Wolfgang Kalsbach, CEO Micronas Gruppe
von Patrick Gunti
Herr Kalsbach, Micronas hat im 3. Quartal erstmals seit zwei Jahren wieder einen Quartalsgewinn von knapp 6 Mio. Franken erzielt. Was war besser als im 1. und 2. Quartal und wie werten Sie das Resultat?
Wir konnten den Umsatz gegenüber den ersten beiden Quartalen verbessern. Dies Dank einer höheren Nachfrage nach unseren Consumer Produkten. Im Bereich Automotive war der Umsatz verglichen zu den Vorquartalen auf gleichem Niveau. Kostenseitig greifen die im Herbst 2007 eingeleiteten Restrukturierungsmassnamen. Diese beiden Faktoren führten dazu, dass wir im 3. Quartal einen Gewinn im einstelligen Millionenbereich schreiben konnten. Die mittelfristigen Auswirkungen der momentanen Wirtschaftslage und die ungewissen allgemeinen konjunkturellen Entwicklungen auf unseren Geschäftsgang sind noch nicht abschätzbar.
Im Bereich Consumer wurde der Umsatz gegenüber dem Vorquartal um 11,7 % auf 105,7 Mio. Franken gesteigert, der Betriebsverlust um 78 % auf 4,7 Mio. Franken gesenkt. Inwieweit sind dafür die Restrukturierungsmassnahmen verantwortlich?
Auf der Kostenseite haben die Restrukturierungsmassnahmen gegriffen und unsere Erwartungen erfüllt.
Ist die Restrukturierung des Bereichs damit abgeschlossen?
Die Restrukturierung verläuft planmässig und ist zu 95 Prozent abgeschlossen.
Wie präsentierte sich im 3. Quartal das Marktumfeld im für die Consumer-Sparte wichtigen TV-Geschäft?
Nach den nicht erfüllten Erwartungen der TV-Branche, dass die Euro 08 den Verkauf von TV-Bildschirmen ankurbeln werde, wurden auch die Olympischen Spiele in Peking nicht zum Treiber des Marktes. Der TV-Markt war im dritten Quartal weitgehend stabil. Marktanteile gewannen die Hersteller, die über eine eigene Paneltechnologie verfügen und einen starken Brand haben.
«Die Restrukturierung der Consumer Sparte stand dieses Jahr an oberster Stelle. In unserer Branche ist und bleibt die Konsolidierung ein Thema. Falls ein interessantes Angebot an uns herangetragen würde, würden wir dieses sicher seriös prüfen.» (Wolfgang Kalsbach, CEO Micronas Gruppe)
Mit welchen neuen Entwicklungen kann Micronas in diesem Bereich aufwarten?
An der diesjährigen IFA hat Micronas mit einer Reihe von Produktankündigungen ihr starkes Engagement im TV-Geschäft demonstriert und gezeigt, dass ihre Entwicklungen die Anforderungen der Hersteller erfüllen. Mit der neuen TV-Plattform «Pegasus» bietet Micronas eine komplette Systemlösung für die modernsten TV-Broadcaststandards und Multimedialösungen an, wie sie etwa für europäisches HDTV oder für die Wiedergabe von Videoinhalten aus dem Internet benötigt werden. Grosse Beachtung fand auch unsere FRC-Q-Chiplösung, mit deren Hilfe die TV-Bilder auf 100-Hz umgerechnet werden und so schärfer und ruckelfrei auf dem Bildschirm dargestellt werden. Bereits sind von grossen TV-Herstellern die ersten Bildschirme mit 200-Hz vorgestellt worden, womit die Bewegungsunschärfe endgültig eliminiert werden wird.
Wie präsentiert sich der Auftragsbestand in der Consumer-Sparte?
Die Book-to-Bill Ratio für den Bereich Consumer war im dritten Quartal 1.11. Mit einem Auftragsbestand von etwas mehr als 2 Monaten ist die Situation jedoch noch nicht befriedigend.
Sind Kooperationen oder Teilverkäufe der Consumer-Sparte oder gar ein Verkauf des Bereichs derzeit ein Thema?
Die Restrukturierung der Consumer Sparte stand dieses Jahr an oberster Stelle. In unserer Branche ist und bleibt die Konsolidierung ein Thema. Falls ein interessantes Angebot an uns herangetragen würde, würden wir dieses sicher seriös prüfen.
