement?
Zur am Montag anstehenden Verteilung der Departemente erklärte die Justizministerin, ihr gefalle ihr Departement, sie sei aber zu einem Wechsel bereit. Wichtig sei eine möglichst sinnvolle Verteilung, wobei strategische Überlegungen im Hinblick auf die Bundesratswahlen 2011 «völlig falsch» wären. Sie würde die Erfahrung für das freiwerdende Finanzdepartement mitbringen, erklärte Widmer-Schlumpf. Sie sei Stellvertreterin des Finanzministers und habe als Bündner Regierungsrätin die Finanzdirektion geleitet.
Fast jeder zehnte Bundesparlamentarier tritt nicht mehr an
Mindestens 20 Bundesparlamentarier treten bei den Herbstwahlen 2011 nicht mehr zur Wiederwahl an. Erfahrungsgemäss dürfte sich diese Zahl bis nächsten Sommer noch verdoppeln. Für 15 amtierende National- und 5 Ständerätinnen und -räte steht gemäss einer Umfrage der Nachrichtenagentur SDA schon jetzt fest, dass sie im Herbst 2011 auf eine Wiederkandidatur verzichten. Nicht eingerechnet sind hier die neuen Bundesräte Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann, die noch vor den Wahlen 2011 im Parlament ersetzt werden.
Sesselrücken
Bei der SVP werden die Nationalräte Walter Glur (AG), Simon Schenk (BE), Peter Föhn (SZ) sowie Ständerat Maximilian Reimann (AG) nicht mehr antreten. Bei der SP verzichten die Nationalräte Doris Stump (AG), Andrea Hämmerle (GR), Jean-Claude Rennwald (JU) und Fabio Pedrina (TI) auf eine erneute Kandidatur, bei den Grünen Therese Frösch (BE). Bei der CVP machen die Nationalräte Markus Zemp (AG), Sep Cathomas (GR), Elvira Bader (SO) und Chiara Simoneschi-Cortesi (TI) sowie die Ständeräte Theo Maissen (GR) und Hansheiri Inderkum (UR) nächstes Jahr ihre Stühle frei. Bei den FDP.Liberalen verzichten Werner Messmer (TG) und Claude Ruey (VD) auf eine weitere Amtszeit. Auch Georges Theiler will laut seiner Kantonalpartei nicht mehr für die Grosse Kammer kandidieren, dafür aber den Ständeratssitz seiner Parteikollegin Helen Leumann beerben, die nicht mehr antritt. Zudem strebt Ständerat Rolf Büttiker (SO) keine weitere Amtszeit an.
Warten auf Wahlem in Kantonen
Die Bündner Abordnung im Bundesparlament dürfte sich also 2011 stark erneuern – von den insgesamt sieben Bundesparlamentariern treten drei nicht mehr an. In den meisten anderen Kantonen sind bislang keine oder nur wenige Rücktritte absehbar. Zahlreiche weitere Mitglieder der 246 Mitglieder umfassenden Bundesversammlung wollen erst später über eine erneute Kandidatur entscheiden. Einige möchten den Ausgang von Wahlen in ihren Kantonen abwarten. Dieses Jahr finden noch in JU und ZG, nächstes Jahr in BL, TI, LU, ZH, FR und AR kantonale Wahlen statt. Insbesondere die Zürcher Wahlen gelten als Signal für den eidgenössischen Urnengang. Ihr Ausgang beeinflusst den Wahlkampf der Parteien.
Prominente Parlamentarier halten sich noch bedeckt
Ricardo Lumengo (SP/BE) will abwarten, wie das Gerichtsverfahren gegen ihn wegen Wahlfälschung ausgeht. Andere Parlamentarier wie Ursula Haller (BDP/BE), André Daguet (SP/BE), Roland Borer (SVP/SO), Peter Spuhler (SVP/TG) oder Josef Zisyadis (PdA/VD) haben einen Entscheid auf Ende dieses oder auf Anfang nächsten Jahres angekündigt. Bis zu den Kandidaten-Nominierungen im ersten Halbjahr 2011 dürfte sich die Zahl der Amtsmüden erfahrungsgemäss noch stark erhöhen. So hatten vor den Eidg. Wahlen 2007 insgesamt 24 National- und 14 Ständeräte ihren Verzicht auf eine Wiederkandidatur in ihrer Kammer angekündigt. Auch 2003 traten insgesamt 38 eidgenössische Parlamentarier nicht mehr zur Wiederwahl an(awp/mc/ps/09)