WTO: Abbruch bedauert – Verhandlungen nicht vom Tisch

Mit US-Präsident George W. Bush habe er bereits telefoniert, in der kommenden Woche werde er mit seinem chinesischen Kollegen Hu Jintao und dem indischen Regierungschef Manmohan Singh über Möglichkeiten einer Rückkehr an den Verhandlungstisch sprechen, sagte Lula am Samstag (Ortszeit) in Sao Paulo nach einem Treffen mit Gewerkschaftern. Er sei optimistisch, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen werden könnten, sagte Lula. Wenn die Differenzen zwischen Indien und den USA beigelegt werden könnten, sei eine Einigung möglich. Auch für WTO-Generaldirektor Pascal Lamy ist die Doha-Runde nicht grundsätzlich vom Tisch. Er will den Bettel «trotz klarem Misserfolg» nicht hinschmeissen, wie er in der Samstagsausgabe der Westschweizer Zeitung «Le Temps» sagte.


Neubeginn noch in diesem Jahr?
Lamy schliesst nicht aus, dass der Verhandlungsprozess noch in diesem Jahr neu lanciert wird. «Doch es ist noch zu früh, um davon zu sprechen.» Lamy wiederholte seine Aussage, wonach die gescheiterten Verhandlungen alle Mitglieder benachteiligen würden, «auch wenn die ärmsten Ländern proportional mehr verlieren». Hätten sich die Länder einigen können, hätte dies mindestens 130 Mrd USD weniger Zollzahlungen ausgemacht.


SECO: Protektionisten haben sich durchgesetzt
Für Jean-Daniel Gerber, Direktor des Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) haben sich «leider» die Protektionisten durchgesetzt. Protektionismus nütze wenigen sehr und schade vielen wenig, sagte er in der «NZZ am Sonntag». Der Gesamtschaden für die Verlierer sei aber viel grösser als der Gesamtnutzen für die wenigen Gewinner. Gemäss Lamy hätten die Schweizer Industrie und auch die Bauern von den diskutierten Kompromisslösungen profitiert. Dank den niedrigen Zöllen hätte die Schweiz beispielsweise mit Landwirtschaftsprodukten in interessante Märkte eindringen können.


Schweizer Bauern für «sektorielle Öffnung»
Die Bauern hätten mit ihrer lauten Kritik an der Doha-Runde nicht die beste Methode gewählt, um sich zu verteidigen. Gemäss Lamy wäre die Landwirtschaft selbst nach erfolgreichen Verhandlungen immer noch stärker geschützt gewesen als andere Bereiche. Die Schweizer Bauern, die das Scheitern begrüssten, hoffen nun «dass man sektoriell weiter fährt mit der Öffnung», wie Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter in der «Samstagsrundschau» von Schweizer Radio DRS sagte. So sei beispielsweise der Käsebereich völlig liberalisiert.


Neun Tage Ringen ergebnislos
Die Doha-Runde, ursprünglich im Jahr 2001 begonnen, war am vergangenen Dienstag abgebrochen worden. Die jüngsten Diskussionen haben auch nach neun Tagen Ringen zu keinem Resultat geführt. Hauptgrund für das Scheitern war der US-indische Streit um Schutzmechanismen für Agrarprodukte, die Entwicklungsländer vor billigen Nahrungsimporten schützen sollten. (awp/mc/ps/03)

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