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Im Bereich Automotive konnte der Umsatz mit 52,4 Mio. Franken auf Vorquartals-Niveau gehalten werden, der Betriebsgewinn verringerte sich von 11,4 auf 9,7 Mio. Franken, die EBIT-Marge betrug 18,6 %. Was hat das Geschäft im Automotive-Bereich geprägt?
Trotz den starken Umwälzungen im Automobilmarkt konnten wir den Umsatz im Bereich Automotive auf dem gleichen Niveau der Vorquartale halten. Der Betriebsgewinn verringerte sich allerdings wegen gezielten Investitionen in den Bereichen Entwicklung, Marketing und Vertrieb. Aufgrund der Unsicherheiten im Automobilmarkt mussten wir im 3. Quartal aber einen unbefriedigenden Auftragseingang hinnehmen.
In Folge der Finanzkrise und des veränderten Konsumentenverhaltens haben alle Fahrzeughersteller ihre Absatzprognosen für das laufende und das kommende Jahr zum Teil drastisch gesenkt. Welche Auswirkungen wird das für Micronas haben?
In insgesamt rückläufigen Märkten geht der Absatz der grossen, verbrauchsstarken Fahrzeuge zurück während die Nachfrage nach verbrauchsgünstigen Fahrzeugen stark ansteigt, dies führt oft zu langen Lieferzeiten. Alle Fahrzeughersteller haben ihre Absatzprognosen deutlich reduziert, was bei uns im 3. Quartal bereits zu einem Rückgang der Auftragseingänge führte. Wir gehen allerdings davon aus, vom Rückgang der Automobilproduktion unterproportional getroffen zu werden, da in den nun stärker nachgefragten verbrauchsoptimierten Fahrzeugen wie z.B. Hybridmodellen mehr Sensoren von Micronas zum Einsatz kommen als bei den konventionellen Fahrzeugen.
Inwieweit hat Micronas das Angebot im Automotive-Bereich auf die veränderten Anforderungen angepasst?
Wir haben unsere Angebotspalette im Automotive-Bereich seit Jahren auf zukünftige Bedürfnisse der Automobilhersteller ausgerichtet und ausgebaut.
Die konjunkturellen Aussichten sind alles andere als rosig, was Auswirkungen auf das Consumer- und das Automotive-Geschäft haben dürfte. Von welchen Zahlen gehen Sie für das 4. Quartal und das kommende Jahr aus?
Wir gehen davon aus, dass der Umsatz, für das gesamte Jahr 2008 zwischen CHF 600 und 615 Millionen und der Betriebsverlust bei ca. CHF 25 Millionen liegen wird. Der Bereich Consumer wird einen Umsatz zwischen CHF 395 und 405 Millionen erwirtschaften; der Umsatz des Bereichs Automotive wird zwischen CHF 205 und 210 Millionen liegen. Die EBIT-Prognose für den Bereich Consumer liegt bei ca. CHF -65 Millionen und für Automotive bei ca. CHF 40 Millionen. Für das kommende Jahr werden wir anlässlich der Bilanzmedienkonferenz vom 12. Februar 2009 unsere Prognosen abgeben.
Letzte Frage: Politik und Öffentlichkeit diskutieren im Zuge der Exzesse in der Finanzwelt heftig über Millionen-Gehälter und Boni. Aus Ihrer Sicht: Eine längst fällige Diskussion oder blosser Populismus?
In den heutigen, aussergewöhnlichen Zeiten, in welchen es notwendig ist, dass der Staat die grossen Finanzhäuser der Welt unterstützen muss, kann ich es durchaus nachvollziehen, dass solche Diskussionen aufkommen.
Herr Kalsbach, besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.
Zur Person:
Dr. Wolfgang Kalsbach, geboren 30. April 1954, Deutscher Staatsbürger
Seit der Akquisition von Intermetall im Oktober 1997 bei Micronas, zuerst als Managing Director und COO der Micronas GmbH und seit März 1998 als CEO der Micronas Gruppe. Zuvor war Kalsbach Managing Director der Nokia-Konzerngesellschaft Luxor AG sowie Director of Research and Development bei der ITT Bildröhren-Division. Kalsbach ist ausserdem Verwaltungsratsmitglied der Ascom Holding in Bern.
Zum Unternehmen:
Die Micronas Gruppe ist ein führender, unabhängiger Hersteller von innovativen applikationsspezifischen Halbleitersystemen auf den Gebieten Unterhaltungs- und Automobilelektronik. Ihre Aktien sind an der SWX Swiss Exchange, Zürich, kotiert.