Noch vergangene Woche war unklar, ob die Bundesanwaltschaft (BA) im Fall Wikileaks-Postfinance überhaupt zuständig ist, eine allfällige Verletzung des Postgeheimnisses zu untersuchen. Nun hat sie die Zuständigkeit anerkannt und klärt ab, was genau vorgefallen und wer verantwortlich dafür ist, bestätigte BA-Sprecherin Walburga Bur einen Bericht der «Sonntagszeitung». Sollte die Bundesanwaltschaft ein Verfahren eröffnen wollen, müsste sie jedoch der Bundesrat gemäss Verantwortlichkeitsgesetz dazu ermächtigen. Der Grund dafür ist, dass mögliche Verantwortliche bei der Post Beamte sind und deshalb unter das Verantwortlichkeitsgesetz fallen.
Piratenpartei reicht Strafanzeige ein
Gleichzeitig hat die Piratenpartei am Samstag bei der Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige gegen die Post eingereicht. Parteipräsident Denis Simonet bestätigte am Sonntag eine entsprechende Meldung derselben Zeitung. Die Piratenpartei geht davon aus, dass bereits die Existenz eines Kontos unter das Postgeheimnis fällt. Post-Chef Jürg Bucher ist da ganz anderer Meinung: «Das Postgeheimnis schützt den Zahlungsverkehr, nicht aber Informationen über die Existenz oder Aufhebung eines Kontos», sagte er im Interview mit der Zeitung. Die Postfinance geht mit anderen Worten davon aus, mit der Veröffentlichung der Kündigung des Kontos von Wikileaks-Gründer Julian Assange das Postgeheimnis nicht verletzt zu haben.
«Existenz eines Kontos kein Postgeheimnis»
Bucher verweist zudem auf das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), das als Überwachungsbehörde abklärt, ob alles rechtlich korrekt abgelaufen sei. In einer Replik auf eine parlamentarische Frage hatte der Bundesrat am vergangenen Montag ebenfalls in diesem Sinne geantwortet: «Was das Postgeheimnis betrifft, ist dessen Schutzbereich der Zahlungsverkehr. Nach ständiger Praxis und Lesart des Begriffs des Zahlungsverkehrs ist die Existenz des Kontos bzw. hier dessen Aufhebung kein Gegenstand, welcher durch das Postgeheimnis geschützt wäre.» (awp/mc/ps/01)