Porsche hält aktuell knapp 31 Prozent an den Wolfsburgern. Die Aufstockung der Anteile ist dem Unternehmen knapp zehn Milliarden Euro wert: Das ist der Preis für weitere 20 Prozent der Anteile an VW bei einem aktuellen Börsenkurs von rund 150 Euro je Stammaktie. «Unser Ziel ist die Schaffung einer der innovativsten und leistungsstärksten Automobil-Allianzen der Welt, die dem verschärften internationalen Wettbewerb gerecht wird», erklärte Wiedeking nach der ausserordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums seine Strategie. Mit der Entscheidung werde der Weg dafür geebnet, dass VW und Porsche künftig «gemeinsam in einer fairen und kollegialen Partnerschaft ein neues Kapitel Automobilgeschichte schreiben können».
Kartellrechtliche Segen stehen aus
Bevor die Mehrheitsübernahme unter Dach und Fach ist, muss Porsche allerdings alle erforderlichen kartellrechtlichen Schritte weltweit einleiten. Alleine in 15 aussereuropäischen Ländern sei das erforderlich, sagte ein Sprecher. Die Prüfung werde voraussichtlich bis zu einem halben Jahr dauern. Erst danach könne Porsche die Aktienmehrheit an Volkswagen erwerben. Eine Fusion der beiden Unternehmen sei jedoch nicht geplant, versicherte Vorstandschef Wiedeking.
Erwartete Ankündigung
Die Ankündigung zur Aufstockung der VW-Anteile kommt nicht unerwartet, da Porsche erst vor wenigen Tagen seine Kreditlinie von zehn Milliarden Euro voll ausgeschöpft hatte. Zunächst umfasste die von einem Bankenkonsortium bereitgestellte Kreditlinie 35 Milliarden Euro. Nach Ablauf des Pflichtangebots reduzierte Porsche den Kreditrahmen auf zehn Milliarden Euro. Die Porsche-Aktien legten nach der Ankündigung am Montag um 3,32 Prozent auf 117,30 Euro zu.
Wulff: «Verheissungsvolle Zukunft»
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüsste das wachsende Engagement von Porsche bei VW. «Das ist eine Entwicklung, die der Zukunft vieles verheisst», sagte Wulff in Hannover. Porsche habe als Aktionär bislang eine sehr positive Rolle gespielt. «Wir richten uns darauf ein, dass Porsche als grösster und Niedersachsen als zweitgrösster Aktionär beide das Unternehmen gut voranbringen.» Das Streben von Porsche nach einer Mehrheitsübernahme bei VW sei ein erwarteter Schritt gewesen. Arbeitsplätze sehe er dadurch nicht gefährdet.
SE-Betriebsrat künftig VW-dominiert
Sobald die Mehrheitsübernahme erfolgt ist, soll VW neben der Porsche AG ein weiterer Teil der Porsche Automobil Holding SE und damit ein Teilkonzern der Stuttgarter werden. Dann werden Arbeitnehmervertreter von Porsche und VW gemeinsam in dem zwölfköpfigen Kontrollgremium der Holding sitzen. Zeitgleich sollen den Angaben zufolge die von europäischen VW-Mitarbeitern gewählte Arbeitnehmervertreter in den SE-Betriebsrat aufgenommen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse von VW und Porsche werde der SE-Betriebsrat dann VW-dominiert sein, erklärte Porsche.
Machtkampf
Zwischen dem VW-Betriebsrat und Porsche tobt seit Monaten ein heftiger Konflikt über die Mitbestimmung in der neuen Holding. Die Betriebsratsvorsitzenden Uwe Hück (Porsche) und Bernd Osterloh (VW) kämpfen dabei um ihren Einfluss und die Besetzung in dem Gremium. Sollten sich beide Seiten nicht einigen, wird das Stuttgarter Arbeitsgericht am 29. April über eine Klage des VW-Betriebsrats gegen die Vereinbarung entscheiden. Die IG Metall wollte sich derweil nicht zu den Porsche-Plänen äussern. Die Gewerkschaftsspitze hatte in den vergangenen Wochen in dem erbitterten Streit zwischen den Betriebsräten zu vermitteln versucht.
Piëch zieht sich aus SE-Aufsichtsratspräsidium zurück
Ferdinand Piëch hat sich derweil aus dem Präsidium des Aufsichtsrats der Porsche Automobil Holding SE zurückgezogen. Für den 70-Jährigen rückte nach der Aufsichtsratssitzung Hans Michael Piëch nach. Porsche-Sprecher wollten dies nicht kommentieren. In dem Gremium sitzen neben dem Vorsitzenden Wolfgang Porsche sein Stellvertreter Uwe Hück sowie Hans Baur von der IG Metall Stuttgart. (awp/mc/ps)